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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
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lassen. Mike und ich taten so als ob. Der Austausch von Informationen hinsichtlich der Mordermittlung lieferte einen geeigneten Vorwand. Aber wem wollten wir etwas vormachen? Unsere Seelen waren nicht bei der Arbeit.
    Binnen zwei oder drei Minuten standen wir unter den bröselnden Sandsteinklippen. Die Ebbe hatte eingesetzt und eine Reihe von Höhlen mit feuchten, festen Sandböden freigegeben.
    »Was hältst du von der hier, Jaymie? Wenn wir klettern, finden wir sogar ein trockenes Plätzchen, an dem wir uns setzen können.«
    »Warum nicht?«, hörte ich mich sagen. Ich wusste, ich hatte gute Gründe, nicht zu nahe an den Burschen heranzugehen. Gründe, die mir anscheinend gerade entfallen waren.
    Das Meer hatte die Höhle gesäubert, dennoch waren neben dem kräftigen Salzwassergeruch auch Urindünste wahrnehmbar. Vor eineinhalb Jahrhunderten waren diese Höhlen von Schmugglern benutzt worden. Heute hingen hier gern Dealer herum. Kürzlich hatte ich gehört, die Harbor Patrol hätte einen Jugendlichen aus L.A. in einer dieser Höhlen festgenommen. Einen vierzehnjährigen, heroinabhängigen Jungen, der auf den Strich gegangen war.
    Ich wich den Seeanemonen aus, die sich vor dem Höhleneingang gesammelt hatten, und krabbelte auf einen Sandsteinbrocken hinauf. »Hey, versuch mal, mir nachzuklettern, aber ich warne dich: Ich bin die Königin der Anhöhe.«
    »Nein, du bist eine Prinzessin. Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter.«
    Ich lachte. »Du trägst aber ziemlich dick auf.«
    »Also gut, das reicht. Aus dem Weg, ich stürme die Festung.«
    »Mike, ich muss dir etwas erzählen«, sagte ich, als er sich schließlich neben mich quetschte. »Etwas über den Mordfall.«
    »Okay. Aber erzähl bitte alles, nicht nur die redigierte Fassung, die du mir gewöhnlich auftischst.«
    »Klar.« Ich bedachte ihn mit einem schlitzohrigen Grinsen. »Ich erzähle dir alles, was du wissen musst.«
    »Wie immer.« Mike lachte.
    »Im Ernst, hör zu. Hast du im Kindergarten auch das alte Lied gelernt, wo es heißt:  … geh durchs Fenster rein und raus, rein und raus, rein und raus … «
    »Das hat meine Mom mir immer vorgesungen. Sie hatte eine schöne Stimme … ähnlich wie deine.«
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Verlegen ging ich darüber hinweg. »Äh … ja. Gestern musste ich an dieses Lied denken. Es ist mir ganz spontan in den Sinn gekommen. Weißt du, ich habe da einen Fall mit einem entführten Hund …«
    »Du hast was?«
    Ich ignorierte die Zwischenfrage. »Dieser Hund – er gehört einer sehr reichen Klientin, wie ich hinzufügen möchte – wurde anscheinend durch ein Loch im Zaun von ihrem Grundstück geholt oder gelockt. Aber eigentlich glaube ich, es sollte nur so aussehen, als ob.«
    »Du meinst, der Hund wurde von jemandem gestohlen, der sich auf dem Grundstück aufgehalten hat?«
    »Du bist ein aufgewecktes Kerlchen«, zog ich ihn auf.
    »Klugscheißerin. Aber was hat das mit dem Mord an Lili Molina zu tun?«
    »Gar nichts. Aber es hat mir etwas vor Augen geführt.« Ich griff nach einer zerbrochenen Muschelschale und kratzte an dem feuchten Sandsteinbrocken. »Das Fenster war geschlossen, als die Mädchen Danny entdeckt haben. Geschlossen und verriegelt, nicht wahr? Aber wie ich dir schon erzählt habe, kann man erkennen, wo jemand von außen an dem Fenster herumgehebelt hat. Außerdem war der Sims sauber, so, als wäre ein Eindringling durch das Fenster geklettert.«
    »Richtig. Und das würde bedeuten, der Mörder ist von draußen gekommen und durch die Tür abgehauen. Da waren wir schon mal, Jaymie. Es hört sich nach jemandem an, der keinen Zutritt zu dem Gebäude hatte. Nach einem Fremden. Einem Fremden, der das Fenster von innen verriegelt hat, um den Eindruck zu vermitteln, dass der Täter bereits im Gebäude war. Und das wäre gut für Danny Armenta, richtig?«
    »Das ist das, was ich ursprünglich dachte. Aber dann ging mir dieses Lied durch den Kopf. Rein zum Fenster, raus aus dem Fenster … Verstehst du?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nur, dass du dir selbst widersprichst.«
    »Der Fensterrahmen, Mike. Das war viel zu offensichtlich.«
    Mike ächzte. »Jaymie …«
    »Nein, pass auf, ich sage dir, was meiner Meinung nach passiert ist. Zuerst wollte der Mörder uns glauben machen, er wäre zum Fenster reingekommen. Er wollte, dass wir annehmen, ein Fremder hätte das getan. Aber ich wette um was immer du willst, dass er das Lagerhaus durch eine Tür betreten

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