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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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gepanzerteMannschaftstransportfahrzeuge. Die Scharfschützen waren bereits in Stellung gegangen. Die nähere Umgebung des Hafens, einschließlich des Marktes, war gesperrt. Oben in der Laivansillankatu standen eine lange Reihe Krankenwagen und einige Feuerwehrautos.
    Timo ging ein Stück weiter und sah unten am Kai Amerikaner in Sturmanzügen üben. Der Anblick war frappierend. Die USA würden alles unternehmen, um die Geiseln zu befreien, aber welche Mittel würden die Finnen ihnen gestatten? Die Eingreiftruppe ging geradlinig vor, in der Annahme, dass die Entführer die Geiseln töten würden. Das wiederum hieß unweigerlich, dass die Truppe auf die blitzschnelle Eliminierung aller Geiselnehmer setzte.
    Timo sah auf die Uhr. 5:50.   Ihm graute vor dem, was um sechs dem ganzen Volk vom Schiff aus verkündet werden sollte. Er begab sich zum Bus der Einsatzleitung, zu dem auch Michaels, Rockwell und zwei weitere Amerikaner gekommen waren, um mit dem Leiter des SEK Bär und dem Polizeichef zu sprechen.
    Timo setzte sich in dem mit Funkgeräten, Kartenmonitoren und tragbaren Computern ausgestatteten Bus auf eine Kunstlederbank und trank eine halbe Dose von einem lauwarmen Energiegetränk. Bei ihm waren der Helsinkier Polizeichef Rämö und Metsälä, der das SEK Bär anführte. Timo wechselte ein paar Worte mit ihnen über die Taktik.
    Der für den Informationsfluss zuständige Techniker gab Timo ein Headset. Von der
Sigyn
kam ein Anruf, der zeitgleich im Sendezentrum des Finnischen Rundfunks in Helsinki-Pasila einging, wo er gemäß den Anweisungen, die der Polizeichef geben würde, ins Sendenetz eingespeist werden sollte. Wenn nötig, würde man die Übertragung auf einen Befehl hin abbrechen können.
    Timo legte sich Stift und Papier bereit und versuchte, sich zu konzentrieren. Es war schwer, Ruhe zu finden.Er zwang sich, an die Umgestaltung des Gartens hinter seinem Haus in Brüssel zu denken und an seinen Traum, am Südhang ein Dutzend Weinstöcke zu pflanzen   … Da knisterte es im Kopfhörer. Der entscheidende Moment war gekommen.

53
    Patrik stand im hinteren Teil der Kommandobrücke am Kartentisch, vor sich das auf Lautsprecherfunktion gestellte Telefon. Dominik und Herman standen neben ihm. Sie waren zufrieden, dass Patrik bei seinen Verhandlungen Erfolg zu haben schien und sie in Helsinki einlaufen konnten.
    »Du hast der finnischen Polizei ziemlich viel versprochen, als du ihnen den Zimmermann-Zylinder zugesagt hast«, sagte Herman. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir den hergeben?«
    Patrik drehte sich zu dem Amerikaner um.
    »Er ist unser Schutzschild«, fuhr Herman fort. »Und wenn wir in Sicherheit sind, machen wir ihn zu Geld. Sie wollen ihn um jeden Preis zurückhaben.«
    Patrik schwieg, alles andere war zwecklos.
    Mitten auf dem Tisch stand ein Kofferradio, aus der die Stimme eines Moderators drang.
    »…  
ist außergewöhnlich. Anstelle der Sechs-Uhr-Nachrichten hören wir in Direktübertragung ein Telefongespräch, das die Entführer der
MS Sigyn
gefordert haben
…«
    Patrik biss sich auf die Unterlippe.
    Vor dem Steuermodul, an dem der Lotse und der Kapitän standen, sah man das dunkle, stille Meer. Die Küste von Helsinki war bereits deutlich zu erkennen.
    Eine Minute vor sechs rief Patrik dieselbe Nummer an wie zuvor.
    »Wie kommt der Abgleich des Datenmaterials zur Permafrosttiefe voran?«, fragte er.
    »Gut«, antwortete der Mann, der sich Timo Nortamo nannte, mit müder Stimme. »Aber mit kleiner Verzögerung, hat man mir gesagt.«
    »Mit Verzögerung?«
    »Die Arbeit wird im Staatlichen Technischen Forschungszentrum in Otaniemi durchgeführt. Man musste die nötigen Leute holen. Der Schätzung nach werden die Ergebnisse irgendwann nach sieben Uhr vorliegen.«
    »Sie wissen, was passiert, wenn sie nicht fertig werden. Ist die Rundfunkverbindung bereit?«
    »Ja. Sagen Sie mir etwas davon, was Sie   …«
    »Öffnen Sie die Verbindung. Neben mir steht ein Kofferradio, aus dem ich in einer Minute meine Stimme zu hören hoffe.«
    Patrik schloss die Augen. Er begriff, dass er unbewusst seit Jahren auf diesen Moment gewartet hatte – auf den Moment, in dem er endlich mit seiner Vergangenheit aufräumen konnte. Und so konzentrierte er sich nun ausschließlich auf sich selbst, auf das, was er zu sagen hatte.
    Ein Pfeifton schallte aus dem Lautsprecher, und Herman drehte den Ton leiser. Dabei nahm er das Transistorradio in die Hand und ging ein paar Meter zur Seite.
    »
Good morning,

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