Ein Sehnen Im Herzen
Earl von Denham schon jemals angeboten hatte, für jemanden das Geschirr abzuspülen.
Aber sie hatte diese freundliche Regung rasch im Keim erstickt. Sie durfte sich in seiner Gegenwart nicht in einem falschen Gefühl von Sicherheit wiegen. Sie musste bedenken, was beim letzten Mal passiert war, als sie ihm vertraut hatte ... Um ein Haar hatte er Stuart umgebracht!
Und jetzt war er da und bat sie um Erlaubnis für etwas, das, wie Emma wusste, nur zu Kummer und einem weiteren Skandal führen konnte ...
Nein. Sie würde sich nicht gestatten, größere Gefühle für ihn zu hegen. Dann würde es ihr nur noch schwerer fallen, nein zu sagen, wenn er sie das nächste Mal - und sie wusste, dass es ein nächstes Mal geben würde - bat, Stuart exhumieren zu lassen. Und das konnte sie niemals zulassen.
Aber Emma hatte noch nie Talent zum Hassen gehabt. Sie war in dieser Hinsicht ziemlich aus der Übung. Der einzige Mensch, den sie je wirklich gehasst hatte, war der Earl von Denham, und obwohl sie ihn in diesem vergangenen Jahr mit Nervenzusammenbrüchen und Wutanfällen gehasst hatte, hatte es nie länger als jeweils ein paar Minuten gedauert und manchmal waren zwischen diesen Ausbrüchen Wochen und Monate vergangen. Wirklich, es war ganz schön anstrengend, einen guten, soliden Hass aufrechtzuerhalten. Sie würde sich ganz und gar darauf konzentrieren müssen, wenn sie ihn weiterhin hassen wollte, bis er die Insel endlich verließ ... wann immer das sein mochte.
Was, fragte sie sich, wenn er weiterhin etwas für sie tat, sie vor Lord MacCreigh beschützen, beispielsweise, und ihr einen Korb von Mrs. MacTavish mitbringen oder ihr beim Abwasch helfen? Wie sollte sie ihn dann noch hassen?
Trotzdem durfte sie in ihrer Ablehnung ihm gegenüber nicht schwankend werden.
Sie lag im Bett und lauschte angestrengt, um festzustellen, ob er schlief oder nicht. Lag er wach wie sie und starrte an die Decke? Nicht der leiseste Laut war aus dem Vorderzimmer zu vernehmen. Alles, was sie hörte, waren die gleichmäßigen Atemzüge von Una und der Wind draußen, der durch die Fensterritzen drang und kalte Luft in das Zimmer blies.
Ein schwerwiegender Nachteil ihres Häuschens war, dass es nur über einen offenen Kamin verfügte, noch dazu im Wohnraum statt im Schlafzimmer, wo er nachts von Nutzen hätte sein können. Es war nicht so schlimm gewesen, als Stuart noch lebte. Aber jetzt, da Stuart nicht mehr bei ihr war und die Schlafzimmertür geschlossen bleiben musste, damit James sie nicht im Nachthemd sehen konnte, wurde es eisig wie in einer Gruft.
Emma grübelte gerade über die Kälte ihrer Bettdecken nach und darüber, was genau sie Mrs. MacEwan am nächsten Morgen sagen sollte, wenn sich die Frau - und das würde sie sicher tun - nach James erkundigte und warum er hier übernachtet hätte, als sie ein Geräusch hörte, das weder von Una noch vom Wind stammte. Es war auch kein Schnarchen. Es klang, fand Emma, als ob jemand versuchte, die Haustür zu öffnen.
Emma wusste nicht, wie spät es war. Stundenlang, wie ihr schien, hatte sie wach gelegen und über James und seinen unerwarteten Besuch nachgedacht. Es konnte ebenso gut Mitternacht sein wie kurz vor Morgengrauen, da sich das Stückchen Himmel, das sie durch die rautenförmigen Fensterscheiben sehen konnte, hinter dunklen Wolken verbarg. Ihr Hahn war weiß Gott nicht zuverlässig. Der Tagesanbruch mochte gekommen und gegangen sein, ohne dass sie es gemerkt hatte.
Insgesamt gesehen jedoch hielt Emma Mitternacht für wahrscheinlicher. Wer in aller Welt, fragte sie sich, mochte um Mitternacht um ihr Cottage schleichen? Als Stuart noch lebte, hatte sie sich daran gewöhnen müssen, aus dem Schlaf geschreckt zu werden. Während der Typhusepidemie war Emma manchmal zwei bis dreimal pro Nacht von Gemeindemitgliedern geweckt worden, die dringend nach den Sterbesakramenten für einen Angehörigen verlangten, bei dem sich die Krankheit zum Schlimmsten gewendet hatte.
Aber Stuart war nicht mehr da. Wer es auch sein mochte, musste einen guten Grund haben, um sie zu dieser späten Stunde aufzusuchen.
Einen guten Grund oder einen sehr üblen ...
Ohne zu überlegen, sprang Emma aus dem Bett und lief zur Schlafzimmertür. Sie riss sie auf und stürzte zum Kamin. Die Holzscheite glommen nur noch leicht und tauchten den Raum in ein unwirkliches rötliches Licht. Emma verschwendete keine Zeit damit, den Anblick zu bewundern. Stattdessen hob sie den langen Saum ihres Nachthemdes, stieg auf die
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