Ein schicksalhafter Sommer
Besuch.“
„Ach. Wer denn?“ Neugierig wartete Katrin darauf, dass ihre Schwester antwortete. Als sie es nicht tat, verdrehte sie genervt die Augen. „Sofia, jetzt mach es doch nicht so spannend.“ Betont gleichmütig fing Katrin wieder an zu melken.
„Also, gut. Ich sag es dir. Gleich kommt noch der Karl“, gab sie verschmitzt lächelnd preis. „Und er kommt nur wegen dir, stell dir vor.“
„Der Karl“, rief Katrin ausdruckslos. „Und das ist die Überraschung?“
„Du hörst dich nicht gerade begeistert an“, stellte Sofia enttäuscht fest.
„Das liegt daran, dass ich es nicht bin.“
„Der will dir den Hof machen. Weißt du das denn nicht?“ , rief sie ungläubig. „Er hat doch erzählt, dass er es dem Papa gesagt hat.“
„Ja, das weiß ich. Übrigens, dafür, dass er an mir interessiert ist, hat er sich aber verdammt viel Zeit gelassen, mal mit mir persönlich zu sprechen. Hab ihn in den letzten Wochen gar nicht mehr hier gesehen. Nicht, dass ich da sonderlich viel Wert drauf lege.“
„Ja, er ist häufig für seinen Vater unterwegs. Außerdem hat er Georg erzählt, dass er ein paar Mal versucht hat, euch einen Besuch abzustatten, euch aber nie antreffen konnte. Und darum haben wir ihm vorgeschlagen, da ss er heute auch zum Kaffee hierher kommen soll.“
„Welch glorreiche Idee. Ohne Mama vorher Bescheid zu sagen.“
„Ach, Katrin. Das ist doch jetzt ganz egal. Was zählt, ist, dass er jetzt im Moment hierher unterwegs ist, und jeden Augenblick hier eintreffen wird. Und du solltest an der Kaffeetafel sitzen und ihn huldvoll anlächeln.“
„Gut, dass ich diesem Schicksal entkommen bin.“
Genervt warf ihre Schwester die Hände in die Höhe. „Nun freu dich doch mal.“
„Über Karl Kofer!“ Sie nahm sich die nächsten Zitzen vor und als die Kuh protestierend muhte, lockerte sie schnell ihren Griff. „Entschuldige, Melli.“
„Meine Güte, du bist so mürrisch, immerzu. Du könntest wenigstens mal lächeln, du Tränentier. Dein Verehrer kommt zu Besuch.“
„Juchhu! Der Mann ist über Vierzig. Er ist langweilig. Er ist uninteressant. Und man munkelt, dass er es mit den Frauen sowieso nicht so hat.“
„So ein Unsinn. Natürlich mag er Frauen. Das haben doch nur wieder irgendwelche Neider in die Welt gesetzt, die eifersüchtig auf Karls Reichtum sind.“
„Du hast mir das damals erzählt.“
Sofia errötete. „Wie auch immer. Das ist doch Unsinn. Wie du weißt, ist der Karl Georgs bester Freund–.“
„Noch so ein Punkt, der gegen ihn spricht.“
„Und ich hatte ja nun in den letzten Monaten genug Zeit, ihn richtig kennen zu lernen“, fuhr Sofia unbeirrt fort. „Und ich kann dir versichern, er ist wirklich nett. Und er ist überhaupt nicht eingebildet oder uninteressant oder gar langweilig. Er ist gebildet und weiß viel zu erzählen.“ Sofia stieß ihre Schwester leicht an die Schulter. „Weißt du was? Du regst dich über den Georg auf, dabei bist du es, die hier überheblich ist und auf andere hinab sieht. Du hetzt über den Karl und verachtest ihn, dabei kennst du ihn nicht einmal. Du gibst ihm noch nicht einmal die Gelegenheit, dir zu beweisen, dass er nicht so ist, wie du vermutest.“
Katrin hörte auf zu melken und stand auf. Nachdenklich sah sie Sofia an. „Vielleicht hast du recht“, lenkte sie ein. „Aber er kennt mich genauso wenig. Warum also sollte er plötzlich um mich werben wollen? Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, was ein reicher, weltgewandter, gebildeter Mann, wie du ihn selbst genannt hast, von mir armen Bauerntochter will.“ Damit drehte sie sich um und schleppte den Eimer durch den Stall.
„Was soll er schon wollen? Das weißt du doch. Er will dir den Hof machen.“ Sofia verdrehte die Augen und lief ihrer Schwester hinterher.
Katrin hievte eine der Milchkannen aus dem Kühlbottich und schüttete die Milch aus dem Eimer hinein. „Aber warum, Sofia? Das meine ich doch gerade. Warum? Wir kennen uns doch gar nicht. Das hast du eben selbst gesagt. Ich hab mit ihm noch nie mehr als ein, zwei Worte gewechselt. Und das hat mi r auch gereicht, wenn ich ehrlich bin.“ Schnaufend hob sie die Kanne wieder in den großen Bottich zurück.
„Der Karl hat dem Georg und mir gesagt, dass er dich schon immer nett fand, und dass er sich jetzt entschieden hat, dass du die Richtige für ihn bist.“ Genervt sah sie ihre Schwester an, die mit überkreuzten Armen vor ihr stand und sie ungläubig anstarrte. „Herrgott, ich hab den Georg
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