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Ein Schritt ins Leere

Ein Schritt ins Leere

Titel: Ein Schritt ins Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gewesen. In Mrs Rivingtons schönem, dummem Puppenkopf haftete eine vage Erinnerung, dass Carstairs’ Anwesenheit in England mit dem Tod des Millionärs zu tun gehabt habe. Und warum verübte John Savage Selbstmord? Weil er glaubte, er habe Krebs.
    Angenommen… angenommen, Alan Carstairs hätte die Erklärung für den Tod seines Freundes nicht befriedigt? Angenommen, dass hier, in den Umständen von Savages Tod, der Stoff für den ersten Akt des Dramas, in dem sie und Bobby mitwirkten, zu suchen war?
    Es wäre möglich, dachte Frankie. Ja, es wäre durchaus möglich.
    Wie konnte man dieser neuen Entwicklung am besten gerecht werden? Wer John Savages Freunde oder Vertraute gewesen waren, wusste sie nicht.
    Dann blitzte ein Gedanke auf – sein Testament! Wenn der Art, wie er aus dem Leben schied, etwas Verdächtiges anhaftete, würde das Testament möglicherweise einen Fingerzeig liefern.
    Irgendwo in London – das wusste Frankie – gab es eine Institution, bei der man nach Entrichtung einer geringen Summe Einsicht in letztwillige Verfügungen nehmen konnte. Doch sie erinnerte sich nicht mehr, wo das war. Der Zug hielt, und Frankie merkte, dass sie sich schon beim Britischen Museum befand. Also, nichts wie raus!
    Als sie wieder die Straße betrat, fiel ihr ein, dass ein Weg von fünf Minuten sie zum Büro von Messrs Jenkinson & Spragge bringen würde. Frankie sah sich mit der einer Tochter von Stand geziemenden Ehrerbietung empfangen und gelangte sofort in das Allerheiligste des Seniorchefs, das nicht allen Sterblichen offen stand.
    Mr Spragge war außerordentlich liebenswürdig. Er hatte eine weiche, überzeugende Stimme, die seine aristokratischen Klienten ungemein beruhigend fanden, wenn sie zu ihm kamen, um aus einer Klemme befreit zu werden. Über Mr Spragge ging das Gerücht, dass er mehr leumundschädigende Geheimnisse über adlige Familien kenne als irgendein anderer Mann in London.
    «Dass mir der heutige Tag ein solches Vergnügen beschert, hätte ich nicht zu hoffen gewagt, Lady Frances», sagte Mr Spragge. «Bitte, nehmen Sie doch Platz. Ist der Sessel auch bequem? Wirklich? Herrliches Wetter, nicht wahr? Ein richtiger St.-Martins-Sommer! Und wie befindet sich Lord Marchington? Munter und wohlauf, vermute ich.»
    Frankie beantwortete diese und andere Fragen auf geziemende Weise. Dann nahm Mr Spragge den Kneifer von der Nase und verwandelte sich in den juristischen Berater.
    «Und nun, Lady Frances – was führt Sie zu mir?»
    Erpressung?, fragten seine Augen. Indiskrete Briefe? Eine Liebschaft mit einem unstandesgemäßen jungen Herrn? Ungelegene Rechnungen Ihres Schneiders? Aber die Augen fragten dies in einer sehr verschwiegenen Art, wie es sich für einen Anwalt von Mr Spragges Erfahrung gebührte.
    «Ich möchte ein Testament einsehen», erklärte Lady Frances, «und ich weiß nicht, wo ich deswegen hingehen muss.»
    «Somerset House. Aber um wessen Testament handelt es sich? Vermutlich bin ich imstande, Ihnen alles, was Sie über die verschiedenen Testamente in Ihrer Familie wissen wollen, zu sagen. Unsere Firma hatte die Ehre, schon viele, viele Jahre die entsprechenden letztwilligen Verfügungen aufzusetzen.»
    «Es handelt sich um kein Familientestament.»
    «Nein…?» Und so groß war Mr Spragges Kunst, seinen Klienten Mitteilungen zu entlocken, dass Frankie, entgegen ihrer Absicht, ihm Näheres erzählte.
    «Ich möchte das Testament von Mr Savage sehen – John Savage.»
    «Tatsächlich?» Mr Spragges Erstaunen war echt. Und nicht nur echt, sondern ungewöhnlich. «Tatsächlich?», fragte er abermals. «Verehrte Lady Frances, können Sie mir nicht die Gründe hierfür angeben?»
    «Nein», entgegnete Frankie langsam. «Das kann ich leider nicht.»
    «Verzeihen Sie, Lady Frances – aber ich möchte Sie warnen.»
    «Warnen?»
    «Ja. Noch sind die Anzeichen vage, sehr vage; doch deuten sie unbestreitbar darauf hin, dass etwas nicht stimmt. Und ich möchte um nichts in der Welt Sie in eine fragwürdige Angelegenheit verstrickt sehen.»
    Nun, was Letzteres betraf, so hätte ihm Frankie berichten können, dass sie bereits bis zum Hals in eine Angelegenheit verstrickt war, die er entschieden missbilligt haben würde. Doch sie begnügte sich, Mr Spragge fragend anzustarren.
    «Ich muss Ihren heutigen Besuch als ein merkwürdiges Zusammentreffen bezeichnen», fuhr der Anwalt fort, der seine sonstige allwissende Gelassenheit eingebüßt hatte. «Wie gesagt, noch sehe ich nicht klar. Aber» –

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