Ein Sehnen Im Herzen
hinüberwehte. Er brach überrascht ab. »Emma, wirklich! Warum sträubst du dich so sehr dagegen? Willst du das Geld nicht?«
»Natürlich will ich das Geld!« Emma hörte auf, den Kopf zu schütteln, und starrte ihn an, als wäre er ein Dummkopf. »Aber ich kann Faires nicht verlassen, um vor Gericht zu erscheinen.«
James sagte verdutzt: »Du kannst nicht... Aber Emma...«
Plötzlich hielt Emma es nicht mehr aus. Ü ber zwei Stunden hatte sie auf dieser Bank gesessen und genau auf diesen Moment gewartet. Und jetzt konnte sie einfach keine Minute länger still sitzen. Sie sprang auf, verließ die heimelige Wärme des Kamins und ging in der Dunkelheit des Wohnzimmers auf und ab.
O Gott, was sollte sie jetzt tun? Sie hatte inständig gebetet, dass das nicht passieren würde, und jetzt war es doch passiert. James kannte die Wahrheit über Stuart - nun ja, beinahe - und jetzt wusste er auch von dem Geld. O Gott, würde ihre Pechsträhne denn nie abreißen?
»Emma.« Auch James hatte sich erhoben und stand jetzt mit einem Arm auf die Rückenlehne gestützt da, um ihr dabei zuzusehen, wie sie rastlos von einer Seite des Zimmers zur anderen lief. »Emma, wirklich, du musst Vernunft annehmen. Ich weiß, dass es dich aufregt, darüber zu sprechen, aber es geht um zehntausend Pfund! Davon könntest du den Rest deines Lebens sorgenfrei verbringen!«
»Ich weiß«, sagte Emma kurz in Richtung Waschschüssel, bevor sie sich umdrehte und in die entgegengesetzte Richtung ging. »Glaubst du etwa, das ist mir nicht klar?«
James schüttelte den Kopf. »Warum willst du dann Reardons Beschluss nicht anfechten? Du kannst es doch unmögli c h für gerecht halten, dass du heiraten musst, bevor du an das Geld kommst!«
»Nein«, sagte Emma. »Das tue ich auch nicht.« Sie lief weiter hin und her, die Arme vor der Brust verschränkt, als wäre ihr plötzlich kalt geworden.
»Sei doch vernünftig, Emma«, sagte James eindringlich. »Das ist weit mehr Geld, als du vermutlich in deinem ganzen Leben sehen wirst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Stuart dir etwas hinterlassen hat...«
»Das hat er«, sagte sie und blieb abrupt stehen, um ihn aus zornigen Augen anzufunkeln. »Du stehst darin.«
»Na schön, dann hat er dir also dieses Cottage hinterlassen. Aber das ist auch alles. Emma, Stuart ist genauso mittellos gestorben, wie er es am Tag eurer Hochzeit war, und Gott weiß, dass dir deine Familie nicht helfen wird...«
»O nein.« Sie warf den Kopf zurück und lief wieder hin und her, so stürmisch, dass ihr langer Rock um ihre Knöchel schlug. »Das weißt du besser als jeder andere, nicht wahr, Mylord?«
James zog es vor, diese Bemerkung zu überhören. Stattdessen zwang er sich, so ruhig und freundlich wie möglich zu sprechen. »Du hast kein Geld, Emma«, sagte er. »Du willst meine Einladung, in London bei meiner Mutter zu leben, nicht annehmen. Das Gehalt, das du als Lehrerin an dieser Schule verdienst, reicht kaum aus, um ...«
»Ich komme schon zurecht«, sagte Emma, ohne ihn anzuschauen.
»Ach? Du kommst zurecht? Und wie willst du das anstellen?«
Irritiert durch ihr ruheloses Hin und Her, trat er einen Schritt vor, als sie an ihm vorbeigehen wollte, um ihr den Rückweg zur Waschschüssel zu versperren.
»Verschweigst du mir vielleicht etwas, Emma?« Prüfend musterte er ihr Gesicht und stellte fest, dass sie ihn verwirrt anstarrte. Trotzdem musste er fragen: »Gibt es da möglicherweise jemanden...«
Ihre blauen Augen waren sehr groß und genauso arglos wie vor einem Jahr, als sie ihm ihre Absicht mitgeteilt hatte, seinen Cousin zu heiraten. »Jemanden?«, unterbrach sie ihn.
»Ja.« James räusperte sich. »Jemanden, den du vielleicht heiraten möchtest, um an das Geld heranzukommen. Dieser Cletus, zum Beispiel. Ist er es?«
Emma verdrehte angewidert die Augen und versuchte, an ihm vorbeizugehen, aber er hielt sie an einem Arm fest.
»Nun?«, fragte er. »Wenn nicht er, dann vielleicht jemand anders? Gibt es jemanden, Emma? Na?«
»Natürlich nicht!« Emma riss sich von ihm los, wich behände ein paar Schritte zurück, strich ihr Kleid an der Stelle glatt, wo seine Hände den Ärmel zerknittert hatten, und versuchte - nicht sehr erfolgreich - ihre Locken in den Knoten zurückzustecken. »Also wirklich, James! Mein Mann ist seit einem knappen halben Jahr tot. Was hältst du von mir?«
James atmete langsam aus. Er fühlte sich, als wäre eine gewaltige Last von ihm abgefallen. Ihm war nicht bewusst gewesen,
Weitere Kostenlose Bücher