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 Ein reines Gewissen

Ein reines Gewissen

Titel: Ein reines Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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würde es vielleicht anders aussehen. Nachdem er sich einen Pyjama angezogen hatte, ging er hinunter in die Küche. Im Kühlfach fand er einen noch verschlossenen Beutel Tiefkühlerbsen, den er in ein Geschirrhandtuch wickelte und sich an den Kiefer hielt, während er den Kessel für den Tee aufsetzte und dann mit einem Glas Leitungswasser drei Aspirin schluckte.
    Als er sich an den Tisch setzte, war es fast zwei Uhr. Ein paar Minuten lang starrte er nur die Wand an, dann erhob er sich wieder und ging hinüber ins Esszimmer. Dort stand auf einem Schreibtisch in der Ecke sein Computer. Er ließ ihn hochfahren und gab nacheinander drei Namen in die Suchmaschine ein: Joanna Broughton, Charlie Brogan und Jack Broughton. Über Letzteren war nicht viel zu finden - er hatte seine Glanzzeit vor dem Aufkommen von Internet und Nachrichtensendungen rund um die Uhr erlebt. Fox hatte nicht daran gedacht, ihn zu fragen, was er um diese nachtschlafende Zeit in der Cowgate getrieben hatte. Allerdings war Jack Broughton auch kein normaler Einundsiebzigjähriger. Wahrscheinlich konnte er sich gegen die meisten Säufer und Windhunde immer noch Chancen ausrechnen.
    Fox war es unmöglich zu bequem sitzen: Wenn er sich vorbeugte, tat es weh, und wenn er sich zurücklehnte, wurde der Schmerz noch größer. Er war froh, keinen Alkohol im Haus zu haben, denn so war er nicht versucht, zu dieser schnellsten aller Lösungen zu greifen. Stattdessen hielt er sich die Erbsenpackung ans Gesicht und konzentrierte sich auf Charlie Brogan. Es gab mehrere Interviews mit ihm, die aus Zeitschriften und Wirtschaftsseiten von Tageszeitungen stammten. Ein Journalist hatte Brogan gefragt, warum er Bauträger geworden sei.
    »Man schafft Denkmäler«, hatte Brogan geantwortet. »Man hinterlässt eine Spur, die einen überdauern wird.«
    Und das ist Ihnen wichtig?
    Alle wollen die Welt verändern, nicht wahr? Und dennoch bleibt von den meisten nur ein Grabstein übrig und vielleicht noch ein paar Kinder.
    Sie wollen, dass die Leute sich an Sie erinnern?
    Ich möchte lieber, dass sie mich bemerken, solange ich noch da bin! Mein Anliegen ist es, Eindruck zu machen.
    Eindruck auf wen?, fragte sich Fox. Auf Joanna Broughton? Oder eher ihren erfolgreichen Vater? Wollten Männer sich nicht immer vor ihren Schwiegervätern beweisen? Fox erinnerte sich, wie nervös er vor seinem Antrittsbesuch bei Elaines Eltern gewesen war, obwohl er sie schon als Schulkind gekannt hatte und auf Kindergeburtstagen in ihrem Haus gewesen war. Aber zwei Jahrzehnte später war er als Partner ihrer Tochter gekommen.
    »Elaine hat uns erzählt, dass du bei der Polizei bist«, hatte die Mutter gesagt. »Das sieht dir gar nicht ähnlich ...« Der Tonfall sagte alles: Unsere reizende, begabte Tochter hätte es so viel besser treffen können. So viel besser ...
    Fox konnte sich Brogans erste Begegnung mit Pa Broughton lebhaft vorstellen. Beide Söhne waren tot, was bedeutete, dass Joanna in mehrfacher Hinsicht ihren Mann stehen musste. Sie hatte erst spät geheiratet. Fox vermutete, dass ihr sie abgöttisch liebender und besorgter Vater so manchen Verehrer in die Wüste geschickt hatte. Doch Charlie Brogan wusste, was er wollte: Er wollte Joanna. Sie war bezaubernd, und ihre Familie hatte Geld. Mehr als das, ihren Vater umwehte der Hauch der Macht. Wenn man die Tochter heiratete, hatte man den Namen des Vaters immer in der Tasche wie eine Notfallnummer. Wenn einem jemand blöd kam, dann ließ man einfach im Gespräch den Namen fallen.
    Allerdings konnte Fox sich nicht vorstellen, dass das in Jack Broughtons Sinne war.
    Als es mit CBBJ allmählich bergab ging, konnte Brogan auf keinen Versicherungsvertrag zurückgreifen. Vielleicht hatte er heimlich - Joanna sollte garantiert nichts davon erfahren - den alten Knaben angesprochen; allerdings hätte er Jack so die perfekte Gelegenheit geboten, seinem Schwiegersohn klarzumachen, für wie unnütz er ihn immer gehalten hatte. Du sagst, du hast durch die Krise dein ganzes Geld verloren? Tja, Charlie, das sieht dir gar nicht ähnlich.
    Und nebenbei bemerkt, hätte meine reizende, begabte Tochter es so viel besser treffen können.
    »Arme Sau«, sagte Fox.
    Eine halbe Stunde später war er mit den dreien durch. Er fand einen Link zu Quidnunc, konnte das Spiel jedoch nicht öffnen, weil ihm die entsprechende Software fehlte. Stattdessen starrte er die Homepage der Website mit ihren bunten Grafiken an. Darauf wurde eine Art Monster von mehreren

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