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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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Respekt vor ihr hatte, immerhin hatte sie ihn niemals eingefordert. Stattdessen hatte sie den Kopf nicht länger benutzt, hatte ihm die Führung überlassen und war blind und artig gefolgt, wie er es wollte.
    „ Ich kann dich zu nichts zwingen, was du offensichtlich nicht tun willst, Liebling,“ wehrte Guinievaire nüchtern ab, wo doch alles in ihr schmerzte.
    Lange hatten sie bereits aufgehört zu tanzen, was sie jedoch erst in diesem Moment bemerkte, und sicherlich war es für ganz London mehr als deutlich, dass sie sich wieder einmal stritten. Neugierig schielten sie herüber zu ihnen und sie lauschten begierig, denn was gab es denn, das aufregender war als Guinievaire und Alexander, deren Leben unfassbar dramatisch und zugleich herrlich unterhaltend waren? Wäre es nicht herrlich, gäbe es einmal keine Skandale mehr?
    „ Diese Diskussion ist so unfassbar ermüdend,“ stellte Alex derweil fest und dann ließ er ihre Hände los. „Ich habe dein lächerliches Misstrauen nicht verdient.“ Er seufzte und streckte die schlanken Schultern zurück.
    Und was er dann darauf folgen ließ, das konnte Guinievaire kaum glauben, denn er drehte sich ganz einfach auf seinem glänzenden Absatz um, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, und dann drängte er sich schließlich durch die vielen, starrenden und wohl bekannten Gesichter in Richtung des Ausgangs. Einfach so ließ er sie zurück vor aller Anwesenden Augen, zutiefst gedemütigt! Verwirrt und empört atmete Guinievaire aus, deren Korsett fest war und schmerzte und einen kleinen Augenblick lang sah sie ihm lediglich dabei zu, wie er sich durch die unzähligen, glitzernden Röcke der anwesenden Damen einen Weg bahnte, wobei er leicht zu verfolgen war, ganz einfach weil sein dunkler Schopf die meisten der Gäste beträchtlich überragte. Früher war es stets andersherum gewesen, erinnerte sie sich dabei: Alex hatte ihr etwas Schreckliches angetan und Guinievaire hatte deswegen geweint, manchmal hatten sie sich gestritten, manchmal hatte er sich entschuldigt und sie hatte ihm nicht zugehört und dann hatte sie ihm zumeist den Rücken gekehrt und getan, was Alexander soeben getan hatte. War sie wieder einmal geflohen vor ihm, dann hatte er sie entweder ziehen lassen, weil er meist gewusst hatte, dass es sinnlos war, weiter mit ihr zu diskutieren, oder aber er hatte sie zurückgehalten oder er war ihr gar gefolgt, keinerlei Rücksicht nehmend auf ihre dramatischen Anwandlungen. Stattdessen hatte er nach ihrem Handgelenk gegriffen und hatte mit Nachdruck dafür gesorgt, dass sie sich entweder lange weiter gestritten hatten oder er hatte sie unwiderstehlich raffiniert dazu gebracht, dass sie sich entgegen aller Erwartungen doch wieder versöhnten. Wenn er dies fertig gebracht hatte, dann hatte sie ihn stets verflucht, ebenso sehr wie sich selbst für ihre Nachgiebigkeit, aber heute, so beschloss Guinievaire, würde sie es ihm gleichtun. Denn sie wollte eigentlich nicht, dass sie sich stritten und noch viel weniger gefiel es ihr, dass dieser Konflikt wieder einmal ungelöst über ihnen schweben sollte bis Alex der Meinung war, es sei an der Zeit, ihn zu vergessen. Sie war misstrauisch gewesen, aber sie war bereit, ihre Fehler einzusehen, dies würde sie ihm sagen und zeigen. Aber sie hatte auch ein Recht darauf zu fordern, was sie forderte, also warf sie die Schultern zurück, ignorierte ihre zahlreichen Beobachter, raffte ihren schwer bestickten Rock und folgte ihrem Alex.
    Mit Hilfe ihrer spitzen Ellbogen hatte sie sich bald recht schnell und effizient bis ins stattliche, dunkle Foyer des Crown gekämpft, als sie einsehen musste, dass sie ihn trotz allem verloren hatte und dass er von hier jeden möglichen Weg hatte einschlagen können: Vielleicht war er gegangen oder vielleicht war er im Restaurant geradeaus oder in der viel besuchten Bar rechts davon oder er war nach oben in die Suite gegangen, die er für die heutige Nacht vorsorglich gemietet hatte? Etwas ungeduldig warf Guinievaire den Kopf zurück, wobei ihre teuren Rubinohrringe, Geschenke von Alex, mitleidig klimperten, um sich dann auf ein altes Zauberkunststück, das sie beherrschte, zu konzentrieren. Wenn sie Alex wäre, und dies war sie immerhin zu den größten Teilen ihres Wesens und ihres Seins, immerhin glichen sie einander auf eine unheimliche Art und Weise auf jedweder Ebene, wohin wäre sie geflüchtet nach jenem profunden Streit? Einmal schlug sie die Wimpern auf, dann wusste sie es – er war

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