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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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zu gefährden.
    Wie der Geist von Willem Pretorius ging Emmanuel zu Harrys Hintertür, klopfte zweimal und schob den in Durban aufgegebenen Brief in das schäbige Zimmer des alten Soldaten. Dann machte er sich – genau wie es der brave Captain getan hatte – schnell aus dem Staub und lief auf dem Pfad zurück.
    Dunkelheit umfing ihn. Hier und da blieb er stehen und hörte auf die Stimmen, die aus den Hinterzimmern drangen. Ein abendliches Tischgebet, ein Streit, das Weinen eines verstörten Kindes … Die Menschen von Jacob’s Rest bereiteten sich auf den Abschied von einem weiteren Tag vor.
    Als er die schachbrettartig angeordneten Häuser der Farbigen erreichte, lehnte er sich noch einmal an das verriegelte Tor von Granny Mariahs Hinterhof und stellte sich Davidas kleines Zimmer vor, umgeben von Kräutern und Blumen. Emmanuel lauschte auf das Rascheln der Eukalyptusblätter.
    Irgendwo hörte er im Unterholz ein Geräusch wie von einer schleichenden Katze, dann war es wieder still. Wie angewurzelt blieb er stehen. In der Dunkelheit hörte er einen zweiten Schritt, diesmal näher. Irgendetwas oder irgendjemand bewegte sich langsam auf ihn zu. Er lehnte sich vor, und das Tor fiel mit einem lauten Klicken ins Schloss.
    Emmanuel sprang in die Richtung, aus der die Geräusche gekommen waren. Im Dunkeln hörte er ein Keuchen und bemerkte, wie irgendetwas weghuschte. Blitzschnell rollte er sich vom Pfad und drehte sich um die eigene Achse, um festzustellen, aus welcher Richtung die fliehenden Geräusche kamen. Nichts rührte sich mehr, er hörte nur noch das Rascheln des Grases und der Blätter. Leise atmete er aus und ließ sich von der Nacht umfangen. Im Schatten der Dunkelheit spürte er ganz in der Nähe die Gegenwart eines Menschen. Irgendwer hockte da draußen im Busch und beobachtete ihn.
     
    Um zwanzig nach neun am nächsten Morgen betrat Emmanuel die Polizeistation und war nach dem Verhör von Erich Pretorius auf alles gefasst. Doch statt der erwarteten Attacke sah er nur, dass die Geheimpolizisten und der Elitesoldat Paul sich um den Schreibtisch des Captains versammelt hatten. Das Telefon klingelte, und Piet sprang auf, um abzunehmen.
    »Ja?«, sagte er. Er klopfte dabei eine neue Zigarette aus seinem Päckchen und schob sie sich in den Mundwinkel. Paul und Dickie spitzten die Ohren.
    Emmanuel beobachtete die Szene. Es lag eine solche Spannung in der Luft, dass irgendetwas los sein musste. Offenbar stand die Security Branch vor dem großen Durchbruch.
    »Ihr unternehmt gar nichts.« Piet saugte das Nikotin aus seiner Zigarette. »Wir sind in drei Stunden da. Ihr wartet auf uns, verstanden!«
    Er knallte den Hörer auf die Gabel und drehte sich hastig zu Dickie um.
    »Geh ins Hotel und pack unsere Sachen. Wir fahren heute Abend noch los.« Dann wandte er sich zu Paul um. »Kommen Sie mit?«
    »Das würde ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen.« Der hünenhafte Soldat war voller Tatendrang, erwartungsvoll quollen seine Hals- und Rückenmuskeln hervor.
    »Packen Sie nur für eine Nacht!«, wies Piet ihn an. »Wir bringen das Paket morgen im Verlauf des Tages hierher. Und schön unauffällig.«
    Emmanuel drückte sich von der Wand ab und näherte sich der Kommandozentrale. Er wollte sich möglichst in einem Rutsch zurückmelden und wieder abmelden. Der Grenzübergang nach Mosambik lag nur einige Minuten entfernt.
    »Kann ich irgendwie helfen?«, fragte er die Geheimdiensttruppe.
    Piet stieß eine Rauchwolke aus. »Wo sind Sie gewesen?«
    »Ermittlungen in dem Sexualfall. Ich verfolge gerade die Spur eines Verdächtigen, der in Lorenzo Marques wohnt. Handelsvertreter für Unterwäsche.«
    Piets Augen wurden zu Schlitzen, und Emmanuel fragte sich, ob er es mit der Bemerkung über die Unterwäsche vielleicht übertrieben hatte. Der Beamte der Security Branch musterte ihn einen Moment und versuchte zu erahnen, was hinter der Spur nach Mosambik alles stecken konnte.
    In dem Moment klingelte das Telefon. Noch bevor Dickie und Paul eine Chance hatten, nahm Piet selbst ab. Pocken-Piet hatte einfach zu gern das Kommando.
    »Ihr unternehmt gar nichts!«, zischte er ins Telefon. »Ihr bleibt nur dran und haltet die Augen offen, mehr nicht. Wir leiten die Operation, sobald wir da sind.«
    Piet knallte den Hörer auf und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Emmanuel zu. Sein Lächeln wirkte in seinem vernarbten Gesicht wie ein tückischer Graben.
    »Ich hoffe für Sie, dass diese Stippvisite in Mosambik auch wirklich

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