Ein reizvolles Angebot
dir diese Mühe nicht zu machen.“
„Na, schon bekannt, welche Köpfe rollen?“
Tara drehte sich um. Sie kannte diese raue Frauenstimme. „Hallo, Patricia.“
Als Tara vor sieben Jahren bei KCL anfing, war Patricia Pottsmith Leiterin der Personalabteilung und ein richtiger Hardliner. Dass sie inzwischen zur stellvertretenden Direktorin der Rendezvous Line aufgestiegen war, ließ vermuten, dass sich an ihrem Ehrgeiz und ihren skrupellosen Methoden, mit denen sie sich durchzusetzen verstand, nicht viel geändert hatte. Sie war die Karriereleiter auffallend schnell hinaufgestiegen.
„Sag schon. Einer alten Freundin kannst du es doch ruhig verraten. Rand hat bestimmt schon jemanden im Visier.“
Dass sie jemals Freundinnen gewesen wären, konnte Tara bei besten Willen nicht behaupten. Sie fand diese Anbiederei abstoßend. „Tut mir leid. Erstens weiß ich nichts, und selbst wenn ich etwas wüsste, könnte ich nichts sagen, ohne meinen Job zu riskieren.“
„Vergiss nicht, dass ich es gewesen bin, die dich damals als Assistentin an Everett Kincaid weiterempfohlen hat“, bemerkte Patricia schnippisch.
„Frag Rand selbst. Es wird mit den Präsidenten aller Linien Gespräche geben.“
„Wenigstens brauchst du dir um deinen Posten keine Sorgen zu machen – nicht solange Rand am Ruder ist.“
Tara gab sich alle Mühe, ruhig zu bleiben. „Wolltest du etwas Bestimmtes damit sagen?“
„Spiel doch nicht die Unschuld vom Lande. Jeder weiß es. Für den Platz in Rands Vorzimmer hast du weder eine Bewerbung schreiben noch ein Einstellungsgespräch führen müssen. Und das alles, obwohl du vorher jahrelang in irgendeiner obskuren Klitsche gearbeitet hast und obwohl es Firmenpolitik ist, Jobs wie diese erst intern auszuschreiben.“
Tara war die Lust vergangen, das Gespräch fortzusetzen. Patricia hatte sich auf das Zusammentreffen mit ihr ziemlich gründlich vorbereitet und offenbar ihre alten Beziehungen zur Personalabteilung spielen lassen. Das sah ihr ähnlich. Tara ließ den Blick über die kleine Schar der Gäste schweifen, die zu dieser Cocktailparty mit anschließendem Dinner in eines der teuersten Hotels Miamis eingeladen waren.
Von Anfang an war ihr aufgefallen, dass sie argwöhnisch beäugt wurde. Tara fühlte sich mit einem Mal gar nicht mehr wohl in ihrem schicken schwarzen Cocktailkleid, von dem sie erst so begeistert gewesen war, als sie es in einer Boutique auf einem Einkaufsbummel in der Mittagspause entdeckt hatte. Plötzlich im Mittelpunkt des Interesses stehend, fand sie den Ausschnitt viel zu freizügig, obwohl er für die Maßstäbe, die hier in der sonnigen Küstenmetropole galten, alles andere als gewagt war. Sie wünschte sich, sie hätte einen Rollkragenpulli angezogen.
Und sie wünschte, Rand würde endlich kommen. Er war im letzten Augenblick durch einen Anruf aufgehalten worden. In irgendeinem italienischen Hafen gab es Probleme mit den Behörden. So musste sie notgedrungen allein die Gastgeberin spielen. Rand hatte ihr versprochen, so schnell wie möglich nachzukommen.
Als ob sie ihn durch bloße Gedankenkraft herbeibeschworen hätte, erschien Rand, und augenblicklich beherrschte seine Anwesenheit den Raum. Alle Gäste wandten sich zu ihm um. Die Gespräche ringsum verstummten. Diese Wirkung erlebte Tara nicht zum ersten Mal. Sie hatte nicht allein etwas mit seiner Position als oberster Boss der KCL zu tun. Rands Auftreten vereinte Autorität und Selbstbewusstsein. Dazu kam sein blendendes Aussehen. Tara stellte fest, dass seine Ausstrahlung in den vergangenen Jahren noch stärker geworden war. Der Aufenthalt in Kalifornien hat ihm gutgetan, dachte sie.
Rand schaute sich unter den Anwesenden um, grüßte von ferne in die Runde und sah dann unverwandt Tara an. So wie sein Blick auf ihr ruhte, überlief es Tara heiß und kalt, und sie musste aufpassen, sich nichts davon anmerken zu lassen. Sie ließ Patricia stehen und ging Rand entgegen.
„Wir sind gut im Zeitplan“, erklärte sie ihm. „Das Essen kann serviert werden, sobald ich das Zeichen dazu gebe. Du kannst dich vorher also noch unter die Gäste mischen.“
Prüfend sah Rand sie an. „Ist irgendetwas vorgefallen?“, fragte er dann.
„Nichts Besonderes. Man scheint sich darüber Gedanken zu machen, wer als Nächster gefeuert wird. Das ist alles.“ Tara verfluchte sich im Stillen. Anscheinend hatte er ihr den Ärger über Patricias Anzüglichkeiten doch angemerkt. „Ich besorge dir einen Drink“, fügte sie rasch
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