Ein Schöner Ort Zum Sterben
Vielleicht hatte seine Tochter die Härte von ihm geerbt. Auf jeden Fall brauten sich im Haushalt der Conways Probleme zusammen. Doch das alles hatte nichts mit Meredith zu tun, und sie war nicht sicher, ob sie die Briefkastentante spielen wollte. Sie wollte ihre Küche streichen. Meredith blickte nach oben zu den trocknenden Farbrändern.
»Versuch, laute Schreiereien zu vermeiden«, riet sie Katie.
»Bleib bei deinen Argumenten, aber sei leise und logisch. Mehr kann ich dir wirklich nicht dazu sagen.«
»Aber das funktioniert nicht!«, entgegnete Katie leidenschaftlich.
»Was soll ich nur machen? Ich kann nur versuchen, sie zu schockieren, damit sie mir zuhören! Ich habe eine Menge Dinge getan, die sie schockieren würden, wenn sie es wüssten.« In Meredith regte sich Unruhe.
»Was für Dinge?«
»Oh, Dinge eben.« Katie war plötzlich wieder schüchtern.
»Aber meine Eltern wissen nichts davon.«
»Warum hast du sie dann getan?«
»Ich konnte nicht anders! Ich wollte … ich wollte ausbrechen und Empörung erregen, deswegen … deswegen hab ich es gemacht. Aber ich kann meinen Eltern nicht wehtun, und wenn ich es noch so sehr will! Ich liebe beide. Alles ist so schrecklich kompliziert.«
»Katie«, sagte Meredith langsam,
»du hast keine wirklichen Dummheiten gemacht, oder? Drogen genommen?« Katie blickte sie störrisch an und schwieg.
»Falls ja, dann hör auf damit. Du magst vielleicht glauben, dass du Probleme hast, aber glaub mir, sie sind nichts im Vergleich zu den Problemen, mit denen du konfrontiert sein wirst, wenn du dich von diesem Teufelszeug abhängig machst.«
»Ich weiß.«
»Dann ist es ja gut.« Meredith trug die Becher zum Spülbecken und wusch sie ab. Während sie das Geschirr zum Abtropfen hinstellte, sagte sie:
»Es tut mir Leid, Katie. Es klingt, als wäre das Leben zu Hause für dich schwierig, aber was sonst kann ich sagen oder tun?« Zögernd erwiderte Katie:
»Ich dachte, Sie könnten vielleicht hingehen und mit meinen Eltern reden?«
»Ich?« Meredith wirbelte herum.
»Deine Eltern kennen mich nicht einmal!«
»Ich habe von Ihnen erzählt! Auf Sie würden Mum und Dad hören, ganz bestimmt!«
»Nein, Katie, das kann ich nicht tun!«, entgegnete Meredith bestimmt. Das Mädchen zog ein Stück Papier hervor.
»Sehen Sie, ich habe unsere Telefonnummer aufgeschrieben und die Vornamen meiner Eltern. Adeline und Matthew. Mein Vater nennt meine Mutter Addy. Adeline ist ein grässlicher Name, aber er kommt in der Familie häufig vor. Ich hatte Glück, dass sie mich nicht auch so getauft haben. Daddy hat sich dagegen gesträubt. Katherine ist ebenfalls ein häufiger Name in der Familie, und so bekam ich ihn, Gott sei Dank. Aber ich glaube, Mum wünscht sich heimlich immer noch, sie hätte mich damals Adeline getauft.«
»Katie, ich kann das nicht tun!« Doch Merediths Besucherin steckte das Stück Papier bereits unter das Marmeladenglas.
»Ich lass es Ihnen hier. Ich muss jetzt gehen. Danke, dass Sie mich beim Streichen haben helfen lassen. Sechs Uhr ist eine gute Zeit, um bei meinen Eltern anzurufen. Nachmittags legt sich Mutter immer hin.«
»Nein, Katie!« Das Kind war offensichtlich sehr hartnäckig. Und dabei hatte Katie so harmlos ausgesehen! Katie schlüpfte aus dem rosafarbenen Overall und hängte ihn ordentlich hinter die Tür.
»Auf Wiedersehen, Meredith.« Die Haustür fiel hinter ihr ins Schloss. Wieder allein, zog Meredith den Zettel unter dem Glas hervor und steckte ihn in Ermangelung etwas Besseren in eine Tasche des rosa Overalls. Sie würde nicht bei den Conways anrufen. Katie musste lernen, dass sie Menschen nicht so einfach herumkommandieren konnte. Doch Merediths innerer Friede war gestört, und es war ihr unmöglich, sich erneut auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Immer wieder musste sie an das denken, was Katie gesagt hatte. Wer war diese Maria, und lebte sie ebenfalls in Park House? Unterhielt Matthew Conway etwa eine ménage à trois, direkt unter den Augen seiner Tochter? Um zwölf Uhr hatte sie Kopfschmerzen. Sie drückte den Deckel auf den Farbeimer, zog die Malersachen aus, schlüpfte in einen Pullover, bürstete sich die Haare und ging zur Haustür. Als sie nach draußen trat, öffnete sich nebenan ebenfalls die Tür, und jemand kam auf die winzige Veranda. Eine junge Frau mit kurzen Haaren und angespanntem Gesichtsausdruck. Sie blieb stehen und starrte Meredith an, die ihren Blick erwiderte.
»Helen Turner?«, fragte Meredith schließlich und
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