Ein Schlüssel für den Mörder
den Kopf und
blickte ihn beinahe wohlwollend an. »Komm zu mir her, Larry«, sagte er
freundlich. Muller trat gehorsam auf den hochlehnigen Sessel zu. »Nun gib mir deine Pistole«, befahl ihm der alte Mann.
Mit verständnislosem Gesicht
zog Muller eine gefährlich aussehende 357 Magnum aus
seinem Schulterholster und reichte sie ihm. Der alte Mann packte den Lauf mit
festem Griff. Den Bruchteil einer Sekunde später knallte der Kolben schmerzhaft
mitten auf Mullers Stirn, so daß er in die Knie ging.
»Vergiß nicht, Larry«, sagte
Meyer sanft, »daß du meine Entscheidungen nicht in Frage zu stellen hast .«
»Ja, Mr. Meyer«, sagte der
Bursche schwerfällig, während er beide Hände an die Stirn preßte und sich vor
Schmerzen hin und her wiegte.
»Sie hatte eine Freundin«, fuhr
Meyer fort, während er seinen Blick, so als ob nichts geschehen wäre, wieder
auf mich richtete. »Larry?«
» Kopek «,
sagte der Junge mit gedämpfter Stimme. »Jeannie Kopek .«
»Ja. Jeannie Kopek . Ich glaube, Sie sollten mit ihr reden, Holman —
diskret, genauso diskret, wie wir mit ihr reden mußten .«
»Wo finde ich sie ?« fragte ich, da es das nächstliegende war.
»Larry?«
Muller stand langsam auf und
blickte mich bösartig an. Die Beule auf seiner Stirn begann sich bereits zu
verfärben. Daß Meyer ihm einen Schlag verabreicht hatte, war eine Sache für
sich, aber daß ich Zeuge seiner Niederlage gewesen war, war wieder etwas
anderes. Etwas, das er mir nie verzeihen würde, dessen wurde ich mir mit einem
leeren Gefühl im Magen bewußt.
»Larry?« wiederholte Meyer mit
einer Spur von Ungeduld in der Stimme.
»Sie arbeitet in einem
Nepplokal in der Innenstadt«, sagte der Junge mit mürrischer Stimme. »Es heißt Der
Lebensfaden. Da hat sich jemand wenigstens einen passenden Namen für einen
solchen Bums ausgedacht .«
»Larry hat einen
ausgesprochenen Sinn für die feineren Dinge des Daseins«, murmelte Meyer.
»Sprechen Sie also mit dieser Kopek — aber
Diskretion, Holman. Vielleicht stellen Sie sich am besten als Freund von Larry
vor, sagen Sie ihr, er ließe ihr ausrichten, es sei in Ordnung, wenn sie sich
mit Ihnen unterhält .«
»Um Informationen zu bekommen,
kann ich vermutlich sogar behaupten, einen Freund wie Larry zu haben«, sagte
ich und sah, wie sich das Gesicht des Jungen wütend verzog.
FÜNFTES KAPITEL
E s war mir nicht bewußt gewesen,
wie hungrig ich war, bis ich beim Verlassen von Gene Meyers Haus auf meine Uhr
blickte und feststellte, daß es drei Uhr nachmittags war. Ich trank an der
Theke eines Drugstores einen Kaffee und aß ein Sandwich dazu, und als ich den Harem Club erreichte, war es Viertel
nach vier. Genau wie Stanton versprochen hatte, war »Holman« plötzlich das
Zauberwort, das mir innerhalb des Clubs überallhin Zutritt verschaffte. Die Houri -Bar öffnete erst um sieben Uhr abends,
aber sie war bereits fertig gerichtet und war bis auf die drei Männer auf dem
kleinen Podium in der gegenüberliegenden Ecke leer.
Der Trompeter lehnte gegen das
Klavier und machte einen überaus entspannten Eindruck, während er mit
geschlossenen Augen eine Cool-Jazz-Variation von I can’t get started auf seiner
Trompete spielte. Der Klavierspieler war bereits fertig und redete ernsthaft
auf den Baßgeiger ein, während sie langsam auf die
Tür zuschlenderten. Ich ging an ihnen vorbei, stellte mich oben an den Rand des
Podiums und lauschte auf die einzigartig gespielten Passagen, auf Grund deren
Pete Sebastian bereits fast zu den ganz Großen im Jazz zählte.
Er war ein gewaltiger Bursche —
gut einen Meter neunzig groß und gebaut wie ein Kraftwerk. Sein zerfurchtes,
schweres Gesicht, über dem sich eine Mähne schwarzen, wirren Haares bauschte,
hatte einen fast archaischen Ausdruck. Es war nicht schwer zu begreifen, daß er
einen Burschen wie Carter Stanton einfach dadurch zu Tode erschrecken konnte,
indem er ihn anblickte.
Der letzte Ton schwang sanft
aus, wie von selbst — ganz so, wie es bei einem Blues sein sollte.
»Das ist zauberhaft«, sagte ich
respektvoll.
Pete Sebastian senkte seine
Trompete und öffnete langsam die Augen. Der Ausdruck auf seinem Gesicht
besagte, daß er nicht im gerinsten beeindruckt war.
»Die Bar ist noch geschlossen,
Kumpel«, sagte er mit träger, tiefer Stimme. »Die einzige legitime Möglichkeit,
meine Musik hören zu können, besteht darin, dabei ihren lausigen Fusel zu
trinken. Auf diese Weise können Sie mir dafür, daß ich die ganze Nacht
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