Ein sinnlicher Schuft
Fehler erkannt, aber du bist nicht mit dem Herzen dabei. Für dich ist es eine Last, nicht wahr? Wie das Nähen für mich. Und weil ich es verabscheue, mache ich es auch nicht wirklich gut.«
Er schaute sie an, wollte ihr erklären, dass man das Nähen von Kostümen nicht ernstlich mit neuen sozialwissenschaftlichen Theorien vergleichen könne. Oder doch? Er dachte an die endlosen Stunden am Schreibtisch, das Addieren von Zahlenkolonnen. Zählen und umstellen und noch mal zählen. Und noch mal. Und noch mal. Obwohl er wusste, dass diese Statistiken, die er den Bathgate Scholars als großen Durchbruch angekündigt hatte, nichts waren als ein Haufen Müll.
»Ich hasse es«, hörte er sich laut sagen. »Es bringt mich dazu, dass ich laut schreiend und mit Schaum vor dem Mund davonlaufen möchte.« Sein erstaunter Blick traf ihren. »Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe.«
Sie lächelte. »Weil ich dir befohlen habe, mir zu erzählen, wie es sich wirklich zugetragen hat.«
»Okay, und jetzt sagst du mir die Wahrheit.«
»Das habe ich bereits. Du weißt alles über mich.«
»Über deine Vergangenheit schon, aber nicht über deine Zukunft.« Er hielt ihren Blick fest, erlaubte kein Ausweichen. »Du wirst gehen, nicht wahr? Du und Evan, ihr werdet wieder untertauchen, diesmal für immer.«
Sie erwiderte seinen Blick. »In sechs Jahren wird Evan bekommen, was ihm von Rechts wegen zusteht. So lange braucht er mich noch, dann nicht mehr. Ich habe nicht vor, in London oder Brighton zu bleiben oder irgendwo, wo ich ständig…«
»Wo du ständig an mich denken musst.«
Sie hob das Kinn. »Kannst du es mir verdenken? Wünschst du mir diesen Schmerz, dass ich dich zufällig in Covent Garden sehe und den Verlust spüre wie eine frische Wunde, wie einen neuen Messerstich ins Herz? Und was würdest du tun, wenn du mir auf der Bond Street begegnest, während du mit deiner Frau und deiner Tochter einen Spaziergang machst? Den Blick abwenden und weitergehen vermutlich.«
Ich würde innerlich sterben.
Sie nahm sein Gesicht in beide Hände. »So sollte es sein. So muss es sein. Deshalb gehe ich, um anderswo mein Leben zu leben.«
»Was ist mit mir? Soll ich mich bis ans Ende fragen, was aus dir geworden ist? Soll ich von einem Brand irgendwo hören und mich sorgen, dass du vielleicht darin umgekommen bist? Soll ich in der Zeitung von einem gesunkenen Schiff lesen und mich fragen, ob du an Bord warst? Soll ich für den Rest meines Lebens jede Frau mit braunrotem Haar, die meinen Weg kreuzt, anstarren und mich fragen: Ist sie das?«
Sie lächelte traurig. »Ich verspreche dir, weder zu verbrennen noch zu ertrinken. Aber ich ändere nicht meine Haarfarbe.«
Mit einem Mal ertrug er dieses Gedankenspiel nicht länger. Er packte sie und rollte sich mit ihr in die Kissen, küsste sie leidenschaftlich, hielt sich an ihr fest wie ein Ertrinkender.
Ich werde das nicht zulassen. Nein, das werde ich nicht.
Sie unterwarf sich seinem Willen, verweigerte ihm nichts und öffnete sich ihm aufs Neue ganz, als er sich einen Weg an ihrem Körper hinabküsste und ihre Schenkel spreizte, um sie mit seiner Zunge auf sein Eindringen vorzubereiten. Ihren Protestschrei ignorierend hielt er sie mit den Händen fest, während er ihre wunden Stellen erst sanft leckte, bis seine Zungenspitze ihr Ziel fand und das Verlangen in ihr entfachte. Er wünschte sich so sehr, dass sie ihn anflehte, in sie zu kommen, dass sie in Ekstase seinen Namen rief… Er wollte von ihr hören, dass sie ihn brauchte und immer in seiner Nähe blieb.
Pru ertrug kaum den Konflikt zwischen der Lust in ihrem Körper und dem Schmerz in ihrem Herzen. Sie fühlte seine Not und konnte die Frage hören, die er nicht äußerte, das Angebot, das er nicht aussprach, das ihn jedoch allein aus dem Dilemma befreien würde.
Bleib bei mir. Sei mein außerhalb meiner Ehe. Liebe mich in dunklen und geheimen Momenten und küss mich zum Abschied, bevor ich zu meiner Familie zurückkehren muss.
Sie wusste, dass er sich das wünschte, aber ein solches Leben ohne Hoffnung und ohne Ehre, das wollte sie nicht, und sie würde nicht zulassen, dass er ihr das antat und auch nicht sich selbst. Er war kein Mann, der mit einem solchen Betrug leben konnte– es sei denn, er würde komplett ein anderer werden.
Und das konnte sie niemals, niemals zulassen.
Aber sie spürte die unausgesprochene Frage in jeder seiner Liebkosungen, und es brach ihr das Herz. Und als er an ihrem Körper hinaufglitt, um
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