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 Ein reines Gewissen

Ein reines Gewissen

Titel: Ein reines Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Weg zurück zum Rondo stützte er sich an Häuserwänden ab; beim Einatmen brannte es ihm jedes Mal im Rücken. Pete Scott sah ihn kommen und nahm, da er ihn zunächst für einen Unruhestifter hielt, eine starre Haltung ein. Doch als Fox grüßend die Hand hob, ging Scott auf ihn zu.
    »Sind Sie gestolpert oder so was?«, fragte er.
    »Haben Sie jemanden gesehen, Pete? Muss ein großer Bursche gewesen sein ...«
    »Waren einige da«, bejahte Pete die Frage.
    »Seit wir miteinander gesprochen haben?«
    Scott nickte. »Ein paar davon sind drinnen.«
    Fox deutete auf die Tür. »Ich schau mal kurz rein«, sagte er.
    »Nur zu ...«
    Das Lokal war gerammelt voll und die Tonanlage so laut, dass einem die Füllungen aus den Zähnen flogen. Am Tresen standen die Gäste in drei Reihen an. Junge Männer in kurzärmeligen Hemden; Frauen, die durch Leuchtstrohhalme ihre Cocktails schlürften. Als Fox sich durch die Menge quetschte, bekam sein Kopf von den Basslautsprechern noch einmal einen Schlag ab. Im Hinterzimmer war die Bühne beleuchtet, aber es spielte keine Band. Noch mehr Gäste, noch mehr Lärm und Stroboskoplicht. Fox erkannte niemanden. Er kämpfte sich zur Herrentoilette durch, wo er sich für einen Moment von dem Lärm erholte. Auf dem Boden lagen überall Papiertücher herum, im Spender dagegen fand sich kein einziges mehr. Fox ließ sich Wasser über die Hände laufen, und während er sein Gesicht damit betupfte, schaute er sich in dem verschmierten Spiegel an. Sein Kinn war abgeschürft und seine Wange geschwollen. Die blauen Flecke würden nicht lange auf sich warten lassen. Seine Handflächen brannten, und eins der Revers war an der
    Naht abgerissen. Fox zog sich den Mantel aus und suchte ihn nach Gewaltspuren ab, fand jedoch keine.
    Seine Angreifer hatten nichts mitgenommen - Kreditkarten, Bargeld, beide Handys, alles noch da. Und nachdem er bewusstlos geworden war, hatten sie anscheinend auch nicht weiter auf ihn eingeschlagen. Er schaute sich seine Zähne noch einmal genau an und bewegte mit der Hand den Kiefer.
    »Alles noch ganz«, erklärte er seinem Spiegelbild. Dann fiel ihm auf, dass an seinem Hosenbund ein Knopf fehlte. Den musste man ersetzen, sonst saßen seine Hosenträger nicht mehr richtig. Er atmete mehrmals tief durch, hielt erneut die Hände unters Wasser und trocknete sich mit seinem Taschentuch ab. Einer der Gäste von der Theke kam herein und torkelte zum Pissoir, ohne ihm weiter Beachtung zu schenken. Fox zog seinen Mantel wieder an und verließ das Lokal. Draußen nickte er dem Türsteher zu. Pete Scott war eifrig ins Gespräch mit den beiden Teenagerinnen von vorher vertieft. Sie waren auf eine Zigarette vor die Tür gekommen und beklagten sich über den Mangel an »Traumtypen«. War Fox zuvor schon unsichtbar für sie gewesen, so schien er es jetzt noch viel mehr zu sein. Scott fragte ihn, ob ihm wirklich nichts fehle, worauf Fox nur wieder nickte und über die Straße zu seinem Auto ging. Jemand hatte die Überreste eines Kebabs auf seiner Motorhaube liegen lassen. Er wischte sie auf die Fahrbahn, schloss auf und stieg ein.
    Den Heimweg legte er in gemächlichem Tempo zurück, zumal sämtliche Ampeln sich gegen ihn verschworen hatten. Taxis buhlten um Kundschaft, aber die meisten Leute schienen ganz gern zu Fuß zu gehen. Fox stellte Classic FM ein und kam zu dem Schluss, dass Jack Broughton ihn wohl nicht erkannt hatte. Warum auch? Sie hatten sich in dem Triplex-Penthouse ungefähr zehn Sekunden gegenübergestanden. Erst einige Minuten später hatte Broughton erfahren, dass der Mann, der auf den Aufzug gewartet hatte, ein Polizist war. Konnte Broughton selbst der Angreifer gewesen sein? Eher zweifelhaft, und warum sollte er sich dann noch in der Gegend aufgehalten haben? Im Übrigen hatte er braune Budapester getragen, ganz andere Schuhe als die, die mit Fox' Kinn Kontakt aufgenommen hatten.
    Pete Scott dagegen ... Pete hatte schwarze Doc Martens angehabt, und Pete war kräftig genug ... Aber Fox glaubte das nicht. Hätte Pete seinen Posten für einen kleinlichen Racheakt verlassen? Na ja, vielleicht schon, aber Fox hielt ihn eher für einen »möglichen« als einen »wahrscheinlichen« Kandidaten.
    Zu Hause zog er sich aus und stellte sich unter die Dusche; neun oder zehn Minuten lang ließ er heißes Wasser über seinen Rücken laufen. Das Abtrocknen tat weh, aber als er sich im Badezimmerspiegel anschaute, entdeckte er keine offensichtlichen Verletzungen. Am nächsten Morgen

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