Ein Ring von Tiffany - Roman
ABC-Inseln der Niederländischen Antillen. Einhundertzwanzig Kilometer vor der Küste Venezuelas gelegen. Einwohner …«
Adriana hob die Hand. »Ich schlaf gleich ein.«
»Jetzt weiß ich’s wieder«, nuschelte Emmy. »Wir sind momentan auf Curaçao. Der Flug von Miami hatte Verspätung, und wir haben die Fähre nach Bonaire verpasst. Wir sitzen fest.«
»Nun seid doch nicht immer so negativ, Mädels!«, trällerte Adriana. »Wenigstens kriegen wir schon mal schön Farbe. Umso mehr werden sich die heißen Holländer um uns reißen.« Pause. »Gibt es heiße Holländer?«
»Holländer? Ich wusste gar nicht, dass es auf Jamaika Holländer gibt!«, quietschte Leigh auf eine völlig untypische Art. Adriana bekam einen Lachkrampf und klatschte sie ab.
Emmy dröhnte der Kopf, und ihre Haut glühte. »Reißt euch am Riemen, Leute. Wir müssen irgendwie hier weg.«
Der Ärger hatte angefangen, als sich die Freundinnen nach
ihrer leicht beschwipsten Ankunft in Curaçao zum Schalter für die Fähren begeben hatten. Emmy bat höflich um drei Tickets.
»Nein«, sagte die fleischige Schwarze, die ein wallendes buntes Gewand und Sandalen trug. »Strichen.«
»Strichen? Was soll das heißen, strichen?« Emmy bemühte sich nach Kräften, der Frau einen vernichtenden Blick zuzuwerfen, aber weil sie mit dem Kinn kaum über die Theke reichte, war die Wirkung gleich Null.
Die Frau lächelte. Unfreundlich. »Nix mehr.«
Eine Stunde später hatten sie herausgefunden, dass es früher einmal eine Fähre gegeben hatte, diese aber eingestellt worden war. Es gab nur eine einzige Möglichkeit, die fünfzig Kilometer zwischen den Inseln zu überwinden - auf dem Luftweg, und zwar mit einer von zwei einheimischen Fluggesellschaften, die nicht gerade Vertrauen einflößende Namen trugen: Bonaire Express und Divi Divi Air.
»Da sterbe ich doch lieber gleich, als dass ich mich in eine Divi-Divi-Maschine setze«, verkündete Adriana, während sie sich die benachbarten Schalter der beiden Fluglinien ansahen, die jeweils aus einem einzigen Mitarbeiter und einem Klapptisch bestanden.
»Vielleicht stirbst du ja sowieso«, meinte Leigh. Sie nahm sich einen handgeschriebenen Zettel mit dem aktuellen Flugplan. »Warte mal, jetzt geht’s dir gleich wieder besser. Hier steht nämlich, dass die runderneuerten Sechssitzermaschinen sehr zuverlässig sind.«
»Runderneuert? Sechssitzer? Zuverlässig ? Das ist das beste Adjektiv, das diesen Leuten einfällt, und denen sollen wir unser Leben anvertrauen?« Emmy stand kurz davor, das ganze Unternehmen abzublasen und nach New York zurückzufliegen.
Leigh war noch nicht fertig. »Augenblick, hier ist ein Foto.« An den Zettel angeheftet hing eine erstaunlich hochwertige Farbaufnahme eines Flugzeugs. Eines sehr bunten Flugzeugs. Eines fast schon neonbunten Flugzeugs. Als Leigh das Foto an
Adriana weiterreichen wollte, wehrte die es mit einer angeekelten Handbewegung ab und steckte sich eine Zigarette an. Sie nahm genüsslich einen Zug und bot sie Leigh an, die um ein Haar zugegriffen hätte, bevor ihr wieder einfiel, dass sie ja Nichtraucherin war.
Adriana stieß den Rauch aus. »Ich will das nicht sehen. Bitte! Es gibt keinen einzigen denkbaren, plausiblen, überzeugenden Grund, warum ein Flugzeug wie ein Pucci-Kleid aussehen sollte!« Sie warf noch einen Blick auf das Foto und stöhnte: »O nein, eine Propellermaschine. Ich fliege nicht mit einer Propellermaschine. Ausgeschlossen.«
»Und ob du mit einer Propellermaschine fliegst«, säuselte Leigh. »Du darfst sogar selbst entscheiden, mit welcher. Divi/ Pucci fliegt um sechs, und Bonaire Express - das ist die, die wie ein Gemälde von Jackson Pollock aussieht - fliegt um zwanzig nach sechs. Welche wäre dir lieber?«
Adriana wimmerte. Emmy sah Leigh an und verdrehte die Augen.
Adriana kramte ihre American Express Platinkarte aus der Brieftasche und gab sie Leigh. »Nimm die, bei der du dir die größten Überlebenschancen ausrechnest. Ich besorge uns was zu trinken.«
Nachdem Emmy und Leigh mit einem unsäglichen Sammelsurium an Gulden, Dollars und Reiseschecks drei Tickets erstanden hatten - die Fluggesellschaft nahm keine Kreditkarten -, suchten sie sich ein Plätzchen zum Hinsetzen. Der Hato Airport war, wie es schien, mit Annehmlichkeiten nicht gerade reich gesegnet - und mit Stühlen auch nicht. Es war ein großer, offener Bau der, so unwahrscheinlich es auch klingen mochte, vor der gleißenden Sonne keinerlei Schutz bot. Zu erschöpft, um
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