Ein schmutziges Spiel
ich freundlich. »Du hast ja einen hübschen kleinen Hund. Wie heißt sie?«
Der Junge tat einige weitere Schritte in unsere Richtung. Er war, wie ich erkannte, nicht viel älter als Chuy. Vielleicht ein Jahr.
»Chica.« Seine Miene spiegelte eine Mischung aus Freundlichkeit und Furcht. »Ich soll nicht mit fremden Leuten reden.«
»Wir bleiben nicht so lange. Wo hast du Chica her?«
»Meine Tía hat sie mir geschenkt.«
Chuy trat an den Lattenzaun. »Willst du … willst du … dass wir dir ein Kaugummieis holen?«
Mein Herz platzte beinahe vor Stolz.
»Du willst Minuets Eigentümerin also sagen, wo sie ihr Hündchen finden kann?« Mike streckte einen Arm auf der Rückenlehne der Sitzbank aus.
»Das sollte ich. Es ist immerhin ihr Hund, und sie liebt ihn. Und dann ist da noch der Zehntausend-Dollar-Vorschuss. Aber weißt du was? Der kleine Kerl braucht den Köter mehr als Mrs Steinreich.«
Vor uns lag nun der steile Hang hinauf nach Cuesta Grade, und Mike legte beide Hände auf das Lenkrad. »Willst du meine unbedeutende Meinung hören?«
»Das weißt du doch, Deputy.«
»Hab ein bisschen Vertrauen in die menschliche Natur. Erzähl deiner Klientin die ganze Geschichte und überlass ihr die Entscheidung.«
»Darlene Richter ist egozentrisch und verzogen. Aber ich glaube, du hast trotzdem recht.«
Die Straße wurde steiler und der Pick-up langsamer. Mike trat aufs Gas. »Du hast nicht viel Vertrauen in andere Menschen, was?«
»Nicht viel.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Nicht nach dem, was mit Brodie passiert ist.«
»Kann ich dir nicht vorwerfen.« Er griff nach meiner Hand und drückte sie. »Weißt du, ich erinnere mich immer noch, wie ich deinem Bruder das erste Mal begegnet bin – wenn man das so nennen kann. Brodie hatte seine Medikamente schon länger nicht genommen und war höllisch abgedreht. Habe ich dir die Geschichte je erzählt?«
»Ich glaube nicht.«
»Na ja, ich hatte einen Einsatz in Noleta: Irgendein Verrückter hatte einen Hund gestohlen. Wie sich herausgestellt hat, war es Brodie. Der Köter, der im Regen angebunden war, hat ihm leidgetan. Das Problem war, dass sein Frauchen ihn nur draußen gelassen hatte, während sie im Lebensmittelladen war. Sie ist ausgeflippt, als sie gesehen hat, wie so ein obdachloser Kerl mit ihrem Hund davonspaziert.« Mike lächelte. »Ich mochte deinen Bruder auf Anhieb, wusstest du das? Hab ihm einen Hamburger gekauft und ihn zurück in die Stadt gefahren.«
»Brodie zu mögen war nicht schwer.« Dann verfiel ich wieder in Schweigen und starrte die Berge an, die sich mit einem goldenen Pelz schmückten. Es war Juni, und das Frühlingsgras war inzwischen von der Sonne verbrannt. Allmählich entspannte ich mich wieder.
»Denkst du immer noch an Brodie?«, fragte Mike nach einer Weile.
»Eigentlich nicht. Schätze, ich übe mich in Zen.«
»Hauptsache, du denkst nicht an diesen Winkeladvoka ten.«
»Zave Carbonel?« Ich lachte unbehaglich auf. »Wie kommst du auf den? Ich habe dir doch gesagt, er ist nur ein Freund. Wegen dem mach ich mich nicht verrückt.«
»Hauptsache, ihr macht euch nicht gegenseitig verrückt.« Mike hatte versucht zu scherzen, aber seine Stimme hörte sich schroff an.
»Zave lässt sich nicht verrückt machen.«
»Du weißt, was ich meine.« Unbehagliches Schweigen breitete sich im Wagen aus.
Ja, mein Gewissen nagte an mir, und es sah ganz so aus, als müsste ich gewisse Teile meiner Beziehung zu Zave aufgeben. Ein Gedanke, der in mir ein gewisses sinnliches Bedauern auslöste.
»Hör zu, Mike.« Ich drückte seinen starken, muskulösen Arm durch das blaue Jeanshemd. »Von nun an ist Zave Carbonel niemand, um den du dir Sorgen machen musst.«
»Von nun an.« Er starrte stur geradeaus. »Also hattest du doch etwas mit dem Kerl.«
»Nicht so richtig … Willst du das wirklich wissen?«
»Vielleicht … nicht.« Mike räusperte sich. »Nicht, wenn du mir versprichst, dass das vorbei ist.«
Ich dachte daran, ihn zu necken, die ganze Sache ins Lächerliche zu ziehen. Aber mir wurde klar, dass ich das gar nicht wollte. »Du hast mein Wort.«
Nach ein paar angespannten Minuten ergriff Mike wieder das Wort: »Da wir gerade beim Eingemachten sind, da gibt es noch etwas, das ich dir sagen muss.«
Ich täuschte ein Ächzen vor. »Okay, was jetzt noch?«
»Diese Mordermittlung.« Er klopfte auf das Lenkrad. »Du musst vorsichtiger sein, Jaymie. Wenn der Mörder denkt, du bist ihm auf der Spur, dann könnte
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