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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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direkt am Rand vom holländischen Viertel.«
    Emmanuel winkte allen zum Abschied und trabte hinter Anton und Harry den Pfad entlang. Als Erstes würden er und Shabalala morgen früh Donny einen Besuch abstatten, und diesmal würden der Rotschopf und seine minderjährige Frau die Wahrheit sagen. Diesmal würde er Donny einen echten Grund zum Flennen geben.
    »Das Protea Guesthouse ist da hinten rechts.« Anton leuchtete mit der Taschenlampe auf einen schmalen Fußpfad zwischen zwei Häusern. »Es wäre besser, wenn Sie allein weitergingen. Dieser Teil der Stadt ist für uns nachts tabu.«
    »Danke.« Emmanuel schüttelte Anton die Hand und sah ihm nach, wie er mit Harry im Schlepptau im Busch verschwand. Die Stimme des alten Soldaten wehte herüber, es war seine leise, brüchige Interpretation von »It’s a Long Way to Tipparary«.
    Emmanuel folgte dem Fußpfad und erreichte den Garten des Protea Guesthouse. Der farbige Mechaniker hatte ihn vor Prügeln und Schlimmerem bewahrt. Donny würde nicht soviel Glück haben. Die Fliegengittertür ächzte, und im nächsten Moment erhaschte sein Blick etwas Weißes. Zwischen der Tür und den Maschen klemmte ein Zettel. Er zog ihn heraus. Sein nächtlicher Besucher hatte ihm ein Geschenk hinterlassen. Das Mondlicht fiel auf das Blatt. Zwei Wörter in schwarzer Tinte standen darauf: Elliot King.

5
    Die rostige Eisentür gab nach, und Emmanuel war drin. Er duckte sich ins Halbdunkel des Schuppens und sah sie schlafend in einer Ecke liegen, Donny Rooke zwischen seinen beiden Frauen. Der Kopf war hochgereckt wie bei einem Walross, das seinen Harem mit einem rumpelnden Schnarchen beschützt. Noch bevor Donny die Augen aufgeschlagen hatte, war Emmanuel auch schon bei ihm. Er packte den Rotschopf an der Kehle und hob ihn aus seinem verwahrlosten Bett. Unter der Decke waberte der Gestank ungewaschener Körper hervor. Als er Donny aus dem Bett riss und nackt an der Wand festnagelte, hörte er die Mädchen aufkreischen.
    »Sie haben mich angelogen, Donny.«
    »Lassen Sie ihn in Ruhe!«, schrie die Ältere angriffslustig. Emmanuel spürte ihre Faustschläge auf seinem Rücken, dann hörte er die wütend in der Luft strampelnden Arme und Beine. Er konzentrierte sich weiter auf Donny, während Shabalala die tobende Göre hochhob.
    »Sie haben mich angelogen«, wiederholte Emmanuel ruhig und lockerte seinen Griff um Donnys Hals ein wenig. »Warum haben Sie gelogen?«
    »Angst …«, röchelte Donny.
    »Das war gestern schon Ihre Entschuldigung fürs Weglaufen. Heute müssen Sie mir schon etwas Überzeugenderes liefern, sonst gebe ich Ihnen wirklich Grund, sich zu fürchten. Haben Sie mich verstanden, Donny?«
    »Bitte …«
    »Sie da! Englischer!« Diesmal war es das andere Mädchen.
    »Sagen Sie dem Kaffer, er soll die Finger von mir nehmen. Der darf mich nicht anfassen. Das ist gegen das Gesetz.«
    Emmanuel stieß Donny in einen Sessel und drehte sich zu dem Mädchen um, das nackt auf dem Sofa saß. Shabalala stand hinter ihr, eine Hand ruhte fest auf ihrer Schulter. Die kurios väterliche Szene wurde ad absurdum geführt durch die in groteskem Winkel nach oben abgeknickte Hüftpartie des Mädchens, die alles, was sich zwischen ihren Schenkeln befand, seinem Blick preisgab.
    »Machen Sie die Beine zu.« Emmanuel hob ein dünnes Laken auf, das zu Boden gefallen war, und warf es dem Mädchen über den Schoß. Dann wandte er sich wieder Donny zu. »Wollen Sie mir jetzt die Wahrheit sagen, oder soll ich Ihrer Erinnerung erst ein bisschen auf die Sprünge helfen?«
    »Nein.« Donny kauerte in seinem Sessel. »Ich hatte gestern zu viel Angst, um es Ihnen zu erzählen. Ich schwöre bei Gott.«
    »Warum?«
    »Ich wusste doch, dass es mich nicht gut dastehen ließ. Dass ich der Letzte gewesen bin, der Captain Pretorius in der Stadt begegnet ist.«
    »Im Schnapsladen?«
    »Nein«, widersprach Donny. »Auf dem Kaffernpfad, der hinter den Häusern von den Farbigen vorbeiführt.«
    Emmanuel zog einen Stuhl heran und setzte sich Donny gegenüber. Der Stuhl neigte sich windschief zur Seite, wackelig wie alles in Donnys Leben. Emmanuel klaubte ein hingeworfenes Hemd vom Boden auf und reichte es dem nackten Mann.
    »Das war am Mittwoch«, begann er wieder.
    »Ja. Einmal die Woche gehe ich in die Stadt und besorge meine Vorräte. An dem Tag war ich spät dran, und als ich bei Tinys Laden ankam, war es schon Abend.« Donny unterbrach sich und streifte das Hemd über seinen zerschundenen Oberkörper. Das

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