Ein sicheres Haus
nichts. Den Hinweis in der Zeitschrift, die Schrift am Tatort.«
» Fast nichts?« fragte Day sarkastisch.
Baird schüttelte den Kopf.
»Das ist nicht gut. Es gab ein paar Tage vorher diesen Riesenempfang. Haare und Fasern sind ein totales Desaster.
Vielleicht ist es im Zimmer des Mädchens besser.«
»Was ist mit dem Mädchen?« fragte Day. »Sind wir mit ihm weitergekommen?«
Baird schüttelte den Kopf.
»Was machen wir mit ihr?«
»Sie wird bald entlassen.«
»Ist das ein Problem?«
»Es wäre immerhin möglich, daß sie in einer gewissen Gefahr ist.«
»Durch diese Tierfritzen?«
»Durch wen auch immer.«
»Können Sie sie noch ein paar Tage im Krankenhaus festhalten?«
»Das kann Monate dauern, nicht Tage.«
»Wie ist ihr psychischer Zustand?«
»Sie ist durcheinander. Traumatischer Streß, so etwas in der Art.«
Day knurrte.
»Herrgott, wir haben zwei Weltkriege ohne verdammte Streßberater überstanden. Hören Sie, Rupert, ich bin nicht glücklich mit all dem, aber machen Sie weiter, und finden Sie für das Mädchen irgendeinen diskreten Platz. Sorgen Sie um Gottes willen dafür, daß die Presse sie nicht findet.«
»Wo?«
»Ich habe keine Ahnung. Fragen Sie Philip Kale, vielleicht kann er Ihnen ein paar Namen nennen.«
Baird und Angeloglou wandten sich zum Gehen.
»Ach, Rupert?«
»Ja?«
»Finden Sie irgendwelche verdammten Beweise. Ich werde allmählich nervös.«
6. KAPITEL
Innerhalb weniger Wochen war es mir gelungen, mir ein eigenes Leben einzurichten. Ich hatte ein Haus und einen Garten. Das Haus war alt, hatte große Fenster, eine solide quadratische Form und stand auf etwas, das vor langer Zeit ein Kai gewesen sein mußte. Jetzt schaute es verloren über Marschland hinweg aufs Meer, das eine halbe Meile entfernt war.
In den hektischen Tagen nach dem Kauf des Hauses im November hatte ich bei den Immobilienmaklern und im Laden, der ein paar Meilen die Straße hinauf in Lymne lag, herumgefragt und ein Kindermädchen gefunden. Linda war klein und schmächtig, hatte einen blassen Teint und wirkte älter als zwanzig. Sie wohnte in Lymne, und obwohl sie kein Diplom als Kinderpflegerin hatte, besaß sie die beiden Hauptqualifikationen, an denen ich interessiert war: einen Führerschein und eine ruhige Art. Als Elsie sie zum erstenmal traf, ging sie zu ihr und setzte sich ohne ein Wort auf ihren Schoß, und das reichte mir. Gleichzeitig sorgte ich dafür, daß Lindas beste Freundin, Sally, zwei- oder dreimal pro Woche kam, um das Haus zu putzen.
Die nächstgelegene Grundschule, St. Gervase, liegt in Brask, etwa fünfzig Kilometer auf der anderen Seite von Lymne. Ich fuhr hin und besichtigte sie durch den Zaun. Da gab es einen grünen Spielplatz, leuchtende Malereien an den Wänden, und ich entdeckte keine weinenden Kinder oder solche, die sich selbst überlassen waren. So war ich ins Büro gegangen, hatte das Formular ausgefüllt, und Elsie war sofort aufgenommen worden.
Das alles war fast beunruhigend einfach gewesen: ein erwachsenes Leben, das zu meinem bevorstehenden erwachsenen Job paßte. Ein paar Wochen später, im Januar, als England nach Weihnachten allmählich wieder in Gang kam und Danny schon seit fünf Tagen da war, ohne irgendwelche Anzeichen dafür zu zeigen, daß er wieder gehen wollte, als er mein Haus mit Bierdosen und mein Bett mit Wärme gefüllt hatte, fuhr ich ins Stamford General Hospital, um den stellvertretenden Leiter des Gremiums kennenzulernen, das das Krankenhaus verwaltete. Er hieß Geoffrey Marsh, ein Mann ungefähr in meinem Alter, und war so makellos gekleidet, als wollte er gleich ein Nachrichtenprogramm im Fernsehen moderieren. Und sein Büro war groß und elegant genug, um auch als Studio dienen zu können. Ich hatte sofort das Gefühl, nicht gut genug angezogen zu sein, was sicher mit zum Sinn dieser Inszenierung gehörte.
Geoffrey Marsh nahm mich bei der Hand – »nennen Sie mich Geoff, Sam« – und sagte mir, er sei vollkommen begeistert von mir und meiner Station. Er war überzeugt, wir würden damit ein neues Modell für den Umgang mit Patienten schaffen. Er führte mich Treppen hinauf und Gänge entlang, um mir den leeren Flügel des Gebäudes zu zeigen, den ich beziehen würde. Es gab fast nichts zu sehen, außer daß er groß war. Er lag im Erdgeschoß, was mir gefiel. Von einem Fenster blickte man auf ein Fleckchen Grün. Damit konnte ich etwas anfangen.
»Was war hier früher?« fragte ich.
Er schüttelte den Kopf, als sei das ein
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