Ein schwarzer Vogel
angefangen.«
Bertha kam durch das Vorzimmer. Elsie Brand, die merkte, daß die Situation kritisch war, unterbrach ihre Arbeit.
»Warum willst du nicht für ihn arbeiten, Donald?« fragte Bertha.
»Ich weiß nicht, was er von mir erwartet.«
»Er will dich als Leibwache. Er glaubt, er sei in Gefahr. Meinst du, daß er wirklich bedroht ist?«
»Er verwaltet als Treuhänder rund zweihunderttausend Dollars. Solange er lebt, kann er sie verteilen, wie es ihm Spaß macht. Wenn auch ihm etwas zustößt, ist die Treuhänderschaft beendet. Dem anderen Treuhänder wurde ein Tranchiermesser mitten in den Rücken gestoßen. Rechne dir selbst aus, ob du ihn zu normalen Prämien aufnehmen würdest, wenn du verantwortlich für eine Lebensversicherung wärst.«
»Donald, das sagst du zwar alles, aber du glaubst es selber nicht.«
»Aber Sharpies glaubt es.«
»Was hast du gegen ihn? Was hast du an ihm auszusetzen?«
»Ich habe heute keine Lust zur üblichen Arbeit. Ich möchte ein paar Studien machen.«
»Was willst du denn studieren?«
»Die Lebensweise von Krähen«, sagte ich und schloß die Tür. Ich warf einen letzten Blick auf Bertha; ihr Gesicht war dunkelrot angelaufen, ihr Blutdruck mußte hart an der Grenze zu einem Schlaganfall liegen. An der Art, wie Elsie Brand auf die Tasten ihrer Schreibmaschine hämmerte, sobald die Tür geschlossen war, erkannte ich, daß Bertha sich auf Elsie stürzte, um ihre ganze Wut an dem Mädchen auszulassen.
Ich öffnete die Tür wieder.
Bertha stand vor Elsie und starrte auf sie herab. Sie keifte gerade: »... und außerdem wünsche ich nicht, daß Sie hier herumschnüffeln und bei geschäftlichen Besprechungen zuhören. Sie sind hier, um zu tippen. Sie haben genug Arbeit, die Ihre Zeit ausfüllt, und wenn nicht, werde ich dafür sorgen, daß Sie mehr bekommen. Und nun machen Sie sich an Ihre Arbeit und bleiben Sie dabei, bis...«
»Noch etwas, Bertha«, unterbrach ich. »Ich habe entschieden, daß Elsie eine Hilfe bekommt. Die zweite Kraft kann deine Sekretärin werden. Elsie wird dann nur noch für mich arbeiten. Ruf die Arbeitsvermittlung an und sieh zu, was wir kriegen können. Ich habe auch mit dem Hausverwalter gesprochen, daß wir den angrenzenden Raum für mich als Arbeitszimmer übernehmen. Er wird eine Verbindungstür zu uns machen lassen.«
Bertha drehte sich um und kam auf mich los. »Ah, du...du...«
»Na, weiter«, sagte ich.
Berthas Lippen verzogen sich langsam zu einem harten Lächeln.
»Was, zum Teufel, glaubst du eigentlich, wer du bist?« Ihre Stimme überschlug sich fast.
»Der Mann mit der Goldfischangel. Zähle deine Köder, und dann kannst du dir ja ausrechnen, auf wieviel du Anspruch hast.« Danach schloß ich die Tür wieder hinter mir.
Diesmal hörte ich nicht mehr, daß Elsie auf die Tasten ihrer Schreibmaschine hämmerte.
*
*
Ich machte mich auf die Suche nach Dona Grafton, bei der auch ein Käfig für die Krähe stand. Schließlich fand ich ihre Wohnung im Hof hinter einem unscheinbaren Bungalow. Es war ein kleines Holzhäuschen, das aus Kistendeckeln zusammengenagelt zu sein schien. Eine Zeitlang war es Mode gewesen, derartige Hinterhäuser mit geringsten Kosten zu bauen und dafür zwanzig bis dreißig Dollars monatlich als Miete herauszuschlagen.
Auf mein Klopfen öffnete eine junge Frau die Tür. Ihre Figur war schlank und sportlich, wie sie die Hersteller von Badeanzügen und Skikostümen gern in ihren Katalogen abbilden. Ihr Haar war dunkel, wenn auch nicht so rabenschwarz wie das von Shirley Bruce, ihre Haut hatte jene glasklare Feinheit, die man im allgemeinen nur bei Blondinen findet.
Sie war so zutraulich wie ein verspielter Hund. Auf meine Frage: »Sind Sie Miss Dona Grafton?« antwortete sie lächelnd: »Ich nehme an, Sie sind auch Zeitungsreporter und wollen etwas über die Krähe wissen.«
»Die Krähe interessiert mich tatsächlich. Ich bin zwar kein Zeitungsreporter, aber würden Sie mir etwas über den Vogel erzählen?«
»Gern. Kommen Sie bitte herein.«
Sie führte mich in ein winziges Wohnzimmer, und ich kam mir vor, als befände ich mich in einem etwas groß geratenen Puppenhaus. Sie
deutete auf einen Stuhl, setzte sich selbst und fragte: »Was möchten Sie denn gern wissen?«
»Wo hält sich die Krähe jetzt auf?«
Lachend erwiderte sie: »Im Holzschuppen. Mr. Cameron konnte Pancho natürlich das bessere Nest bieten. Ich kann das nicht. Meine Wirtin ist Krähen gegenüber leider etwas voreingenommen. Darum
Weitere Kostenlose Bücher