Ein Ring von Tiffany - Roman
Schild mit ihrem Namen in der Hand hielt. Schließlich hatten sie das ganze Wochenende für sich, und ein paar Minuten Pause vom Flirten, Spielchen spielen und auch sonst immer rundum Topsein konnten nicht schaden. Der Chauffeur hievte ihre Reisetruhe von Goyard - Rollenkoffer waren ja so was von spießig - auf einen Gepäckwagen und überreichte ihr einen Umschlag mit dem Twentieth-Century-Fox-Logo im linken oberen Eck.
»Mr. Baron lässt vielmals um Verzeihung bitten, dass er Sie nicht persönlich abholen konnte«, sagte der Chauffeur und setzte sich Richtung Parkplatz in Gang.
»Ach, ist schon in Ordnung«, sagte Adriana munter. »Wenn Sie nichts dagegen haben, lege ich auf der Fahrt einfach ein kleines Nickerchen ein.«
Doch sobald sie sich auf dem Luxusrücksitz einer Limousine neuesten Baujahrs niedergelassen hatte, stellte Adriana fest, dass an Schlafen nicht zu denken war. Nach zweieinhalb Monaten würde sie endlich Tobys legendäre Villa in den Hollywood Hills zu sehen bekommen. Wieder und wieder las sie seinen Brief ( Adriana, Schätzchen, es tut mir so leid, dass ich nicht am Flughafen sein kann, aber es ist in letzter Minute etwas Unerwartetes dazwischengekommen. Ich mache es wieder gut, versprochen. In Liebe, T) und sinnierte über das Wörtchen Liebe - wahrscheinlich bloß eine typische Hollywoodmanier, dachte sie; dass er sie tatsächlich schon liebte, war ja wohl ausgeschlossen... oder? - und seufzte vor Wonne. Dieses ganze Monogamieding war ein Kinderspiel. Warum um alles in der Welt hatte sie sich so lange dagegen gewehrt? Gut, vielleicht war es nicht ganz so aufregend wie ein halbes Dutzend Liebhaber gleichzeitig, aber dafür mit Sicherheit weniger anstrengend. Außerdem, auch wenn sie es nur höchst ungern zugab, hatte ihre Mutter recht. Just heute Morgen im Flugzeug war Adriana aufgefallen, dass ihre Oberschenkel sich auf dem Ledersitz eine Spur breiter machten als bisher. Sie war wie der Blitz zur Bordtoilette gesaust, um der Sache nachzugehen, und hatte dabei eine winzige Linie nahe ihrem linken Auge entdeckt - eine Falte. Zum Teufel mit dieser grauenhaften Neonbeleuchtung und diesen sogenannten Sicherheitsbestimmungen, dank derer man keine anständigen Hautpflegeprodukte mehr mit an Bord nehmen durfte! Noch ein paar Zentimeter Schenkelerweiterung oder - Gott bewahre - ein ausgewachsener Krähenfuß, und aus war es mit erfolgreichen Regisseuren oder scharfen Schauspielern. Es war an der Zeit, mit den Tändeleien aufzuhören und jemanden zu finden, bei dem sie rundum gut aufgehoben war - und bisher, so fand Adriana, hatte sie diesbezüglich beste Fortschritte gemacht. Mit seinen zwölf Jahren Altersvorsprung (und seinen doch etwas begrenzten geistigen Kapazitäten) durfte Toby sich glücklich preisen, etwas so Junges und Knackiges wie Adriana
an seiner Seite zu haben, und gottlob schien ihm das auch bewusst zu sein.
Wie aufs Stichwort blinkte Tobys Name auf dem Display ihres Handys. Sie wartete drei volle Klingeltöne ab, bevor sie sich meldete.
»William?«, fragte sie mit Verwirrung in der Stimme.
»Adriana? Bist du das?« Der arme Toby klang verdutzt und leicht indigniert.
»Oh, Toby, querido! Wie geht es dir, mein Süßer? Du hast mir ja so ein entzückendes Briefchen geschrieben!«
»Wer ist William?«, fragte er barsch.
»Welcher William, Liebling?« Sie seufzte unhörbar. Was für ein Affentheater - nervig, aber nötig.
»Du hast gedacht, ich wäre jemand namens William. Du hast dich gemeldet und ›William‹ gesagt. Ich frage dich nochmals: Wer ist William?«
»Toby, Liebling, das war doch nur ein dummes kleines Versehen! Du weißt doch, wie vergesslich ich manchmal bin. Ich kenne überhaupt niemanden, der William heißt. Ganz bestimmt nicht.« Adriana senkte die Stimme und schaltete nahtlos vom lieben kleinen Schulmädchen auf die verführerische Sexbombe um. »Sag mir lieber, ob du es nicht aufregend findest, mich bald wiederzusehen? Ich finde es jedenfalls sehr aufregend, dich bald zu sehen.«
»Ich kann’s gar nicht erwarten, dich endlich in die Finger zu kriegen«, hauchte er in den Apparat.
Männer waren dermaßen leicht zu manipulieren - es gehörte eigentlich verboten. Wieso kapierten bloß so viele Frauen nicht, dass sie mit einem Minimum an Disziplin und einer Prise Einfallsreichtum jeden Mann haben konnten, den sie wollten?
Auf ihrer zweiten Leitung wurde angeklopft, als der Chauffeur auf die 405 einbog, und Adriana sagte: »Toby, ich muss da drangehen. Kommst
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