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 Ein reines Gewissen

Ein reines Gewissen

Titel: Ein reines Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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»Haben Sie jemanden zusammengeschlagen?« »Einen anderen Knacki.« »Aber jetzt kommen Sie klar?«
    Scott scharrte mit den Füßen und tat, als schaute er sich um. Sein linkes Ohr war mit einem Bluetooth verbunden. »Halte mich aus Schwierigkeiten raus«, erklärte er schließlich.
    »Sie haben ein gutes Gedächtnis für Namen und Gesichter.«
    Das bestätigte Scott nur mit einem Nicken. »Sind Sie auf Kneipentour?«, fragte er.
    »Im Dienst«, berichtigte Fox ihn. »Vorletztes Wochenende wurde ein Mord verübt.«
    »Sie waren schon hier.« Scott griff in seinen Mantel, zog ein Blatt Papier heraus und gab es Fox. Der faltete es auseinander und sah, dass es ein Porträtfoto von Vince Faulkner war, ergänzt durch ein paar hervorstechende Merkmale und eine Telefonnummer. »Die haben sie auf den Tischen drinnen verteilt und noch einen Stapel an der Theke liegen lassen. Wird aber nichts bringen.«
    Fox gab ihm das Blatt zurück. »Wieso sagen Sie das?«
    »Der Typ war nicht hier. Ich hab an diesem Samstag Dienst gehabt, ich hätte es mitgekriegt.«
    »Haben Sie ihn aus dem Auto aussteigen sehen?«
    »Könnte sein - hier werden ständig Leute von Taxis abgesetzt.«
    »Haben Sie denn jemanden wie ihn gesehen?«
    Scott zuckte nur die Achseln. Der dürre Neunzehnjährige, den Fox damals vernommen hatte, war muskulöser geworden, sein Blick dagegen eindeutig sanfter.
    »Da war einer, der ist in die Richtung abgezogen.« Scott deutete mit dem Kopf nach Osten. »Konnte sich kaum auf den Beinen halten, und ich war froh, dass er nicht versucht hatte, bei uns reinzukommen.«
    »Hätten Sie ihn abgewiesen?«
    Scott nickte. »Er hatte irgendetwas an sich ... Fragen Sie mich nicht, was. Das hat mich auf den Gedanken gebracht, dass er es vielleicht sogar genossen hätte.«
    »Abgewiesen zu werden?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil es ihm den perfekten Vorwand geliefert hätte.« »Für eine Schlägerei, meinen Sie?«
    »Der Typ war äußerst erregt, Mr. Fox. Ich glaube, das wollte ich damit sagen.«
    »Haben Sie das den Kollegen erzählt, Pete?« Fox sah, dass Scott den Kopf schüttelte. »Warum nicht?«
    »Sie haben nicht danach gefragt.« Scott wurde durch die Ankunft von zwei Teenagern abgelenkt, die, von einer Parfümwolke umgeben, in Stöckelschuhen und Minirock daherstaksten. Das eine Mädchen war groß und spindeldürr, das andere klein und pummelig. Fox spürte, dass die beiden froren, es sich aber nicht anmerken lassen wollten.
    »Hallo, Pete«, sagte die Kleinere. »Irgendwelche coolen Typen da?«
    »Jede Menge.«
    »Das sagst du immer.« Als er ihnen die Tür aufhielt, tätschelte sie ihm die Wange.
    »Der Job hat auch seine angenehmen Seiten, Mr. Fox«, erklärte Pete Scott.
    Während Fox die Cowgate in östliche Richtung hinunterging, dachte er darüber nach, wie unsichtbar er inzwischen geworden war. Keins der Mädchen hatte ihm auch nur die geringste Aufmerksamkeit geschenkt. Auf der anderen Seite war es gut, dass Scott keinen Groll hegte. Und dass er einen Arbeitsplatz hatte - egal was für einen. Bevor Fox gegangen war, hatte der junge Mann ihm noch gestanden, dass er jetzt Vater einer achtzehn Monate alten Tochter namens Chloe war. Zu ihrer Mutter hatte er zwar Kontakt, aber mit dem Zusammenleben hatte es nicht geklappt. Fox hatte genickt, und zum Abschied hatten die beiden sich wieder die Hand gegeben. Nach dieser Begegnung hatte Fox sich besser gefühlt, obwohl er nicht genau sagen konnte, warum.
    Wenn er weiterginge, käme er zur Kreuzung St. Mary's Street und jenseits davon bald zu Dynamic Earth und dem Schottischen Parlament. Er war fast am Ende des kurzen Streifens mit Bars und Clubs angelangt. Es gab Geschäfte, deren Schaufenster jedoch leer oder verbarrikadiert waren. Unweit von hier befand sich das städtische Leichenschauhaus, aber da zog es ihn wahrlich nicht hin. Er nahm an, dass Vince' Leiche noch immer dort im Kühlraum lag. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand eine Kirche, deren Verantwortliche wohl durch den Bau eines Hotels zu Geld hatten kommen wollen. Das Hotel schien recht gut zu gehen; Fox bezweifelte allerdings, dass man das von der Kirche auch sagen konnte. Er beschloss umzukehren. Es gab zu viele Wege, die Vince eingeschlagen haben konnte: enge Gässchen und Treppen. Er konnte zur Chambers Street oder zur Royal Mile gegangen sein oder sich, nach allem, was Fox wusste, auch ein Hotelzimmer genommen haben, um seinen Rausch auszuschlafen. Fox fragte sich, was Vince an dieser Gegend wohl

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