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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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holen. Ein spindeldürrer Junge rannte auf ihn zu.
    »Krabben, Bier, Peri-Peri-Huhn? Was auch immer der Baas möchte – ich besorge es«, versprach der Kleine. Den letzten Satz begleitete er mit einem Zwinkern und einem anzüglichen Grinsen, das zwei fehlende Zähne offenbarte. Der Junge war etwa sieben Jahre alt und kannte sich schon mit weißen Männern aus, die auf der Suche nach verbotenen Freuden waren.
    Emmanuel zog den Namen des Fotoateliers aus der Jackentasche und las ihn laut vor. Es war kaum wahrscheinlich, dass sein weltgewandter kleiner Führer mit seinen dünnen Beinchen lesen und schreiben konnte. Seine Schule war die Straße.
    »Das Fotoatelier Carlos Fernandez – weißt du, wo das ist?«
    Der Junge warf sich in die Brust. »Ich kenne alles in Lorenzo Marques. Für nur fünfzig Cent bringe ich Sie hin, Baas.«
    Emmanuel kramte 25 Cent hervor und gab sie dem Jungen. »Die Hälfte jetzt, die andere, wenn wir beim Atelier sind, okay?«
    »Kommen Sie!« Der Junge winkte ihn an der Strandpromenade und einer Verkaufsbude für Eis, gegrillten Mais und wertlosen Schmuck vorbei. In den Straßen pulsierte das Leben, und zum ersten Mal, seit er den im Fluss treibenden Captain Pretorius gefunden hatte, fühlte Emmanuel sich entspannt.
    Sie überquerten eine breite, von Flammenbäumen und Jacarandas gesäumte Allee und liefen dann an einem Straßenmarkt mit frischem Obst und Fisch vorbei. Ein Stück weiter bog sein kleiner Führer zuerst nach links und dann sofort wieder nach rechts ab. Sie standen vor einem unauffälligen Gebäude ohne Straßennummer oder Geschäftsschild. Die altmodische leichte Boxkamera, die vor einem verstaubten blauen Samtvorhang im Schaufenster lag, war der einzige Hinweis darauf, um was es sich hier handelte.
    Emmanuel gab dem Führer sein restliches Geld und schob die Tür zum Fotoladen auf. Hinter der niedrigen Holztheke saß ein korpulenter Portugiese, der auf dem Kopf ein fettiges schwarzes Toupet und um den wulstigen Hals ein halbes Dutzend Goldkettchen zur Schau trug. Lächelnd öffnete er den Mund und zeigte seine Silber- und Goldplomben.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?« Der schmierige, fette Mann hörte sich an, als sei seine Luftröhre voller Kieselsteine.
    »Ich bin hier, um die Lieferung für Willem Pretorius abzuholen«, sagte Emmanuel. »Er ist verhindert und kann diesen Monat nicht selbst kommen.«
    Der Portugiese strich sich über die schwabbeligen Falten an seinem Hals und tat so, als dächte er nach. »Pretorius? Der Name sagt mir nichts.«
    »Das hier ist doch das Fotoatelier Fernandez, oder?« Emmanuel blieb ruhig und ließ sich nicht abwimmeln.
    »Natürlich. Aber trotzdem kenne ich den Mann nicht, für den Sie etwas abholen wollen.«
    »Er ist groß, hat eine verbogene Nase und kurzes blondes Haar.«
    Jetzt spielte Fernandez mit den Goldkettchen an seinem Hals. Sein grünes Seidenhemd war so weit aufgeknöpft, dass es seine üppigen Männerbrüste entblößte.
    »Nein.« Der Mann mit dem Toupet schüttelte den Kopf. »An so einen Mann kann ich mich nicht erinnern.«
    »Vielleicht kann sich sonst jemand, der hier arbeitet, an ihn erinnern. Ich werde meines Lebens nicht mehr froh, wenn ich ohne seine Bilder zurückkomme, und das hier ist die Adresse, die er mir gegeben hat.«
    »Achmed«, quäkte der portugiesische Ochsenfrosch laut. »Achmed!«
    Ein drahtiger, dunkelhaariger Mann mit nervösen Seehundaugen kam aus einem Hinterzimmer gerannt und nahm hinter Mr. Fernandez’ Schultern Deckung. Der Neue, der aussah wie eine Mischung aus Araber und Schwarzafrikaner, trug einen weißen Laborkittel und roch nach Chemikalien und Schweiß. Auf seinem Hinterkopf saß ein mit vier übergroßen Haarnadeln befestigtes Käppi.
    »Achmed, dieser Herr fragt nach einer Bestellung für einen …« Fernandez legte eine Kunstpause ein und sah Emmanuel hilfesuchend an.
    »Willem Pretorius. Ein großer Mann mit gebrochener Nase«, wiederholte Emmanuel die Beschreibung für Achmed, dessen Augen unruhig im Zimmer herumwanderten, ohne einen bestimmten Punkt zu fixieren.
    »Mr. Fernandez?« Achmed tippte seinem Chef mit gelbfleckigen Fingern auf die Schulter und wartete ergeben darauf, dass man ihm Aufmerksamkeit schenkte.
    Fernandez wuchtete seinen schweren Körper herum und glotzte seinen Mitarbeiter an. »Beantworten Sie die Frage des Herrn, damit er weiß, dass er sich am falschen Ort befindet.«
    »Die Samosas. Rosa hat Samosas und Kaffee gebracht. Beides noch warm.«
    Animiert durch

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