Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
Sie selbst, DS Clarke, Sie sind nicht religiös?«
»Herrgott, nein«, sagte sie mit einem Lächeln. »Ist schwer in unserer Branche.«
»Meinen Sie?«
»Die ganzen Dinge, mit denen wir es zu tun haben … von allen guten Geistern verlassene Menschen, die sich selbst und anderen schaden …« Sie warf ihm wieder einen Blick zu. »Heißt es nicht, Gott habe uns nach seinem Bild geschaffen?«
»Darüber könnten wir den Rest des Tages diskutieren.«
»Weswegen ich Sie stattdessen fragen werde, ob Sie eine Freundin haben.«
Er nickte. »Sie heißt Sonia, arbeitet bei der Spurensicherung.«
»Und was haben Sie beide am Wochenende so angestellt – außer in die Kirche zu gehen, natürlich?«
»Sie hatte am Samstag einen Frauentreff, ich hab nicht viel von ihr zu sehen bekommen. Sonia geht nicht in die Kirche …«
»Und wie geht’s Ihrem Bruder?«
»Gut, vermutlich.«
»Sie meinen, Sie wissen es nicht?«
»Er ist aus dem Krankenhaus raus.«
»Ich dachte, es wäre eine Schlägerei gewesen?«
»Es war ein Messer im Spiel …«
»Hatte er’s oder der andere?«
»Der andere, weswegen Sol auch genäht werden musste.«
Clarke überlegte einen Augenblick. »Sie sagten, Ihre Mutter und Ihr Vater hätten sich getrennt, als Ihr Großvater ins Gefängnis kam …«
Goodyear lehnte sich in seinen Sitz zurück. »Mum fing an, Medikamente zu nehmen. Dad ist kurz darauf ausgezogen und hing mehr denn je an der Flasche. An manchen Tagen habe ich ihn auf der Straße vor einem Laden getroffen, und er hat mich nicht mal erkannt.«
»Hart für einen kleinen Jungen.«
»Sol und ich haben meist bei unserer Tante Susan gewohnt, Mums Schwester. Ihr Haus war eigentlich viel zu klein, aber sie hat sich nie beklagt. Ich hab angefangen, sonntags mit ihr in die Kirche zu gehen. Manchmal war sie so müde, dass sie in der Kirchenbank eingeschlafen ist. Sie hatte immer eine Tüte Bonbons dabei; einmal ist sie ihr vom Schoß gerutscht, und die sind alle über den Fußboden gerollt.« Er lächelte bei der Erinnerung. »Wie auch immer, mehr gibt’s eigentlich nicht zu erzählen.«
»Umso besser – wir sind fast da.« Sie rollten die Portobello High Street entlang, und dies – für Clarke eine Premiere -, ohne von Straßenbauarbeiten behindert zu werden. Zwei Minuten später bogen sie von der Joppa Road ab und fuhren langsam eine Zeile von viktorianischen Reihenhäusern ab.
»Nummer achtzehn«, sagte Goodyear, der das Haus als Erster entdeckte. Jede Menge Platz zum Parken – Clarke nahm an, dass die meisten Leute mit ihrem Auto zur Arbeit gefahren waren. Sie zog die Handbremse an und drehte den Zündschlüssel herum. Goodyear ging inzwischen schon auf die Haustür zu.
»Ein gottverdammter Jesusjünger«, murmelte sie in sich hinein, »ist genau das, was mir noch gefehlt hat …« Aber sie meinte es nicht so. Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, wusste sie auch schon, woher sie stammten – oder zumindest die dazugehörige Einstellung.
Von John Rebus.
Sie hatte Goodyear gerade eingeholt, als die Tür aufging und Charles Riordan angesichts der Polizeiuniform ein überraschtes Gesicht machte. Dann erkannte er jedoch Clarke und ließ die zwei Beamten ins Haus.
Der Flur war von Bücherregalen gesäumt, in denen allerdings keine Bücher standen, sondern altmodische Tonbandspulen und Kassettenboxen lagen.
»Immer nur herein, wenn Sie reinpassen«, war Riordans Kommentar. Er führte sie in einen Raum, der eigentlich das Wohnzimmer hätte sein sollen, aber als Studio eingerichtet worden war, komplett mit an die Wände getackerter Schallisolierung und einem Mischpult, das von weiteren Kartons voller Kassetten, Minidisks und Tonbandspulen umgeben war. Über den Fußboden schlängelten sich Kabel, Mikrofone lagen im Staub herum, und die Vorhänge, die das einzige Fenster verschlossen, waren dick wie Teppiche.
»Riordan Mansions«, stellte Charles Riordan vor.
»Darf ich davon ausgehen, dass Sie nicht verheiratet sind?«, fragte Clarke.
»War ich mal, aber das wurde ihr irgendwann zu viel.«
»Das ganze Equipment, meinen Sie?«
Riordan schüttelte den Kopf. »Ich mach gern Tonaufnahmen.« Er legte eine Kunstpause ein. »Von allem. Nach einer Weile fing es an, Audrey auf die Nerven zu gehen.« Er steckte die Hände in die Taschen. »Also, was kann ich für Sie tun, Officers?«
Clarke sah sich im Zimmer um. »Werden wir gerade aufgenommen, Mr. Riordan?«
Riordan schmunzelte und zeigte wortlos auf ein schlankes schwarzes
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