Ein sicheres Haus
stellen. Ich habe einfach das Glück, daß ich für ein Weilchen hinter ihr herlaufen darf.«
Sarah schaute zu mir herüber.
»Bei Fiona klingt das faszinierend. Wie läuft die Arbeit?«
Schweigen.
»Sam?«
»Was?«
»Wie läuft die Forschungsarbeit?«
»Verzeihung. Ich war meilenweit weg. Gut. Sie läuft gut.«
»Und kochen kann sie auch.«
»Ja«, sagte ich schwach.
Ich wollte absolut nicht, daß Finn abwusch. Ich schickte sie mit Clyde ins Wohnzimmer, während ich spülte und Sarah abtrocknete.
»Wie läuft’s mit deinem Buch?«
»Gar nicht«, antwortete ich.
»Ach du liebe Güte – nun ja, wenn du es geschrieben hast und es willst, würde ich’s mir gern ansehen.«
»Das wäre toll, aber da wirst du vielleicht lange warten müssen.«
»Und wie geht es Danny?«
»Das weiß ich eigentlich nicht«, sagte ich, und zu meinem Entsetzen spürte ich, daß Tränen hinter meinen Augenlidern lauerten.
»Alles okay mit euch beiden?«
Ich zuckte mit den Schultern, da ich meiner Stimme nicht traute.
Sarah sah mich an, trocknete dann sorgfältig einen Löffel ab und legte ihn in die Schublade. »Fiona ist eine echte Entdeckung«, sagte sie.
»Ja«, antwortete ich etwas finster.
»Sie idealisiert dich, weißt du.«
»Oh, das glaube ich nicht.«
»Natürlich tut sie das. Ich habe sie während des Essens beobachtet. Sie schaut ständig zu dir. Sie ahmt deinen Gesichtsausdruck, deine Haltung nach. Nach allem, was sie sagte, schien sie sich jedesmal versichern zu wollen, ob du es billigst, bloß für den Bruchteil einer Sekunde, so als hätte sie es nötig, daß du bestätigend reagierst.«
»Das hört sich ja schaurig an.«
»So habe ich es nicht gemeint.«
»Wie auch immer, das gibt es doch oft, nicht, zwischen … äh, Schülern und Lehrern? Es ist so, wie wenn Patienten eine Bindung an ihren Arzt entwickeln. Das dauert nicht lange.«
Sarah zog eine Augenbraue hoch. »Wirklich? Ich dachte, sie würde dir bei deinem Projekt helfen.«
»Im Moment tut sie das, aber es ist kein dauerhaftes Arrangement.«
»Ich wundere mich, daß du ohne sie auskommst.«
Sarah und Clyde wollten so ungefähr im Morgengrauen aufbrechen, und so gingen sie nach dem Kaffee und ein bißchen Geplauder zu Bett. Finn lag mit einem Buch auf dem Fußboden.
»Das war außerordentlich.«
»Was?«
»Ich habe fast einen Herzanfall gekriegt, als Clyde anfing, dich nach deiner Arbeit zu fragen.«
Finn legte das Buch beiseite und setzte sich auf, die Beine eng an die Brust gezogen.
»Es war mir schrecklich peinlich Ihretwegen«, sagte sie. »Ich habe bloß versucht, mir etwas auszudenken, was überzeugend klang. Ich hoffe, das war in Ordnung.«
»In Ordnung? Du hast mich neugierig gemacht auf deine Doktorarbeit. Ich kann es nicht fassen, wieviel du mitbekommen hast. Du bist ein erstaunliches Mädchen, Finn. Eine erstaunliche Frau.«
»Nein, nicht ich, sondern Sie, Sam. Ich interessiere mich bloß für Sie und Ihre Arbeit. Als Clyde mich gefragt hat, was ich mache, war ich eine Sekunde lang total in Panik. Und wissen Sie, was ich dann gemacht habe? Ich habe mir vorgestellt, ich wäre Sie, und versucht, zu sagen, was Sie sagen würden.«
Ich lachte.
»Ich wünschte, ich wäre genauso gut darin, ich zu sein, wie du«, sagte ich.
Ich wollte den Raum verlassen, aber Finn sprach weiter.
»Ich möchte, daß all das so weitergeht, wissen Sie.«
»Was meinst du?«
»Es gefällt mir. Lächeln Sie nicht. Es gefällt mir wirklich. Ich habe Sie gern, und ich bin gern mit Elsie zusammen und kümmere mich um sie. Ich finde Danny wunderbar. Und Michael … er hat mir eigentlich das Leben gerettet. Ohne ihn wäre ich nichts. Ich weiß nicht, wie ich ihm das je danken soll.«
Sie schaute zu mir auf, beinahe flehend. »Ich möchte, daß es immer so weitergeht.«
Das war der Moment, auf den ich gewartet hatte, und jetzt war ich erleichtert, weil er gekommen war. Ich kniete mich neben sie.
»Finn, das geht nicht. Du hast ein eigenes Leben. Du mußt dorthin zurückkehren, und zwar bald. Schau dich doch an, du kannst alles. Du schaffst es.«
Finns Augen füllten sich mit Tränen.
»Ich fühle mich sicher hier, in diesem Haus«, sagte sie. »Vor draußen habe ich Angst.«
22. KAPITEL
Das erste Mal traf ich Danny auf einer Party, obwohl ich in der Regel auf Partys niemanden kennenlerne, sondern nur Leute treffe, die ich ohnehin schon kenne. Der Abend war bereits in das Stadium getreten, in dem die meisten Gäste schon fort sind und die
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