Ein Ring aus Asche
Familie, die Martins, waren wohlhabend gewesen. Wie Petra wohl auch gewesen wäre, wenn Armand nicht all ihr Geld hätte mitgehen lassen, als er nach New Orleans gezogen war. Armands Bruder, Lucs Vater, hatte Luc nach Loyola in New Orleans geschickt, um ihm eine College-Ausbildung zu ermöglichen. Luc hatte zwei Jahre dort verbracht, bevor er wegen unschicklichen Benehmens, das eines Gentlemans nicht würdig war, hinausgeworfen wurde. Welche Überraschung. Mit vierzehn hatten ihn wütende Väter sitzengelassener Mädchen mit Schrotflinten gejagt. Lucs Vater war außer sich gewesen. Dann war Luc plötzlich über alle Maßen großspurig und in Besitz einer Sklavin aufgetaucht.
Axelle lachte leise, als sie an den Tumult dachte, der im Dorf losgebrochen war. Was für ein Skandal. Luc konnte von Glück sagen, dass ihn niemand zu Tode geprügelt hatte. Er und sein Vater, Grégoire, hatten mitten auf dem Dorfplatz heftig gestritten, und Grégoire hatte Luc vor den Augen aller sein Eigentumsrecht entzogen. Im Anschluss hatte Ouida bleiben oder gehen dürfen, wie es ihr beliebte.
Sie hatte alle überrascht, als sie sich dafür entschied, zu bleiben– und zwar bei Luc. Nur für ein paar Monate, bis sie herausgefunden hatte, wie sie weiter vorgehen würde. Sie hätte weiter nach Norden ziehen können, wo kaum jemand Sklaven besaß, oder nach Europa. Lucs Vater hätte ihr das Geld gegeben. Doch Ouida schloss Freundschaften in der Dorfgemeinschaft. Petra und Sophie begannen, sie in die Kunst der Bonne Magie einzuweisen. Genau wie Jules hatte Ouida sich schnell ein Zuhause geschaffen.
Irgendwann hatte sie beschlossen, mehr von der Welt sehen zu wollen, und war aufgebrochen. Aber sie war zurückgekehrt und dieses Mal war sie geblieben und eine der Ihren geworden.
Ungefähr zur gleichen Zeit hatte Sophie Luc aus ihrem Leben verbannt. Axelle war sich nach wie vor nicht sicher, weshalb, auch wenn sie Gerüchte hatte kursieren hören. Sophie hatte nie einen Grund genannt und Luc ebenso wenig. Die famille hatte viele Geheimnisse und dies war nur ein weiteres. Axelle lehnte sich gegen die Küchentheke und leerte ihr Glas. Sie fühlte sich besser. Jetzt noch eine kalte Dusche und sie wäre zu allem bereit.
Das mit Sophie und Luc ist wirklich jammerschade, dachte sie, als sie sich anschickte, in ihr Schlafzimmer zu gehen. Sie waren ein so hübsches Paar gewesen.
Axelle hatte das Wohnzimmer gerade zur Hälfte durchquert, als sie plötzlich innehielt. Sie runzelte die Stirn und rührte sich nicht vom Fleck. Elektrizität lag in der Luft, eine gesteigerte Empfindung von… ja, was nur? Ganz langsam und leise lief Axelle den Raum ab und versuchte herauszufinden, aus welcher Richtung die Schwingungen kamen. Von der Straße draußen? Aus dem Hinterhof? Hatte jemand ihr Apartment mit einem Zauber belegt? All ihre Sinne waren geschärft. Sie kam an der verborgenen Tür vorbei, die in ihr Arbeitszimmer auf den Dachboden führte und einige Millimeter offen stand. Das Schloss war anscheinend nicht ganz eingerastet.
Schnell belegte sie sich mit einem Schattenzauber, der es erschweren sollte, ihre Gegenwart wahrzunehmen. Sie rückte noch näher an die Tür heran, glitt mit einem Fingernagel in die Öffnung des Schlosses und zog. Die Tür öffnete sich einen Spalt, genau weit genug für Axelle, um Stimmen wahrzunehmen.
Es waren Jules und Daedalus. Sie hatte die beiden nicht gespürt, als sie nach Hause gekommen war. Sie besaßen einen Schlüssel und kamen und gingen, wie es ihnen gefiel, aber warum hatte sie ihre Anwesenheit nicht gleich bemerkt?
»L uc?«, hörte sie Jules fragen.
»N ein«, erwiderte Daedalus ungeduldig. »E r ist zwar stark, aber total unzuverlässig.«
»P etra natürlich auch nicht.«
»N atürlich nicht.«
»R ichard?«
»J a, Richard vielleicht«, sagte Daedalus nachdenklich. »M öglicherweise.«
»U nd dann wäre da noch Axelle«, meinte Jules.
»O h, bitte nicht«, antwortete Daedalus. » Axelle ist in vielerlei Hinsicht gut, aber nicht für das hier. Wir brauchen jemand, der zielgerichteter ist, mit mehr echter Macht. Axelle hat es zugelassen, dass sie schwächer wird.«
Axelle zog ihre perfekt geformten Augenbrauen hoch. Ach wirklich? Ihre Magie war also geschwächt?
»S ie hat einfach nur andere Prioritäten, das ist alles«, sagte Jules.
»E ben nicht unsere Prioritäten«, antwortete Daedalus bestimmt. »N ein, Axelle fällt aus. Ich frage mich, ob Manon…« Seine Stimme wurde leiser und Axelle konnte
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