Ein Schöner Ort Zum Sterben
Stuhl hinderte sie nicht daran, wie Adeline bemerkte. Er ruhte auf einer Art Spindel, wie ein altmodischer Piano-Hocker. Die Frau sah auf eine spröde Art gut aus, nicht blass und bleich wie die Frau im Spiegel, sondern jung und gesund.
»Addy?« Die fremde Frau stand auf.
»Was zur Hölle – Sie haben mich erschreckt! Was machen Sie hier?« Sie starrte ihre unerwartete Besucherin an.
»Addy, ist alles in Ordnung mit Ihnen? Sie sehen … wo steckt Prue?« Ihre Stimme klang zunehmend schärfer.
»Prue schläft«, sagte Adeline.
»Ich möchte zu meinem Mann. Wo ist er?«
»Er ist in die Stadt gefahren. Warum kehren Sie nicht in Ihren Teil des Hauses zurück, und ich suche in der Zwischenzeit nach Prue?« Die Blondine schob sich an Adeline vorbei und ging in Richtung Tür. Allmählich machte sie Adeline wütend.
»Ich bin gekommen, um mit meinem Mann Tee zu trinken. Wir können hier Tee trinken. Ich habe Teegeschirr in der Kochküche gesehen.«
»Verdammt«, murmelte die andere zu sich selbst,
»sie ist völlig übergeschnappt! Ich wusste es!« Sie hob die Stimme.
»Kommen Sie, Adeline. Ich bringe Sie zurück in Ihren Teil des Hauses.« Adelines schmale Gesichtszüge wurden hart.
»Das Ganze hier ist mein Haus! Nicht nur ein Teil davon. Alles! Ich kann hingehen, wohin ich will! Es gehört alles mir!« Erkenntnis blitzte in den tiefliegenden Augen auf.
»Ich weiß, wer Sie sind!«
»Ganz ruhig, Addy.« Ihr Gegenüber streckte eine Hand aus. Adelines Kopf schoss auf dem langen dünnen Hals vor wie der einer Schlange.
»Wo steckt Matthew? Wo ist mein Ehemann? Was haben Sie mit ihm gemacht? Wo ist meine Toch ter?«
»Sicher, das Ganze hier ist Ihr Haus. Aber ganz bestimmt würden Sie viel lieber Tee in Ihrem eigenen Salon trinken, oder nicht? Es ist viel gemütlicher dort. Matthew wird zu Ihnen kommen, sobald er aus der Stadt zurück ist.« Sie zögerte, dann wandte sie sich um und ging zur Tür.
»Kommen Sie, Adeline.« Adelines Blick flackerte durch den Raum und blieb schließlich an einem großen Metallstempel auf dem Schreibtisch hängen. Sie streckte die dünne Hand danach aus. Die Blondine war bei der Tür angekommen und blickte sich beiläufig um, ob Adeline ihr folgte. Adeline sprang vor, den Arm hoch erhoben, mit dem Stempel in der Hand. Das Gesicht zu einer Fratze verzerrt und mit gebleckten Zähnen kreischte sie:
»Ich weiß, wer du bist! Du bist die, die mir mein Haus und meinen Mann wegnehmen will! Aber du wirst sie nicht bekommen! Sie gehören mir, und du wirst sie mir nicht wegnehmen. Das werde ich nicht zulassen!« Sie sah das Entsetzen in dem bemalten Gesicht und den Schrecken in den bleichen Augen. Die Blondine riss beide Arme hoch und packte die Hände ihrer Angreiferin. Doch Adeline lachte nur laut auf, weil der Versuch so vergeblich war. Sie fühlte sich so stark, stärker als jemals zuvor. Ihre Arme waren wie Stahl, und sie riss sich verächtlich los. Die Wucht der Bewegung ließ die andere Frau auf ihren Stöckelschuhen zurückstolpern. Adeline schlug zu und sah, wie der Stempel die Schläfe der Frau traf. Sie sah rotes Blut über das verhasste Gesicht laufen, sah, wie die bleichen Augen stumpf wurden. Mit einem Gefühl des Triumphs, der jede Faser ihres Körpers durchströmte, stand Adeline über Maria, als diese zu ihren Füßen zusammenbrach und sich auf dem Teppich eine Lache von dunklem klebrigen Blut bildete.
Matthew Conway befand sich auf dem Weg nach Hause. Er hatte seine Auseinandersetzung mit Josh Sanderson und Markby noch immer vor Augen. Er war wütend, über die beiden und über sich selbst, und er war sich bewusst, dass er die Angelegenheit völlig falsch angepackt hatte. Eingebracht hatte es ihm nichts, außer dem Verdacht des Chief Inspectors.
Doch der Drang, den Jungen zur Rede zu stellen, war zu stark gewesen, die schwelende Wut in ihm zu wild, um sie zu ignorieren. Er hatte Josh vom Schultor bis zum Park verfolgt, und er hatte versteckt hinter den Büschen zugesehen, wie der elende Junge auf der Schaukel und der Spielrakete gespielt – gespielt! – hatte. Ein großer schlaksiger Junge in diesem Alter trieb hinter dem Rücken des Parkwächters seinen Schabernack, als hätte er keine anderen Probleme in der Welt. Und Katie war tot. Gott allein wusste, welche Rolle dieser Junge dabei gespielt hatte – und ihr Tod war so unbedeutend für den kleinen Bastard, dass er sich auf dem Kinderspielplatz herumtrieb! Der Junge war ein Monster!
Selbst jetzt noch wurde
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