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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Kopf ruhte an der Tür zum Leichenschauhaus.
    Das ist also meine Mannschaft, dachte Emmanuel, während er aus dem Schatten trat und sofort wieder der Kopfschmerz zustach. Das reetgedeckte Dach der Hütte blutete in den Himmel aus, und ihre weißen Mauern verschwammen im Gras, so dass ihm alles vorkam wie eine Kinderzeichnung mit Wasserfarben. Erneut drückte er mit der flachen Hand gegen den Augapfel, aber die verschwommene Sicht und die Qualen wollten nicht verschwinden. Wenn die Nacht kam, würden die Kopfschmerzen sich in einen heißen Lichtstrahl verwandeln, der das Auge komplett lahm legen würde. Nachdem die Untersuchung des toten Captains organisiert war, hatten die Schwestern Emmanuel eine dreifache Dosis Aspirin gegeben. Zwei Tabletten für sofort und eine, die er vor dem Zubettgehen mit einem Schluck Whisky herunterspülen konnte. Wo der Schnapsladen war, wusste er nun ja immerhin.
    »Schlafen im Dienst.« Emmanuel schlug Hansie unsanft auf die Schulter. »Das könnte ich melden, Hepple.«
    Hansie sprang in Habachtstellung, um seine Wachsamkeit unter Beweis zu stellen. »Ich habe gar nicht geschlafen, nur meine Augen ein bisschen ausgeruht«, beteuerte er. Dann entdeckte er Zweigman. »Was macht der denn hier? Ich dachte, Sie sind losgefahren, um die Söhne des Captains zu holen.«
    »Wir haben uns verfahren.« Emmanuel stieg über Hepple hinweg und schob die Tür zum Leichenschauhaus auf. Drinnen war es kühl und dunkel. Er warf einen Blick über die Schulter und sah Zweigman zu den Schwestern treten, die rot geworden waren und sich in Gegenwart des Mannes, den sie verraten hatten, unwohl zu fühlen schienen.
    »Schwester Angelina und Schwester Bernadette.« Der weißhaarige Deutsche machte nicht die geringste Andeutung, dass die Polizei ihn quasi zwangsverpflichtet hatte. »Würden Sie mir bitte zur Hand gehen?«
    »Ja, Herr Doktor«, antwortete Schwester Bernadette. »Bitte entschuldigen Sie uns einen Moment, wir bereiten alles vor.«
    Emmanuel sah den beiden Schwestern nach, wie sie die Kinder ins Hauptgebäude führten, wo sich kurz darauf schwarze und braune Gesichter an die Fensterscheiben drückten. Der nur für Weiße bestimmte Trakt war leer. Heute Nachmittag würden die Nicht-Weißen ihren Besuchern bestimmt etwas zu erzählen haben. »Der Captain, der Big-Boss-Man Pretorius, ist tot!«
    »Doktor?« Hansie war jetzt hellwach und funkelte Zweigman wütend an. »Das ist der alte Jude. Der ist kein Arzt. Er verkauft Bohnen an Kaffern und Farbige.«
    »Er besitzt die notwendige Qualifikation, um Eingeborene, Farbige und Tote zu untersuchen«, gab Emmanuel zurück, während er Zuflucht im dämmrigen Leichenschauhaus suchte. Das Pulsieren hinter seinem Auge nahm zwar ein wenig ab, aber nicht genug. Als er die Untersuchungslampen einschaltete, traten Hansie und Shabalala ein und postierten sich an der Wand. Dann kamen die Schwestern zurück, und er bat sie, ihm sofort ein Schmerzmittel zu geben. Unmöglich würde er sonst in diesem engen Leichenschauhaus die Untersuchung durchstehen, nicht bei dem grellen Licht, das die Leiche anstrahlte.
    Emmanuel schlug das Laken zurück und entblößte den uniformierten Körper des Captains. Zweigman sah aus, als würde er im nächsten Moment seinen Mageninhalt auf dem Betonboden verteilen. An den Knöcheln seiner Finger, die die Arzttasche umklammerten, trat das Weiße hervor.
    »Waren Sie mit dem Captain befreundet?«, fragte Emmanuel.
    »Wir waren miteinander bekannt.« Zweigman sprach nur mit halber Lautstärke, und der kehlige Akzent trat deutlicher zutage als vorher. »Eine Bekanntschaft, die, wie es scheint, ein abruptes Ende gefunden hat.«
    Emmanuel konzentrierte sich auf den Doktor. Allmählich kehrte die Farbe in Zweigman zurück, und mit roboterhafter Präzision begann er, einen Beistelltisch abzuräumen.
    »Also keine Freunde?«, fragte Emmanuel nach.
    »Es gibt nur wenige Weiße in der Stadt, die mich als ihren Freund bezeichnen würden«, erwiderte Zweigman, ohne sich umzudrehen. Ruhig krempelte er sich die Hemdsärmel hoch und ließ seine Arzttasche aufschnappen.
    »Und wieso?«
    »Erstens bin ich nicht auf einem der ersten Trekboer-Planwagen ins Land gekommen. Außerdem kapiere ich nicht, wie oder überhaupt warum man so etwas spielt wie Rugby.«
    Emmanuel schirmte seine Augen vor dem grellen Licht ab, um Zweigman besser sehen zu können. Der Kopfschmerz hinter dem Augapfel pochte mittlerweile wie verrückt. Dennoch entging ihm nicht, wie Zweigmans

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