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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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sauertöpfischen Geistlichen, das Orakel der Afrikaander, eigentlich nur als schon älteren Mann mit zerfurchter Stirn und Feuer in den Augen, doch selbst in seiner Jugend hatte der niemals lächelnde Frikkie schon ausgesehen wie einer, der die Welt zum Guten zwingen wollte.
    Was hätte van Brandenburg wohl über die Familie seiner Tochter gedacht? Über das Mamasöhnchen Louis, den Brandstifter Erich und den Schwindler Willem, die alle Blutsverwandte von ihm waren? Würde Frikkie stolz auf sie sein oder vielleicht doch gelegentlich seine Zweifel haben, ob das Volk der Afrikaander wirklich dem Rest der Menschheit überlegen war?
    Emmanuel stellte die Fotografie zurück an ihren Platz und ging weiter zur Küche, wo ein jüngeres Dienstmädchen gerade das Teeservice richtete.
    »Sawubona.« Er wünschte den Mädchen einen guten Morgen und trat hinaus auf die mit Weinreben bewachsene Veranda. Mrs. Pretorius winkte ihn an einen Tisch, von dem aus man auf einen kleinen Gemüsegarten neben dem Haus blickte. Ein Garten-Boy, ein gedrungener Mann Mitte dreißig, jätete Unkraut und grub die Erde mit einer Mistgabel um.
    Emmanuel setzte sich Mrs. Pretorius gegenüber und legte die Polizeiakte auf den Boden. Das Buch behielt er in seiner Jackentasche. Das junge schwarze Dienstmädchen kam mit dem Teeservice heraus und stellte es auf den Tisch, dann verschwand sie wieder im Haus.
    »Wie möchten Sie Ihren Tee, Detective?«, fragte Mrs. Pretorius.
    »Mit Milch, ohne Zucker«, antwortete er und musterte dabei die Frau des dahingeschiedenen Willem Pretorius. Sie besaß eine kultivierte Schönheit. Trotz ihres stählernen Kerns war nichts Kantiges an ihr.
    »Sie haben einen wunderschönen Garten«, bemerkte Emmanuel und nahm den Tee entgegen. Er wusste, dies würde das erste und letzte Mal sein, dass er die Frau des Captains so nah vor die Flinte bekam.
    »Mein Vater war Gärtner«, sagte sie. »Er glaubte, dass man mit Gottes Hilfe und harter Arbeit hier auf Erden einen Garten Eden erschaffen kann.«
    »Ich dachte, Ihr Vater sei Pastor gewesen. Sogar ein sehr bekannter.«
    Sie errötete leicht und unternahm einen halbherzigen Versuch, den Hinweis auf ihren berühmten Vater beiseitezuschieben. »Pa hat sich nicht darum geschert, was über ihn geschrieben wurde. Lieber arbeitete er in seinem Obstgarten, als dass er vor einem Saal voller Menschen sprach.«
    Wie so vielen Mächtigen schien man auch Frikkie van Brandenburg seine Bedeutsamkeit geradezu aufgezwungen zu haben.
    »War er etwa ein Stubenhocker?«, fragte Emmanuel scherzhaft. In den neueren Geschichtsbüchern wurde ganz explizit über den Eifer geschrieben, mit dem van Brandenburg die Botschaft von der Überlegenheit und Erlösung der Weißen hinausgerufen hatte. Keine Versammlung war zu klein oder zu unbedeutend gewesen, keine Stadt zu entlegen, um dem Evangelium des Frikkie zu entgehen. Der große Prophet bereiste sie alle.
    »Wann immer er konnte, war er zu Hause. Wir wussten ja, wie wichtig seine Arbeit für das Land war. Vier meiner Brüder sind in seine Fußstapfen getreten und Pastoren der Holländisch-Reformierten Kirche geworden. Meine beiden Schwestern haben ebenfalls Pastoren geheiratet.«
    »Dann sind Sie ja ziemlich aus der Reihe gefallen.«
    »Durchaus nicht«, antwortete Mrs. Pretorius. »Willem hätte sehr gut Pastor unserer Kirche werden können. Die Kraft dazu hatte er, aber er wurde nicht berufen.«
    »Verstehe«, sagte Emmanuel. Vielleicht hatte der Captain schon in jungen Jahren erkannt, dass der Pfad moralischer Aufrichtigkeit nichts für ihn war. Einen kleinen Porno-Ganoven mit bloßen Fäusten zu verprügeln gehörte nun einmal nicht zu den Pflichten eines Pastors, noch war Himmlische Freuden Pflichtlektüre im Seminar.
    »Louis wird aber wieder Pastor werden«, berichtete Mrs. Pretorius stolz. »Er ist gerade im ersten Jahr am Theologischen Institut.«
    Emmanuel verbarg seine Überraschung. Nachdem er Zeuge geworden war, wie Louis Tiny um Schnaps und Drogen angegangen war, konnte er sich ihn nur schwer vorstellen, wie er eine Gemeinde führte und die christliche Botschaft unters Volk brachte.
    »Was macht er dann zu Hause?« Es war gar keine Ferienzeit, an allen Schulen und Colleges wurde noch unterrichtet. Die Sommerferien fingen erst Ende Dezember an.
    Mrs. Pretorius nippte an ihrem Tee und ließ sich Zeit mit der Antwort. Sie brauchte einen Moment, um die richtigen Worte zu finden.
    »Louis will an dem neuen Bund unseres Volkes mit Gott

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