Ein Ring von Tiffany - Roman
Innenansichten seiner Junggesellenbude präsentierte. Adriana wusste daher bereits, dass er für seine vier Schlafzimmer und fünf Bäder einen minimalistisch-modernen Look bevorzugte, sein Haus im balinesischen Stil ausgestaltet hatte, mit überdachten und offenen Duschen und Gartenbereichen plus separaten Ess-, Wohn- und Schlafpavillons sowie, als Krönung des Ganzen, einem randlosen Traumpool, der aussah, als erstreckte er sich, nun ja, rand- und endlos über das Tal. Sie hatte blind entschieden, dass es nur weniger geringfügiger Änderungen bedurfte (natürlich mussten im Eheschlafzimmer schleunigst ein Toilettentisch und ein paar laufende Meter Wandschränke eingebaut werden), damit sie sich dort sehr, sehr wohl fühlen konnte.
»Gut, querida , für diesmal wollen wir darüber hinwegsehen. Aber bitte zügle dich in Zukunft ein wenig. Ich muss dir wohl nicht eigens sagen, dass dein Vater in letzter Zeit großem Druck ausgesetzt war.«
»Ich weiß, Mama.«
»Und benimm dich anständig bei Mr. Baron«, mahnte ihre Mutter. »Vergiss nicht alles, was ich dir beigebracht habe.«
»Mama! Natürlich nicht.«
»Falls überhaupt möglich, sind die Regeln bei wohlhabenden
und mächtigen Männern von noch größerer Bedeutung als ohnehin schon. Diese Sorte Männer ist es gewöhnt, dass die Frauen ihnen zu Füßen liegen, und wenn eine das nicht tut, sind sie umso interessierter.«
»Ich weiß, Mama.«
»Bewahre dir dein Geheimnis, Adriana! Mir ist durchaus klar, dass ihr heutzutage sehr viel schneller mit Männern ins Bett geht als wir damals, aber umso wichtiger ist es, auf anderen Gebieten ein wenig unnahbar zu bleiben. Verstehst du?«
»Ja, Mama. Ich verstehe vollkommen.«
»Weil du nämlich nicht gerade ein Musterbeispiel dafür abgibst, wenn du quer über den Kontinent fliegst, um dich mit einem Mann zu treffen«, sagte Mrs. de Souza.
»Mama! Es wurde einfach Zeit. Er hat mich schon viermal in New York besucht.« Das war womöglich eine Spur übertrieben, aber das musste ihre Mutter ja nicht wissen.
»Und du wohnst im Hotel, hoffe ich doch?«
»Selbstverständlich. Obwohl es sehr viel preisgünstiger wäre, in seiner Villa zu übernachten...«
Allein, dass Adriana dergleichen überhaupt in Betracht zog, versetzte ihre Mutter in Panik. »Adriana! Ich muss doch bitten! Natürlich würden dein Vater und ich uns freuen, wenn du in Finanzdingen etwas mehr Vernunft an den Tag legst, aber in diesem Punkt gibt es absolut keine Debatte.«
»Ich habe einen Scherz gemacht, Mama. Ich habe eine Suite im Peninsula gebucht und gedenke sie auch zu nutzen.«
»Und denk daran: nicht über Nacht bleiben! Wenn du unbedingt mit ihm intim werden musst, dann hab wenigstens so viel Verstand, hinterher zu gehen.«
»Ja, Mama.« Adriana lächelte. Die meisten Mütter warnten ihre Töchter vor unverbindlichem Sex, weil sie sich um übertragbare Krankheiten oder einen Verlust an Respekt und Ansehen sorgten. Von derlei Bedenken war Mrs. de Souza völlig frei; sie fürchtete lediglich, dass ein falscher Schachzug das
Gleichgewicht der Kräfte innerhalb der Beziehung unwiderruflich schädigen und somit das Ziel - Adrianas alsbaldige Vermählung mit einem passenden Mann - noch mühsamer zu erreichen wäre.
»Nun gut, Liebes; schön, dass wir ein bisschen geplaudert haben. Er klingt ja wirklich sehr vielversprechend. Mit Sicherheit den Männern weit vorzuziehen, mit denen du sonst ausgehst …«
»Ich rufe dich am Sonntag an, wenn ich wieder in New York bin, okay?«
Ihre Mutter schnalzte mit der Zunge. »Mal sehen... ich schau nur schnell in meinem Kalender nach. Ah ja, da sind wir schon in Dubai. Das Handy müsste eigentlich funktionieren, aber es ist auf alle Fälle besser, wenn du in der Wohnung anrufst. Hast du die Festnetznummer?«
»Hab ich. Dann ruf ich dich da an. Wünsch mir Glück!«
»Du brauchst kein Glück, querida . Du bist ein absolut hinrei ßendes Mädel, das jeder Mann - ganz sicher einschließlich Mr. Tobias Baron - mit Kusshand nehmen würde. Vergiss nur nicht, was du dir schuldig bist, Adriana.«
Sie schickten sich Küsschen durch den Äther und legten auf. Adriana versuchte, aus der Miene des Chauffeurs abzulesen, wie viel er mitbekommen hatte, doch er sprach leise in sein eigenes Bluetooth-Headset. Es ließ sich nicht leugnen, dass ihre Mutter anstrengend und, nach Leighs und Emmys Erzählungen zu urteilen, sehr anders war als die meisten Mütter, aber unbestritten hatte sie einiges erreicht. Nach ihrer
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