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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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als wie ein Trauergast. Finn hielt plötzlich inne, mit einem Fuß schon im Wagen.
    »Nein.«
    Ich legte ihr eine Hand auf den Rücken.
    »Finn?«
    Daley trat vor.
    »Komm schon, Finn«, drängte er. »Es wird …«
    Ich unterbrach ihn.
    »Du mußt das nicht tun«, sagte ich.
    »Sie gehen«, sagte Finn plötzlich. »Sie und Michael gehen für mich.«
    »Finn, du solltest hingehen, finden Sie nicht auch, Sam?«
    sagte Daley. »Du solltest Leute sehen.«
    »Bitte, Sam. Bitte, gehen Sie für mich!«

    Daley sah mich an.
    »Sam, meinen Sie nicht, daß es gut für sie wäre, wenn sie hinginge? Sie kann nicht so weitermachen, überhaupt niemanden sehen zu wollen.«
    Ein Ausdruck von Panik trat in Finns Augen. Ich wurde naß und wollte aus dem schlammigen Kies und dem strömenden Regen fort. Wir konnten sie nicht zwingen.
    »Sie sollte selbst entscheiden«, sagte ich.
    Ich winkte den Gestalten an der Tür zu, die herausgerannt kamen, um von der Änderung der Pläne zu erfahren. Mein letzter Blick galt Finn, als sie ins Haus geführt wurde, ein kleine, nasse Gestalt, die sich schlaff gegen Danny lehnte, während Elsie hinter ihnen herhüpfte und der Regen vom Himmel strömte.

    Während des Gottesdienstes schwieg ich und verhielt mich still.
    Daley schwieg ebenfalls, zappelte aber unablässig herum. Er fuhr sich mit den Fingern durch das Haar, rieb sein Gesicht, als könne er die dunklen Schatten unter seinen Augen wegwischen, die ihn so mitgenommen aussehen ließen, verschob sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Endlich legte ich ihm beruhigend eine Hand auf den Arm.
    »Sie brauchen Urlaub«, flüsterte ich. Er lächelte zurück, weiße Zähne blitzten aus dem düsteren Grau. Eine ältere Frau, die links von mir saß, einen flachen Hut fest auf dem Kopf, sang.
    »Bro-o-o-t des Hihi-hi-mmels«, trällerte sie in leidenschaftlichem Vibrato. Ich bildete die Worte nur mit den Lippen und sah mich um. Ich versuchte, ein Gefühl für Finns Welt und ihre Familie zu bekommen. Für mich war Finn einstweilen beklagenswert isoliert. Diese Beerdigung erschien mir unwirklich. Ich hatte überhaupt keine Beziehung zu dem toten Ehepaar, außer durch ihre Tochter. Ich wußte kaum, wie sie aussahen, bis auf das Foto, das ich in allen Zeitungen gesehen hatte – ein unscharfes Bild, das bei einem Wohltätigkeitsball aufgenommen worden war, er rundlich, sie hager, beide höflich jemandem außerhalb des Bildes zulächelnd, während die Tatsache ihres gräßlichen Todes sie in die Geschichte eingehen ließ. »Spei-ei-ei-se mich, bis ich gesä-ättigt bin.«
    Manchmal frage ich mich, ob Menschen die Vorstadt an mir riechen können, wie Hunde angeblich die Angst wittern. Ich glaube, ich kann Reichtum und Ehrbarkeit aus einer Meile Entfernung riechen, und hier roch ich beides. Züchtige schwarze Röcke und ordentliche schwarze Handschuhe, graue Gabardinekostüme mit etwas Glänzendem am Hals, glatte schwarze Strumpfhosen, einfache, flache Schuhe (meine Schnallenschuhe glänzten auffallend in der dumpfen Atmosphäre der viktorianischen Kirche), kleine Ohrringe an hundert Ohrläppchen, Make-up, das man nicht sah, von dem man aber wußte, daß es sich auf den Gesichtern all der Frauen in mittleren Jahren befand, zurückhaltende Trauer, eine diskrete Träne hier und da, dezente und teure Sträuße aus Frühlingsblumen auf den beiden Särgen, die so kahl auf dem Katafalk standen. Einmal hatte ich eine Beerdigung arrangieren müssen, die Kataloge durchgesehen und das Vokabular gelernt.
    Ich schaute von Gesicht zu Gesicht. In einer Bank vor mir saßen sieben Mädchen im Teenageralter; aus dem Winkel, in dem ich sie sah, überschnitten sich ihre hübschen Profile wie die von Engeln auf einer vergoldeten Weihnachtskarte. Ich bemerkte, daß sie sich alle an den Händen hielten, sich anstießen und gelegentlich die Köpfe schräg legten, um ein geflüstertes Wort von der einen oder anderen Seite aufzufangen. Finns Schulfreundinnen, entschied ich und beschloß, später einen Versuch zu machen, sie kennenzulernen. Mir gegenüber schluchzte eine plumpe Frau in glänzendem Schwarz mit einem großen Hut in ihr großes Taschentuch. Ich wußte sofort, daß sie die Reinemachefrau war, die, welche die Leichen gefunden hatte. Sie war der einzige Mensch, der geräuschvolle, würdelose Trauer an den Tag legte. Was würde aus ihr werden?
    Schweigend knieten wir nieder, um der lieben Verstorbenen zu gedenken, und Dutzende alternder Knie knackten. Ich fragte mich,

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