Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
bisschen mehr Tee kochen? Dann könnten wir den Rest im Brunnenhaus aufbewahren. Dein Bruder trinkt ja ganz gerne ein paar Gläser kalten süßen Tee beim Mittagessen.“
„Es gibt nichts Erfrischenderes als ein Glas Tee.“ Annie holte sich eine Schürze. „Was hast du da in dem Topf?“
„Haferbrei.“
„Oh.“ Annie zog sich die Schürze an. „Ich koche noch etwas Reis. Reis ist wichtig für Phineas.“
„Das ist eine gute Idee. Nichts schmeckt so richtig, wenn man krank ist. Ich kann mich noch genau erinnern. Aber der Reis hat mir gutgetan. Als der Sheriff gestern hier war, hat er erzählt, dass sich das Fieber ausbreitet. Doch den meisten geht es nach ein paar Tagen wieder gut.“
Annie füllte den Teekessel. „Ich weiß nicht, wie Mrs Vaughn das schaffen soll mit den vielen Kindern.“
Hope nickte voller Mitleid. „Du hast gerade Johnny gestillt, als der Sheriff kam. Jakob und ich haben ihm gesagt, er soll ihr das Essen und die Hilfe anbieten. Wir schaffen das hier auch alleine.
Annie stellte den Kessel auf den Herd. „Ich mache mir Sorgen.“
„Jakob hat dem Sheriff gesagt, dass er gerne Milch und Eier von uns haben kann. Der Sheriff meinte, er würde Tim Creighton vorbeischicken, um sie abzuholen.“
„Sehr gut. Ich möchte so viel helfen, wie ich kann. Du warst so lange auf in der vergangenen Nacht wegen Phineas. Heute –“
„Du solltest dich von ihm fernhalten, Annie. Johnny braucht dich, für ihn musst du gesund bleiben. Phineas hat das Fieber von mir. Es ist also ansteckend. Ich bete darum, dass du und die Kinder gesund bleiben. Und Jakob auch.“
Während des Frühstücks kam Tim Creighton. Hope kümmerte sich um die Eier, und Tim und Jakob trugen die Milch zum Wagen – dann standen die Männer noch eine Weile neben dem Wagen und unterhielten sich leise. Bevor Tim wieder fuhr, rief Jakob laut: „Hope, ich habe Tim gebeten, Hühnerfutter für uns zu kaufen, wenn er schon einmal in der Stadt ist. Brauchst du noch etwas?“
„Wir haben alles, was wir brauchen. Aber wenn es nicht zu viel Mühe macht: Annie mag die Futtersäcke so gern, wo die schönen blauen Schnörkel drauf sind. Wenn Mr Creighton noch vier Säcke mitbringt könnten wir ihr ein neues Kleid nähen.“
Nach dem Mittagessen fing Johnny an zu schreien. Annie ging sofort zu ihm. Jakob flüsterte leise: „Das war eine gute Idee mit dem neuen Kleid für Annie – es wird ihr guttun.“
Hope sah in seine ruhigen blauen Augen. Keiner von beiden sprach darüber, warum es Annie guttun würde, aber sie dachten beide dasselbe. Plötzlich wurde Hope traurig. In ein paar Tagen würde Jakob mit Konrad verhandeln. Bis dahin ginge es Phineas wieder gut, und Annie hätte sich ganz von der Geburt erholt. Dann muss ich Jakob – und alle anderen auch – verlassen.
„Was ist –“
„Los?“, vollendete sie die Frage. „Ich weiß nicht, ob ich darauf eine Antwort habe. So viele Sachen passieren gerade auf einmal, dass ich manchmal das Gefühl habe, ich verstehe gar nichts mehr.“
„Du hast zu hart gearbeitet – vor allem, nachdem du krank warst. Du bist noch zu schwach.“ Er hielt vorsichtig seine Hand an ihre Stirn.
Seine sanfte Berührung verschlug ihr den Atem und sie schnappte nach Luft. Jakob sah sie prüfend an, und Hope plapperte los: „Ich bin nur so schreckhaft wie eine Grille auf einem heißen Blechdach. Ich wünschte, Konrad würde einfach kommen, und es wäre alles ganz schnell vorbei.“
Jakob schob die Hände in seine Hosentaschen. „In drei Tagen ist Phineas wieder ganz gesund. Es wäre besser, Konrad würde noch so lange warten – dann wären wenigstens zwei gesunde, starke Männer hier.“
„Papa?“
Sie schauten sich überrascht an. Sie waren so in ihre Unterhaltung vertieft gewesen, dass keiner von beiden gemerkt hatte, dass Emmy-Lou noch gar nicht im Bett war. „Ja, Liebling.“
„Ich will Milky und ihre Kätzchen sehen. Können wir zu ihr gehen?“
Jakob hockte sich vor sie. „Nach deinem Mittagsschlaf können Hope oder Tante Annie mit dir gehen, wenn du sie ganz lieb bittest. Mrs Orion hat gesagt, dass Heidi eins der Kätzchen haben kann, und Mr Creighton nimmt zwei. Jetzt dauert es nicht mehr lange, und die Kätzchen brauchen Milky nicht mehr. Du musst dir also bald dein Kätzchen aussuchen, damit die anderen in ihr neues Zuhause ziehen können.“
„Heidi ist meine Freundin. Ich freue mich, dass sie ein Kätzchen bekommt. Und Mrs Creighton hat mich aus dem dunklen Loch gerettet.“
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