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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Das sieht schön aus. Ich bin so stolz auf dich. Eine kleine Prinzessin.«
    Draußen regnete es. Auf dem Land ist es bei Regen feuchter als in der Stadt. Das hat damit zu tun, daß all die Blätter und Grashalme mehr Oberfläche bieten. Ein großer Teil der Nässe schien auch noch in der Luft zu hängen, als seien das Sumpfland und der Schlamm schon so vollgesogen, daß sie nicht noch mehr Flüssigkeit aufnehmen konnten. Dies war mein Stückchen England, und es schien unklar, ob es sich im Meer oder an Land befand. Ein lautes Motorengeräusch und aufspritzender Kies signalisierten, daß sich ein Auto näherte.
    »Danny«, sagte ich. Elsie rutschte von meinem ungemachten Bett, ein Durcheinander von Daunendecken hinter sich herziehend, Schnüre mit bunten Glasperlen um den Hals, eine Krone aus rosa Plastik auf dem Kopf, die von ihren wirren Haaren rutschte, als sie zur Treppe lief.
    »Bist du sicher?« fragte ich Finn noch einmal. Sie nickte.
    »Und du bist sicher, daß du mich auch dort haben willst?
    Weißt du, ich werde nicht in deiner Nähe sitzen können.«
    »Ja. Sicher.«
    Ich war nicht sicher. Ich weiß, daß Beerdigungen uns helfen zu erkennen, daß geliebte Menschen tot sind und nicht wiederkommen; ich weiß, daß wir bei einer Beerdigung adieu sagen und zu trauern beginnen können. Ich war auf Beerdigungen – nun ja, speziell auf einer Beerdigung –
    gewesen, wo das tatsächlich geschehen ist. Die vertrauten Worte berühren uns, und die Gesichter ringsum, die alle den gleichen trauernden, kummervollen Ausdruck haben, machen uns zu einem Teil der Gemeinschaft. Die Musik, das Schluchzen in der eigenen Brust, der Anblick des Sargs – das alles leitet die Trauerarbeit ein.
    Doch bei dieser Beerdigung würden Polizei und Journalisten, Fotografen und Wichtigtuer anwesend sein, die sie neugierig beobachteten. Finn würde all die Leute treffen, vor denen sie sich seit dem Tag, an dem sie ihre Eltern verlor, versteckt hatte.
    Wir würden von Polizisten in Zivil begleitet werden, die während der ganzen Zeremonie an ihrer Seite blieben, Leibwächter für ein noch immer gefährdetes Mädchen. Die Leute haben leicht reden, sich einem Verlust zu stellen, ihn zu bewältigen. Finn schien mehr Schutz als Selbsterkenntnis nötig zu haben. Vermeidung ist eine häufige und wenig empfehlenswerte Bewältigungsstrategie für Menschen, die nach einem traumatischen Erlebnis depressiv sind; und Finn ging ganz bestimmt vielem aus dem Weg. Aber ungefährliche, beruhigende Routineabläufe können den Heilungsprozeß fördern.
    »Du hast die Wahl«, sagte ich. »Wenn du gehen willst, sag mir einfach Bescheid. In Ordnung?«
    »Ich brauche nur …«
    Sie sprach ihren Satz nicht zu Ende.
    »Dann komm und laß uns Danny begrüßen.«
    Sie sah mich flehend an.
    »Er wird dich nicht beißen. Zumindest nicht auf unangenehme Weise.«
    Ich nahm Finn bei der Hand und zog sie aus dem Zimmer.
    Später lachte Danny über den ersten Anblick von Finn, wie wir beide in melodramatischem Schwarz die Treppe herunterkamen, aber in diesem Moment sah er zu uns nach oben. Das Haar fiel ihm über die Schultern, und er lächelte nicht. Auch Finn lächelte nicht, doch sie zögerte auch nicht. Sie ließ meine Hand los, und wir beide – ich hinter ihr laut klappernd in meinen ledernen Schnallenschuhen, sie leise vorneweg in ihren Pumps – gingen nach unten. Sie blieb vor ihm stehen, winzig vor seiner massigen Gestalt, und sah zu ihm auf. Noch immer kein Lächeln, weder bei ihm noch bei ihr.
    »Ich bin Finn«, murmelte sie leise hinter ihrem seidigen Haarvorhang hervor.
    Danny nickte. Er streckte die Hand aus, und statt sie zu schütteln, legte sie ihre dünnen Finger in seine Handfläche wie ein kleines Kind, das beschließt, jemandem zu vertrauen. Erst dann sah Danny an Finn vorbei zu mir.
    »Hi, Sammy«, sagte er ungezwungen, als wäre er nur eine Stunde fort gewesen und nicht beinahe zwei Wochen. »Weißt du, wie du aussiehst?«
    »Ich bin sicher, du wirst es mir sagen.«
    »Später.«
    Elsie kam aus der Küche.
    »Da ist ein Mann, der Mike heißt.«
    »Es wird Zeit, daß wir gehen, Finn.«
    Danny beugte den Kopf und küßte mich auf die Lippen. Ich legte die Handfläche an seine Wange, und er lehnte sich kurz dagegen. Wir lächelten uns an. Ich roch seine Haut. Dann gingen Finn und ich hinaus in den Regen. Daley stieg aus seinem Wagen. Er trug einen zerknitterten marineblauen Anzug mit breitem Revers. Er sah eher wie ein leicht verkaterter Jazzmusiker aus

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