Ein reines Gewissen
ausrichten, es werde keinen guten Eindruck machen, wenn wir anfingen eine >fotogene Witwe< zu schikanieren - ihre eigenen Worte.«
»Hält Leith den Selbstmord für inszeniert?«
»Wie Jamie schon sagte, so langsam wundern sie sich doch sehr.«
»Haben sich noch andere Geldbeträge in Luft aufgelöst?«
»Schwer zu sagen, solange die Anwälte uns keine Einsicht gewähren. Um einen Durchsuchungsbefehl zu bekommen, müssten wir erst einmal einen Richter davon überzeugen.«
»Gibt es wirklich keine Möglichkeit, in Erfahrung zu bringen, ob nach wie vor auf Brogans Bank- oder Kreditkartenkonten zugegriffen wird?« Fox erwartete keine Antwort. Er hob sein Glas, hielt jedoch auf halbem Weg zum Mund in der Bewegung inne. »Als ich in ihrer Wohnung war, habe ich die Stellen an den Wänden gesehen, wo diese Gemälde hingen.«
»Sie waren in ihrem Haus?«, fragte Cartwright.
»Dort lagen keine Unterlagen herum, Brogans Terminkalender musste sie woanders holen. Vermutlich aus einem Raum, den er als Büro benutzt.«
»Er könnte jederzeit Geld von CBBJ abgezogen haben«, fügte Breck hinzu. »Für solche Untersuchungen haben wir besondere Buchprüfer.«
»Aber auch dafür bedarf es einer richterlichen Genehmigung«, warnte Cartwright.
Fox zuckte die Schultern. »Sollte Joanna Broughton sich weiterhin querstellen«, argumentierte er, »würde ich meinen, dass das Grund genug ist.«
»Ich bin sicher, dass sie mit Zähnen und Klauen kämpfen werden«, entgegnete Breck, während er mit dem Finger an seinem Weinglas hinunterfuhr.
»Sonst noch irgendwelche Enthüllungen?« Fox' Blick lag auf Annabel.
»Nein«, antwortete sie.
»Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen.« Fox erhob sich. »So sehr, dass ich euch jetzt noch einen ausgebe.«
»Die Runde geht auf uns«, widersprach Breck, aber davon wollte Fox nichts hören. Als er die Bestellung aufgab, lächelte die Frau hinterm Tresen und deutete mit dem Kopf auf den Tisch in der Ecke.
»Nett, wenn man unerwartet Freunde trifft, stimmt's?«
»Ja«, antwortete Malcolm Fox. »Ja, das ist es wirklich.«
20
Um Mitternacht stand er am Anfang der Blair Street, den Blick auf den erleuchteten Eingang des Rondo gerichtet. Es war nur ein Türsteher zu sehen. Normalerweise arbeiteten sie paarweise, das bedeutete, dass der Partner entweder im Lokal war oder Pause machte. Die Straße war fast menschenleer, das sah jedoch samstags um diese Zeit vermutlich ganz anders aus. In der Nacht, als Vince starb, waren außerdem noch die walisischen Rugbyfans in der Stadt gewesen, die sich auf die Begegnung am Sonntag einstimmten - und einige von ihnen wussten sicher, dass die Cowgate der Bezirk mit den Nachtkonzessionen war.
Die Hände in den Hosentaschen, stand Fox an der Ecke. Hier war Vince abgesetzt worden. Die Zufahrt zur Hauptverkehrsstraße war zwischen zehn Uhr abends und fünf Uhr morgens gesperrt. Wie Fox wusste, lag das an den schmalen Bürgersteigen der Cowgate, von denen Betrunkene immer wieder in den fließenden Verkehr getorkelt waren. Man hatte die Autos verbannt, weil die Leute dumm waren. In nüchternem Zustand würde allerdings wohl niemand mitten in der Nacht hier durchgehen. Es war ein dunkler, feuchter Verbindungsweg mit Obdachlosenheimen und von Müll übersäten Gässchen. Hier stank es nach Rattenpisse und Kotze. Es gab jedoch viele kleine Oasen wie das Rondo. Neonbeleuchtet und (dank der Heizvorrichtungen über den Türen) Wärme ausstrahlend, lockten sie die Partygänger in ihr Inneres. Als Fox die Straße überquerte, musterte der Türsteher ihn von Kopf bis Fuß, während er unter seinem dreiviertellangen schwarzen Wollmantel die Schultern lockerte.
»'n Abend, Mr. Fox«, sagte er. Fox starrte ihn an. Ein Lächeln umspielte die Mundwinkel des Mannes. Bartstoppeln auf dem vernarbten Kinn. Kahl geschorener Kopf und durchdringende blaue Augen.
»Pete Scott«, sagte er schließlich, da Fox offensichtlich Hilfe brauchte.
»Sie haben sich die Haare abrasiert«, antwortete Fox.
Scott fuhr sich mit der Hand über den Kopf. »Sie gingen mir sowieso schon aus. Lange nicht gesehen.« Er streckte Fox die Hand hin.
»Seit wann sind Sie draußen, Pete?« Fox erinnerte sich. Vor sechs Jahren, in seinem Leben vor der Inneren, hatte er an Pete Scotts Verhaftung mitgewirkt. Einbruch, eine Reihe von Verurteilungen, die bis in seine Jugend zurückreichten.
»Fast zwei Jahre.«
»Und vier gesessen?«
»Hab eine Weile gebraucht, um meine Fehler einzusehen.«
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