Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
Caledonian schlafen. Als Überwachung war die ganze Aktion lächerlich und vielleicht nur ein Vorwand, um nicht nach Hause fahren zu müssen, wo ihn ja ohnehin nichts anderes erwartete als ein Re-Issue von Johnny Cashs San Quentin, das er sich immer noch nicht angehört hatte. Vergaß ständig, es ins Auto zu legen, und fragte sich, wie es über einen einzigen Lautsprecher klingen würde. Bei der einzigen Stereoanlage, die er je besessen hatte, war eine Box schon nach einem Monat kaputtgegangen. Auf einem Album von Velvet Underground gab es einen Track mit sämtlichen Instrumenten auf dem einen und dem Gesang auf dem anderen Kanal, so dass er nie beides gleichzeitig hören konnte. Es hatte Ewigkeiten gedauert, bis er sich seinen ersten CD-Player anschaffte, und noch heute war ihm Vinyl lieber. Siobhan meinte, das liege daran, dass er »störrisch« sei.
»Entweder das, oder mir fehlt einfach der Herdentrieb«, hatte er gekontert. Neuerdings besaß sie einen MP3-Player und lud sich die Musik aus dem Internet runter. Er machte sich einen Spaß daraus, sie zu fragen, ob er das Albumcover oder das Booklet mit den Texten sehen könne.
»Ihnen entgeht das große Ganze«, hatte er ihr erklärt. »Ein gutes Album sollte mehr sein als die Summe seiner Teile.«
»Wie Polizeiarbeit?«, hatte sie lächelnd gefragt, und er verkniff es sich zu sagen, dass sie ihm die Worte aus dem Mund genommen hatte …
Er hatte die Kartoffelchips aufgegessen und die Tüte zu einem schmalen Streifen zusammengefaltet, den er dann verknotete. Eine Stunde würde er noch bleiben. Für den Fall, dass er von Gentry genug bekam, hatte er Endless Wire von den Who dabei. Hatte noch nicht rausgekriegt, was der Titel eigentlich bedeutete.
Ein Stück weiter die Straße entlang fuhr ein Auto rückwärts aus einem Gartentor. Für Rebus sah das ganz nach Caffertys Gartentor und Auto aus, mit dem Bodyguard am Lenkrad, denn im Fond brannte ein Leselicht, das auf Caffertys Kopf herabschien. Rebus wartete. Das Auto wendete hangabwärts, was bedeutete, dass es direkt an Rebus vorbeifahren würde. Er duckte sich und wartete. Dann startete er den Motor, wendete und nahm die Verfolgung auf. Vor der Kreuzung an der Granville Terrace setzte sich Caffertys Auto plötzlich vor einen Doppeldeckerbus. Rebus musste warten, bis sich der entgegenkommende Verkehr lichtete, aber er wusste, dass Cafferty bis zur Leven Street nichts machen konnte. Er blieb hinter dem Bus, bis der an einer Haltestelle stoppte, und überholte ihn dann. Das nächste Auto befand sich ungefähr hundert Meter vor ihm. Schließlich leuchteten seine Bremslichter auf, als es die Ampel am King’s Theatre erreichte. Als Rebus sich langsam näherte, wurde ihm klar, dass etwas nicht stimmte.
Es war nicht Caffertys Auto.
Er hielt hinter dem Fahrzeug. Das Auto davor war auch nicht das von Cafferty. Der Leibwächter konnte unmöglich beide Autos überholt haben und dann noch bei Grün über die Ampel gekommen sein. Rebus war nur kurz hinter dem Bus gewesen und dann über die Kreuzung an der Viewforth gefahren, aber er hatte in beide Richtungen geschaut und nichts von Cafferty gesehen. Er musste scharf in eine der engen Querstraßen eingebogen sein, aber in welche? Rebus wendete noch einmal umständlich, vom Hupen eines Taxis begleitet, das, wie er, in die entgegengesetzte Richtung wollte. Es gab da ein paar Pensionen, deren Vorgärten asphaltiert und in Parkplätze umgewandelt worden waren, aber keines der dort stehenden Fahrzeuge war Caffertys Bentley.
»Da wartest du zwei geschlagene Stunden, und dann verlierst du ihn beim ersten Hindernis«, schimpfte Rebus in sich hinein. Es kam ein Nonnenkloster, das Tor stand offen, aber Rebus bezweifelte, dass er den Gangster dort finden würde. Links und rechts gingen Straßen ab, aber keine sah erfolgversprechend aus. An der Ampel, wo die Viewforth kreuzte, wendete er erneut. Diesmal blinkte er links und bog in eine enge Einbahnstraße, die zum Kanal führte. Sie war nur schlecht beleuchtet, und um diese Uhrzeit würde da kaum ein Auto unterwegs sein, was bedeutete, dass er auffallen würde wie ein bunter Hund. Als er eine Parklücke entdeckte, fuhr er rückwärts hinein. Über den Kanal führte eine Brücke, aber sie war außer für Fußgänger und Radfahrer für jeden Verkehr gesperrt. Als Rebus darauf zuging, sah er endlich den Bentley. Er parkte vor einem unbebauten Grundstück. Ein paar Kähne hatten für die Nacht festgemacht, aus einem der Schornsteine
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