Ein sicheres Haus
uns.
»Also«, sagte Rupert. »Wer beginnt?«
»Ich war in Versuchung, einen Anwalt mitzubringen«, sagte ich.
»Warum? Wollen Sie ein Geständnis ablegen?« fragte Rupert fröhlich.
»Nein, ich dachte, es wäre vielleicht vernünftig, dafür zu sorgen, daß jemand unabhängig über diese Besprechung berichtet.«
»Das ist ganz unnötig. Wir stehen alle auf derselben Seite. So, und weshalb wollten Sie uns sprechen?«
»Herrgott, Rupert, was soll dieses Theater? Also gut, wenn Sie darauf bestehen.« Ich nahm meine Brieftasche heraus und suchte darin herum, bis ich das blaue Formular gefunden hatte. »Letzte Woche habe ich ein Beweisstück übergeben, das meiner Meinung nach die Wiederaufnahme der Mordsache Mackenzie rechtfertigt. Quittungsnummer SD4071/A. Ich habe den Vorschlag gemacht, die Blutgruppe festzustellen. Ist das geschehen?«
»Ja«, sagte Dr. Kale.
»Und?«
Kale sah nicht einmal auf seine Notizen.
»Die Blutprobe von der Initiale Finn auf der Zeichnung war Blutgruppe A, Rhesus D positiv.«
Ich stieß etwas aus, das dem Kichern einer Hexe sehr nahe kam.
»Und Sie haben keinen Zweifel an der Identität der Leiche in dem verbrannten Auto?«
Kale schüttelte den Kopf.
»Das Zahnschema war eindeutig. Aber nur, um alle Zweifel auszuräumen, DC Angeloglou hat festgestellt, daß Fiona Mackenzie im Lauf der letzten Jahre mehrmals Blut gespendet hat.« Kale gestattete sich ein schwaches Lächeln. »Blut der Blutgruppe Null.«
»Nur aus Interesse«, fragte ich, »welche Blutgruppen hatten ihre Eltern?«
Kale blätterte in seinen Unterlagen.
»Leopold Mackenzie hatte Blutgruppe B.« Er blätterte nochmals.
»Und seine Frau A. Schön.«
Angeloglou sah verwirrt aus.
»Wenn wir das also nachgeprüft hätten, wäre klar gewesen, daß es sich nicht um ihre Tochter handeln konnte«, sagte er.
Unwillkürlich stieß ich einen ärgerlichen Seufzer aus.
»Nein, Chris«, sagte Kale. »Wenn ein Elternteil A ist und der andere B, dann können die Kinder jeder der vier Blutgruppen angehören. Was Michael Daley gewußt haben würde.«
Ein sehr langes Schweigen folgte. Ich zitterte vor Erregung und mußte mich zwingen, Haltung zu bewahren. Ich wollte nicht sprechen, weil ich nicht sicher sein konnte, daß ich nicht irgendwie geäußert hätte, das hätte ich ja gleich gesagt. Philip Kale ordnete ostentativ seine Papiere. Angeloglou und Baird fühlten sich unbehaglich. Endlich murmelte Baird etwas.
»Was?« sagte ich.
»Warum haben wir am Tatort keine Blutprobe von ihr genommen?«
»Die einzigen Blutgruppen am Tatort stammten von den Eltern«, sagte Kale. »Ich bin nicht darauf gekommen, daß ihre Blutgruppe eine Rolle spielen könnte.«
»Ich hatte sie in meinem verdammten Auto«, sagte Baird. »Ich hatte sie beide in meinem verdammten Auto. Vermutlich werden sie diese Polizeistation demolieren und das Land umpflügen. Es in einen Landschaftspark verwandeln, und Chris und ich werden Parkaufseher. Und Phil mit all seinen wissenschaftlichen Kenntnissen « – diese letzten Worte betonte er boshaft – »könnte mit einem dieser spitzen Dinger den Unrat aufsammeln.«
Angeloglou formte mit dem Mund lautlos eine Obszönität, die ich ihm da, wo ich saß, von den Lippen ablesen konnte. Er gab sich ungeheure Mühe, meinem Blick auszuweichen. Ich hatte die Arme verschränkt; vorsichtig schob ich die rechte Hand unter den rechten Oberarm und kniff mich fest, um nicht triumphierend zu lächeln.
»Und was ist jetzt Ihre Version der Ereignisse?« fragte ich in sorgfältig einstudiertem, ernstem Ton und achtete darauf, das Wort »jetzt« nicht zu sehr zu betonen.
Rupert zeichnete eine komplizierte Konstruktion aus Quadraten und Dreiecken auf ein Blatt weißes Papier. Dann füllte er sie kreuz und quer mit Schattierungen und Schraffuren aus. Während er sprach, hob er kein einziges Mal den Blick.
»Michael Daley stand vor einer doppelten Herausforderung«, sagte er. »Er mußte die ganze Familie Mackenzie umbringen, und er mußte an das Geld herankommen. Das erste ohne das zweite nutzte ihm nichts. Das zweite ohne das erste wäre nicht gegangen. Also kam er auf etwas so Einfaches, so Offenkundiges, daß es niemand bemerkte. Er hatte eine Mittäterin, die ein bißchen wie Finn aussah – eine flüchtige Ähnlichkeit reichte schon, da sie nie jemandem begegnen würde, der die richtige Finn gekannt hatte. Und als ihr Arzt wußte er besser als jeder andere, daß Finn ihr Aussehen drastisch verändert hatte. Jedes Foto,
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