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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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nehmen.
    »So war Kirsty noch nie bei anderen Leuten.«
    »Oh«, antwortete ich bescheiden, »wir haben uns Mühe gegeben, damit sie sich wohl fühlt.«
    »Ich weiß nicht, wie Sie das geschafft haben«, sagte Kirstys Mutter.
    »Komm, Kirsty. Auf Wiedersehen, Elsie. Würdest du gern einmal zu uns nach Hause kommen und mit Kirsty spielen?«
    »Ich will nicht gehen«, sagte Kirsty und hatte wieder Tränen in den Augen. »Ich will bei Fing bleiben.«
    »Wer ist Fing?« fragte Kirstys Mutter. »Sind Sie das?«
    »Nein«, gestand ich. »Es ist – Fiona – sie wohnt bei uns.«
    »Ich will nicht gehen«, kreischte Kirsty.
    Kirstys Mutter nahm sie auf den Arm und trug sie hinaus. Ich schloß die Tür hinter ihr. Die Schreie entfernten sich in der Dunkelheit und verstummten dann, als eine Autotür zugeschlagen wurde. Ich kniete mich zu Elsie nieder und drückte sie an mich.
    »Hat es dir gefallen?« fragte ich leise in ihr Ohr.
    Sie nickte. Irgendwie strahlte sie.
    »Gut«, sagte ich. »Lauf nach oben und zieh dich aus. Ich komme in einer Minute nach und setze dich in die Wanne.«
    »Kann Fing kommen? Kann sie mir eine Geschichte vorlesen?«
    »Wir werden sehen. Und nun geh.«
    Von hinten sah ich ihren kleinen, kräftigen Körper die Treppe hinaufstürmen. Ich drehte mich um und ging ins Wohnzimmer zurück. Der Fernseher war eingeschaltet. Finn saß davor. Ich setzte mich neben sie; sie gab nicht zu erkennen, ob sie mich bemerkte. Ich schaute auf den Bildschirm und versuchte herauszufinden, worum es gerade ging. Plötzlich spürte ich ihre Hand auf meiner. Ich wandte mich zur Seite und sah, daß sie mich anstarrte.
    »Ich bin eine Last«, sagte sie.
    »Das ist schon in Ordnung«, antwortete ich.
    »Elsie hat mir ein Geschenk gemacht.«
    Unwillkürlich mußte ich lachen.
    »Und was könnte das sein?«

    »Schauen Sie«, sagte Finn und streckte die Faust aus.
    Langsam öffneten sich die Finger, und da, auf ihrer Handfläche hockte einer von Dannys Papiervögeln.

    An diesem Abend rief ich Danny an. Ich versuchte es um zehn und um elf, dann um zwölf, und da meldete er sich mit belegter Stimme, als hätte ich ihn geweckt.
    »Ich vermisse dich«, sagte ich.
    Er grunzte.
    »Ich denke die ganze Zeit an dich«, fuhr ich fort. »Und du hattest recht. Es tut mir leid.«
    »Ach, Sammy, ich vermisse dich auch«, sagte er. »Ich kriege dich anscheinend nicht aus dem Kopf.«
    »Wann kommst du?«
    »Ich baue eine neue Küche für ein Paar, das anscheinend denkt, Schlaf sei ein Luxus und Wochenenden existierten nicht.
    Gib mir eine Woche.«
    »Kann ich es ertragen, noch eine Woche zu warten?« fragte ich.
    »Aber dann müssen wir reden, Sam.«

»Ich weiß.«
    »Ich liebe dich, du schwierige Frau.«
    Ich antwortete nicht, und er sagte düster. »Ist das Wort für dich so schwer auszusprechen?«

    11. KAPITEL
    Wir standen nebeneinander vor dem langen Spiegel in meinem Schlafzimmer und sahen aus wie zwei Hexen bei einer Hexenversammlung. Ich trug einen schwarzen, knielangen Rock, ein schwarzes Hemd aus Rohseide und eine schwarze Weste, und dann, erstaunt darüber, wie sehr sich meine roten Haare von dieser dunklen Aufmachung abhoben, hatte ich noch einen schwarzen Glockenhut aufgesetzt. Finn trug ihren schwarzen Pullover mit Polokragen und darüber ein formloses, tiefschwarzes Mantelkleid, das ich ihr geliehen hatte. Es reichte ihr bis zu den Waden, und sie sah darin rührend und anmutig aus. Ihr Kopf mit dem glänzenden Haar reichte mir kaum bis zur Schulter; ihr Gesicht war blaß, und ihre Lippen sahen leicht angeschwollen aus. Plötzlich, ohne einen Blick von ihrem Spiegelbild zu wenden, machte sie eine kleine, verwirrende Wackelbewegung; eine knochige Hüfte ragte aus der Hülle hervor. Unter anderen Umständen hätte ich vielleicht gekichert und irgendeine spöttische oder selbstironische Bemerkung gemacht. Doch nun schwieg ich. Was konnte ich schon sagen?
    Außerhalb des Spiegelbildes saß – nur eines ihrer rundlichen Knie ragte hinein – Elsie, die wegen einer Erkältung, theatralisch schniefend alle zwanzig Minuten demonstriert, nicht in der Schule war. Wenn ich mich umgedreht hätte – was ich noch nicht tun wollte, weil ich spürte, daß für Finn vor diesem Spiegel irgendein subtiles Drama ablief –, hätte ich sie dort sitzen sehen, die Beine unter den Körper gezogen, während sie sich mit den billigen runden Perlen schmückte, die sie aus einer Schatulle mit Deckel hervorkramte. So hörte ich sie vor sich hin murmeln: »

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