Ein sicheres Haus
das zur Zeit der Morde veröffentlicht wurde, würde ein altes Foto sein und Finn vor ihrer Anorexie zeigen. Die Mittäterin – ich werde sie X nennen
– hatte dunkle Haare und etwa die gleiche Größe, möglicherweise war sie auch ein wenig kleiner, aber das machte nichts. Michael verfolgte die Aktionen der Tierrechtsaktivisten, also wußte er von der Drohung gegen Mackenzie. Jetzt ist das nicht mehr genau festzustellen, aber man kann annehmen, daß die echte Finn entführt und umgebracht und am Tag oder Abend des siebzehnten März in das Bootshaus gebracht wurde. Ihre Eltern wurden früh am Morgen des folgenden Tages getötet.
Fiona Mackenzie war eine einigermaßen gesellige junge Frau und ging häufig aus. Die Mackenzies wären nicht überrascht gewesen, wenn sie spätnachts noch außer Haus war. Die auf diese Weise erhaltenen Schlüssel wurden benutzt, um sich Zugang zum Haus zu verschaffen. Das Ehepaar wurde ermordet, und Finn, ich meine X, zog sich Finns Nachthemd an, und Michael fügte ihr, kurz bevor die Putzfrau kam, einen Schnitt in den Hals zu. Sie wurde geknebelt und ihr Gesicht verklebt, so daß das Mädchen in Finns Nachthemd und in ihrem Schlafzimmer nicht erkannt wurde. Das war die Situation, die wir antrafen.«
»Wie konnten sie so etwas Riskantes planen?« fragte Angeloglou kopfschüttelnd. »Wie konnten sie annehmen, daß sie damit durchkommen würden?«
»Einige Leute wären bereit, allerhand zu riskieren für, wieviel war es?, achtzehn Millionen oder so? Wie auch immer, wenn man die Nerven hat, es zu versuchen, ist es dann überhaupt so riskant? Das Mädchen ist angeblich gefährdet, also wird es sicher untergebracht. Natürlich mußte sie sich weigern, irgend jemanden zu sehen, der Fiona Mackenzie kannte, aber es gibt keine nahen Angehörigen, und außerdem ist so eine Reaktion bei einem traumatisierten jungen Mädchen verständlich, meinen Sie nicht, Dr. Laschen?«
»Ich glaube, daß das zu der Zeit meine fachliche Meinung war«, sagte ich mit tonloser Stimme.
»Und die Frage der Identität stellt sich gar nicht, weil der vertrauenswürdige Hausarzt da ist, um mit ihr zu sprechen und medizinische Details wie ihre Blutgruppe aus einer gefälschten Krankenakte von Finn zu liefern.«
»Und Finns, ich meine, X’ Akte aus dem Krankenhaus ist verschwunden«, fügte ich hinzu.
»Hätte Dr.
Daley sich Zugang zu der Akte verschaffen können?« fragte Baird.
» Ich habe beziehungsweise hätte es getan, wenn Daley mir nicht zuvorgekommen wäre.«
»X mußte lange genug die Rolle von Finn spielen, um ein Testament abfassen zu können, in dem sie alles Daley vermachte. Das einzige, was dazu erforderlich war, war eine halbwegs glaubhafte Fälschung von Fiona Mackenzies Unterschrift. Eine Störung gab es nur, als die Hausangestellte der Familie Fiona sehen wollte, bevor sie nach Spanien zurückkehrte. Das hätte alles verdorben, aber sie starb.«
»Sie wurde ermordet«, warf ich ein. »Michael ging hin und erstickte sie. Dann kehrte er mit mir dorthin zurück. Alle Anzeichen für einen Kampf und Spuren, die er hinterließ, waren durch seine angeblichen Reanimationsbemühungen zu erklären.«
Rupert rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum und fuhr fort:
»Dann brauchte nur noch ein Selbstmord vorgetäuscht zu werden, wobei die Leiche der echten Fiona Mackenzie benutzt wurde. Deshalb war es so wichtig, daß der Wagen ausbrannte.
Daley brauchte kein Alibi für die Morde an den Mackenzies, weil er nicht verdächtigt wurde. Aber er sorgte dafür, daß er nicht im Land war, als X Dannys Wagen an die Küste fuhr und in Brand steckte.«
»Das war perfekt«, sagte ich, widerwillig bewundernd. »Der Selbstmord von jemandem, der schon tot war, und ein Alibi von jemandem, von dessen Existenz niemand wußte. Wenn es irgendeinen Verdacht gegeben hätte, dann hätten sie Finns Leiche testen können, soviel sie wollten. Und der arme Danny, Danny …«
»Rees muß auf der Bildfläche erschienen sein, als sie sich gerade aus dem Staub machte, während Sie nicht da waren.«
Ich schaute auf meinen Kaffee. Er hatte eine Haut und war kalt. Eine Welle von Scham stieg in mir hoch.
»Ich nahm sie in mein Haus auf, mit meinem Kind, mit meinem Freund. Danny wurde ermordet. Ich habe mein Berufsleben der Analyse psychischer Zustände gewidmet, und dieses junge Mädchen hat mich wie eine Marionette an seinen Fäden tanzen lassen. Sie hat das Trauma gespielt, sie hat Freundschaft gespielt, alles. Je mehr ich
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