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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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mal! Da!“
    Ich hob den Kopf. Über den Berggipfeln schimmerte es plötzlich. Dann tauchte etwas aus dem Nichts des Himmels auf. Etwas, das wie ein großes, ätherisches S erstrahlte, seine Form verlängerte, verjüngte und hellgrün bis fast weiß leuchtete.
    „Oh, mein Gott!“, hauchte ich.
    „Nordlichter“, sagte Marlin, und ich spürte sein Lächeln. „Die habe ich das letzte Mal gesehen, da war ich – ich weiß nicht – fünfzehn?“
    „Sonnenwinde“, murmelte ich. „Wenn das nicht magisch ist, was dann?“
    Das Phänomen dauerte nur ein paar Augenblicke, dann verschwand es vom Himmel, doch es hinterließ ein warmes Gefühl in mir. Sternschnuppen hinterließen auch oft so ein Gefühl, dachte ich und aus einem Impuls heraus machte ich die Augen zu und wünschte mir, dass es immer so friedlich wäre wie in diesem Augenblick.
    „Bleib bei mir!“, flüsterte Marlin in mein Ohr. „Bleib heute Nacht bei mir. Bitte!“
    Ich löste mich ein wenig aus seinen Armen und drehte mich zu ihm um. „Nicht diese Nacht, Marlin. Verstehst du?“
    Er sah mich an, als hoffte er, ich würde meine Meinung ändern. Ein Blick in seine Augen und das Gefühl seiner Hände auf mir brachten mich auch beinahe so weit, dies zu tun. Doch …
    „Okay!“, murmelte er und küsste mich lächelnd auf die Nasenspitze.  
    Es war weit nach Mitternacht, als er mich zur Burg zurückbrachte. Alles war still, als würden selbst die Mauern schlafen.
    „Lass dich auf keine Diskussion mit Ryan ein!“, sagte Marlin, als er mich zum Abschied in den Arm nahm.
    „Mache ich nicht“, versprach ich und hoffte, dass ich dieses Versprechen auch halten konnte.
    „Ich habe morgen ein paar Termine, die ich einhalten muss, Jo. Das heißt, ich bin den ganzen Tag unterwegs und erst spät am Abend wieder zurück. Sehen wir uns dann?“
    „Ruf mich an, wenn du wieder da bist, ja?“
    „Das werde ich. Schlaf gut, mo fiadhaich .“
    „Was heißt das eigentlich?“, fragte ich und hielt ihn zurück. „So hast du mich schon genannt, als wir vor dem Haus deiner Großmutter standen.“
    Marlins Augen leuchteten amüsiert auf. „Das bedeutet kleiner Wildfang.“
    „Kleiner Wildfang?“ Ich lachte leise.
    „Aye. Bis morgen!“, sagte er lächelnd, küsste mich sanft und ließ mich zurück.
    Ich winkte ihm nach und schaute zu, wie er zwischen den Bäumen verschwand. Der Hauch seines Kusses begleitete mich auf dem Weg in die Burg und lenkte meine Schritte zum Westturm. Dass er so viele Empfindungen und Erinnerungen heraufbeschwören konnte, war mir beinahe unheimlich. Ich glaubte fast, seine Hände auf mir zu spüren, und erschauerte.
    „Hey, Jo!“
    „Finn!“ Ich riss die Hand an meine Brust. „Du hast mich erschreckt!“
    „Tut mir leid! Das wollte ich nicht. Wie war dein Abend?“
    Finn stand im Vestibül an eine Wand gelehnt und machte einen höchst sonderbaren Eindruck auf mich. Fast als würde er Schmiere stehen.
    „Schön“, sagte ich. „Was machst du hier? Ich dachte, Ryan wäre mit Nachtwache dran.“
    „Wir haben getauscht.“
    „Ach!“ Ich neigte den Kopf und blickte ihn an. „Ist alles in Ordnung?“
    „Aber ja! Warum fragst du?“
    „Weil … ach, ist nicht so wichtig. Gute Nacht, Finn!“
    „Schlaf gut, Jo! Und geh Ryan morgen am besten aus dem Weg.“
    Auf der ersten Stufe des Turms blieb ich stehen. Ich hatte Ryan den Abend über erfolgreich in die hinterste Ecke meines Verstandes verdrängt und, Marlin sei Dank, selten an ihn denken müssen. Doch jetzt drehte ich mich noch einmal um. „Warum?“, fragte ich.
    „Er hat sich bis halb eins in der Bibliothek verbarrikadiert und ist dort vor den Fenstern auf und ab gelaufen – und jeder, der es wagte, sich ihm zu nähern, wurde mit Kraftausdrücken überhäuft und hinausgeworfen.“
    „Ein Beispiel an Selbstbeherrschung“, murmelte ich, und Finn lachte leise.
    „Der beruhigt sich schon wieder. Mach dir keinen Kopf.“
    „Okay. Gute Nacht!“
    „Gute Nacht!“
    Finn blieb auch weiterhin an Ort und Stelle stehen und lächelte mir hinterher. Ich zuckte mit den Schultern, fragte nicht weiter nach und stieg die Stufen hoch. Auf Höhe des zweiten Stockwerks erregte eine Bewegung draußen meine Aufmerksamkeit. Ich beugte mich zum Fenster und sah hinunter. Finn?
    Im ersten grauen Licht des neuen Morgens konnte ich sehen, dass jemand eilig den Burgvorplatz überquerte. „Was hast du vor?“, murmelte ich, drehte mich um und rannte die Stufen wieder hinab, doch als ich den

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