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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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tropfende Nase, hob den Kopf gen Himmel und warf mir noch einen kurzen, abwägenden Blick zu. „Das ist Erpressung!“, sagte er schließlich und begab sich endlich ins Innere des Hauses. Ich folgte ihm, zog die Stiefel wieder aus und ging ins Wohnzimmer.
    Dort schnappte ich mir das Plaid vom gestrigen Abend, wickelte mich darin ein und setzte mich auf den dicken Schafwollteppich vor den Kamin. Marlin hatte das Feuer bereits wieder angefacht und saß in seinem Sessel. Ryan stand einfach nur da, wie bestellt und nicht abgeholt. Immerhin hatte er sich Jacke und Schuhe ausgezogen.
    „Setz dich!“, sagte ich und nickte zu dem anderen Sessel.
    „Zuerst möchte ich wissen, warum du nicht deine eigene Kleidung trägst“, entgegnete Ryan und machte ein Gesicht, als ob er die Antwort lieber doch nicht hören wollte.
    „Oh! Das!“, sagte ich, öffnete die Decke und sah an mir herab. „Ich bin letzte Nacht in den See gefallen.“
    „Du bist was?“ Ryan riss die Augen auf.
    „Ja, ob du es nun glaubst oder nicht, es war so. Marlin ist mir hinterhergesprungen und hat mich rausgezogen, mehr oder weniger“, fügte ich hinzu und wickelte die Decke wieder um mich.
    Ryans ungläubiger Blick wanderte von mir zu Marlin. Marlin nickte bestätigend.
    „Wo?“, fragte Ryan und setzte sich in den anderen Sessel.
    „Sie ist die Felsnase am Bocan uaimh runtergesprungen.“ Marlin lehnte sich zurück und lächelte. „Du hattest übrigens recht, Ray. Manche Frauen treiben einen tatsächlich so weit, dass man sie am liebsten irgendwo einsperren möchte, damit sie sich nicht aus Versehen selbst umbringen.“
    „Wann hat er das gesagt?“, wollte ich wissen.
    „An dem Tag, an dem wir – nun ja …“ Er machte eine Handbewegung zu seinem noch immer leicht lädiert aussehenden Gesicht. „Übrigens, du hast eine verdammt gute Linke, Bruder.“ Marlin griff sich ans Kinn und grinste.
    „Deine ist auch nicht von schlechten Eltern“, entgegnete Ryan und imitierte die Geste.
    „Genug der Lobeshymnen“, sagte ich, bevor sie auf die Idee kamen, ihre gelblich schimmernden Hämatome zu vergleichen.
    „Reicht dir das als Antwort?“, fragte ich Ryan.
    „Nicht ganz. Was hattest du nachts im Park zu suchen?“
    „Das wollte ich dich eigentlich fragen.“
    „Mich? Bin ich in den See gesprungen oder du?“
    „Ich bin nicht gesprungen, ich bin gefallen. Also, Malcolm hat dich gesehen, wie du die Burg Richtung Parkgelände verlassen hast. Wo wolltest du hin?“
    „Nirgends.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich konnte nicht schlafen. Darum bin ich ein bisschen laufen gegangen.“
    „Und Malcolm hat gedacht, du wärst auf dem Weg zu mir.“ Marlin lächelte.
    „Warum?“, fragte Ryan.
    „Na, ich vermute mal, er hat gesehen, wie erst Jo die Burg verließ und dann du, und dann hat er seine Schlüsse gezogen und entschieden, dass er mich wohl besser vorwarnt.“
    Ryan lachte leise auf und schüttelte den Kopf. „Armer Junge.“
    „Gut!“, sagte ich. „Dann wäre das ja geklärt. Nächster Punkt – die Orgel und der nächtliche Spuk. Ryan! Marlin sagt, er war es nicht, und ich glaube ihm.“
    „Im Zweifel für den Angeklagten, was?“
    „Erfasst.“
    „Okay“, meinte Ryan und lehnte sich zurück. „Sagen wir, er war es nicht. Wer dann? Irgendjemand muss es gewesen sein. Ich glaube nicht, dass sich das Ding von allein in Gang gesetzt hat.“
    Marlin lachte. „Du arbeitest für eine Institution, die sich mit unerklärlichen Phänomenen befasst, und glaubst nicht, dass sich eine Maschine von allein aktivieren kann? Entschuldige, aber das glaube ich nicht.“
    Ryans Mundwinkel zuckten. „Nun ja. Finn und Lucas haben Samuels Laboratorium untersucht. Dort unten befindet sich ein ziemlich starkes Magnetfeld, und die MHD zeigt Abweichungen vom Normalstand an.“
    „Das heißt?“, fragte ich.
    „Möglich wär’s.“ Ryan lächelte mich an.
    „Ich bitte dich!“, wandte ich ein. „Du meinst, es wäre möglich, dass sich die Orgel von selbst in Gang gesetzt hat? Das ist doch Schwachsinn!“
    „Ich führe nur eine Alternativmöglichkeit an.“
    „Ja, danke!“, frotzelte ich. „Aber das bringt uns nicht weiter.“
    „Warum wehrst du dich so dagegen, Jo? Du hast doch selbst in den letzten Wochen so viele Dinge erlebt, die du nicht erklären kannst.“
    „Es muss aber eine Erklärung geben. Ich kann mich mit deinen Alternativmöglichkeiten nun mal nicht abfinden!“
    „Millys seltsame Blackouts, das Licht, dem du bis in die

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