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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Donny war geradezu ausgelassen vor Erleichterung. »Alles, was ich gesagt habe, ist so wahr wie die Bibel. Das schwöre ich beim Grab meiner Mutter.«
    Emmanuel folgte Shabalala hinaus. Als er an dem älteren Mädchen vorbeikam, warf sie ihm einen verächtlichen Blick zu.
    »Schwanzlutscher«, höhnte sie auf Afrikaans. Sie war sich sicher, dass der englische Detective nicht auf Mädchen stand. Emmanuel erwiderte nichts, sondern trat einfach hinaus ins Sonnenlicht.
    Donny folgte ihnen zum Wagen, das Hemd flatterte wie eine Zeltbahn. »Detective, wenn Sie meinen Fotoapparat finden …«
    Emmanuel zog knallend die Wagentür zu und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. »Dann bringe ich ihn Ihnen vorbei, versprochen«, sagte er, legte den ersten Gang ein und gab Gas. Bald lagen Donny und sein armseliger, staubiger Hof hinter ihnen.
    »Ist der Captain öfter rabiat geworden?«
    »Nein«, antwortete Shabalala mit Nachdruck.
    »Und warum dann bei Donny?«
    »Der da!« Shabalala wies mit dem Daumen zurück auf Donnys kleiner werdende Gestalt. »Der ist zur Wache gekommen und hat von Captain Pretorius seinen Fotoapparat zurückverlangt. Der Captain hat ihm gesagt, dass er ihn nicht hat, und Rooke hat ihn als Lügner und Dieb beschimpft.«
    »Hat Captain Pretorius ihn ein bisschen versohlt.«
    »Nein, aber ich könnte mir vorstellen, dass er sich gemerkt hat, was der Mann gesagt hat.«
    Emmanuel bog auf die Hauptstraße ein, die zurück nach Jacob’s Rest führte. Er sah die kaputten Fingerknöchel des Captains genauso vor sich wie die Gesichter der Leute von Jacob’s Rest, als er sie auf ihren ermordeten Polizeichef angesprochen hatte. Rechtschaffen und aufrecht waren die beiden am meisten gebrauchten Wörter gewesen. Allerdings hielten die Rechtschaffenen auch viel von Strafe und Vergeltung.
     
    »Hoch hier!«, rief Emmanuel dem verheulten Hansie zu, der daraufhin auf den Kotflügel des Wagens sprang. »Sagen Sie mir, wenn Sie ihn sehen.«
    Hansie rieb sich die verquollenen Lider und blinzelte in Richtung der Menge, die vom Friedhof der Niederländisch-Reformierten Kirche strömte. Zuerst kamen die Schwarzen, die am Rand der Trauergemeinde gestanden hatten, dann die Farbigen und schließlich der innere Kreis der Weißen. Der ganze Bezirk hatte sich zur Beerdigung eingefunden. Jeder Zentimeter der Straße, die zur Kirche hinaufführte, war von Fahrrädern, Autos und Traktoren zugeparkt, mit denen die Leute von den umliegenden Farmen hergefahren waren. Noch weit mehr Schwarze waren zu Fuß aus der Location in die Stadt gekommen. Der Tod des Captains hatte Jacob’s Rest in eine geschäftige Großstadt verwandelt.
    »Und?«, drängelte Emmanuel. Shabalala war in die Ehrengarde der Familie Pretorius eingeladen worden, wodurch Hansie nunmehr der einzige verbliebene örtliche Vertreter der Aufklärungsarbeit war. Emmanuel musste bei dem Gedanken beinahe lachen.
    »Ich kann ihn nicht sehen«, rief Hansie. »Vielleicht ist er nicht gekommen.«
    »Wenn er noch lebt, ist er auch da. Halten Sie weiter Ausschau.«
    »Tu ich ja« , maulte Hansie, während die Menge vom Friedhof drängte. Emmanuel folgte Hansies stierem Blick auf eine üppige Brünette, die gerade die Straße herunterkam. »Ist das da Elliot King, mit den braunen Haaren und den großen Brüsten?«
    »Nein«, stotterte der junge Polizist überrascht. »Mr. King ist doch blond.«
    Emmanuel suchte in Hansies Gesicht nach einem Zeichen, dass dies ein Witz gewesen war. Doch in den eng zusammenstehenden Augen blitzte nichts auf, nur die schülerhafte Gier nach der Lustgrotte. Eine kraftvolle Mischung aus Trauer und Verlangen hatte einem Gehirn ohne Notstrom den letzten Saft entzogen.
    »Gehen Sie!«, befahl Emmanuel. Es wurde Zeit, dass er Ballast abwarf und sich einen anderen Ortskundigen suchte. Hansie war nicht brauchbarer als ein blinder Kanarienvogel. »Wir treffen uns später am Nachmittag auf der Wache.«
    Noch bevor er den Satz beendet hatte, war Hansie schon unten und drängelte sich durch die Menge. Die vollbusige Brünette war noch auf dem Kirchengelände, als der ranghöchste Polizist von Jacob’s Rest, der 18-jährige Hansie Hepple, ihr eine Hand auf die Schulter legte.
    Wenigstens spürt er noch was, dachte Emmanuel und suchte dabei die Menschenmasse nach einem blonden, flachbrüstigen Mann ab. In einer Gruppe Farbiger entdeckte er Anton, den besonnenen Mechaniker, der ihm die Tracht Prügel erspart hatte. Er winkte ihn herbei.
    »Elliot King«, sagte er,

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