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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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so« – der vertraute, pikierte Tonfall von verletztem Stolz, bei dem mich ein fremdes und gar nicht willkommenes Heimwehgefühl überkam –, »wie du meinst, Liebes.«
    Keine gute Zeit.
    Ich raste durch den Supermarkt wie eine Furie: Mein Kopf schmerzte nach einem langen, deprimierenden Vormittag, an dem ich im Krankenhaus Sekretärinnen interviewt hatte.
    Tiefkühlerbsen. Schaumbad mit einer Comicfigur, die ich auf der Flasche nicht erkannte. Fisch-Stäbchen. Nudeln in drei Farben. Teebeutel. Verdauungskekse und Marmeladenplätzchen.
    Scheiß auf Danny. Scheiße, Scheiße, Scheiße. Knoblauchbrot.
    Sonnenblumenmargarine. Dunkles Brot in Scheiben.
    Erdnußbutter. Ich wollte ihn zurückhaben, ich wollte ihn. Was sollte ich denn bloß machen? Knackige grüne Äpfel, aus Südafrika importiert, aber das war heutzutage okay. Drei Pakete Suppe, Linsen, Spinat und Pastinaken mit Curry, geeignet für die Mikrowelle. Vanilleeis. Pecankuchen, aus der Tiefkühltruhe direkt in den Backofen. Belgisches Bier. Ich hätte nie aufs Land ziehen sollen, und ich hätte nie Finn aufnehmen sollen.
    Cheddarkäse, Mozzarella. Katzenfutter in den Geschmacksrichtungen Kaninchen, Huhn und Lachs mit der fetten Fratze eines schnurrenden Katzenviehs auf der Dose.
    Crackers. Nüsse. Fertiggerichte für eine Person.

    Die Tür war abgeschlossen, als ich nach Hause kam. Ich sperrte sie auf und rief nach Finn, aber es war niemand da. Also packte ich die ganzen Einkäufe aus, schob Gerichte in den bereits überfüllten Tiefkühlschrank, ließ Wasser in den Kessel laufen, schaltete das Radio ein, schaltete es wieder aus. Dann holte ich tief Luft und ging in mein Arbeitszimmer, um den Anrufbeantworter abzuhören. Das kleine grüne Lämpchen blinkte nicht: Es hatte überhaupt niemand angerufen.

    Aber auf meinem Schreibtisch lag ein Umschlag mit meinem Namen darauf. Und – ich legte meine Hand einen Moment auf die Tischplatte – es war Dannys Handschrift. Er war hiergewesen, gekommen, als ich nicht zu Hause war, und hatte eine Nachricht hinterlassen, damit er es mir nicht mündlich sagen mußte. Ich nahm den Umschlag und drehte ihn um, hielt ihn einen Moment fest. Er enthielt zwei Bogen Papier. Der obere war von ihm. Das Papier war schmuddelig und verschmiert. Nur wenige Worte standen darauf, offensichtlich hastig und achtlos hingekritzelt, aber sie stammten unverkennbar von ihm.
    Sam, leb wohl. Tut mir leid.
    Danny

    Das war alles. Anscheinend war ihm der Versuch, sich zu rechtfertigen, nicht geglückt, und er hatte sich nicht weiter damit aufgehalten. Heftig atmend hob und senkte sich meine Brust.
    Der Schreibtisch unter meiner Hand fühlte sich rauh an. Ich legte Dannys Brief vorsichtig zurück. Meine Hände zitterten.
    Dann schaute ich das Blatt Papier darunter an, einen Wald aus blauen Kringeln und Unterstreichungen.
    »Liebste Sam« – wie intim sie auf einmal geworden war; vielleicht hatte sie jetzt fast schwesterliche Gefühle für mich, nachdem sie mit meinem Liebhaber durchgebrannt war –, »es ist Wahnsinn, ich weiß. Wir können ohne einander nicht leben.«
    Wie rührend, dachte ich, Liebe, wie sie in den Zeitschriften beschrieben wird; Liebe als Erdrutsch, Schicksal, Wahnsinn.
    »Tut mir leid, Sie zu verletzen, sehr leid. Alles Liebe, Finn.«
    Ich faltete Dannys erbärmliches Gekritzel und Finns Brief wieder zusammen, steckte beides in den Umschlag und legte ihn dahin, wo er vorher gelegen hatte. Danny und Finn, Danny und Finn. Ich nahm das Foto von Danny, einen Schnappschuß, auf dem er der Kamera den Rücken zudrehte und überrascht das Gesicht umwandte, und legte es ordentlich in die Schublade meines Schreibtischs. Ich rannte in Finns Zimmer. Das Bett war gemacht, darauf lag ein sauber gefaltetes Handtuch. Ich polterte die Treppe hinunter. Eine von Finns Jacken, die marineblaue, fehlte. War das irgendein verrückter Witz, den ich nicht kapierte? Nein. Sie waren weg. Ich sagte es laut, als könne ich nur so begreifen, was passiert war. »Sie sind weggelaufen.
    Finn.« Ich zwang mich, es auszusprechen. »Danny.« Ich sah auf meine Uhr. In zwei Stunden würde Elsie zurückkommen. Die Erinnerung an ihren kleinen Körper, der sich um Finns zarte Gestalt schlang, an das Radschlagen, das sie abends übte, um sich auf Dannys Rückkehr vorzubereiten, ließ mich für einen Moment reglos innehalten. Galle stieg in mir hoch. Ich ging zur Spüle in der Küche und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht, trank zwei Gläser kaltes Wasser. Dann

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