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Ein sinnlicher Schuft

Ein sinnlicher Schuft

Titel: Ein sinnlicher Schuft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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eindeutig identifizieren.
    R für Redgrave. Lord John Redgrave, Erbe des siechen Marquis of Strickland. Oder, wie seine Freunde in London ihn nannten, »Jack«.
    Auf Wilberforce war Verlass, denn schließlich basierte darauf seine Existenz als Hüter dieses Clubs. Und er wusste nach den Turbulenzen der letzten Wochen, dass er handeln musste. »Bailiwick!«
    Eilig stürzte der junge Lakai herbei, wie immer zu laut für den Geschmack des Majordomus, aber er verzieh es, weil Bailiwick nicht nur eifrig, sondern auch absolut vertrauenswürdig war.
    »Ja, Sir?«
    Wilberforce schaute auf. »Ich habe eine Aufgabe von äußerster Dringlichkeit für Sie. Dieser Brief muss augenblicklich zu Sir Colin gebracht werden.«
    Bailiwick starrte den Brief an. »Dann ist es wirklich so wichtig?«
    Wilberforce runzelte die Stirn. »Haben Sie irgendeinen Grund anzunehmen, dass es nicht wichtig sein könnte, Bailiwick?«
    Der Lakai richtete sich auf und schluckte. »Nein, Sir, Mr Wilberforce.«
    Der Majordomus schaute seinen Untergebenen mit leicht zusammengekniffenen Augen an. »Genau. Und da wir keine Alternative haben, dieses höchstwahrscheinlich hochwichtige Schreiben weiterzuleiten, bleibt uns nur die Möglichkeit, dass Sie Sir Colins Spur folgen und es ihm persönlich aushändigen.«
    »Aha.« Bailiwicks Miene hellte sich auf. »Ja, Sir! Zu Sir Colin und Lady Mellie!«
    »Sie werden ein Pferd benötigen.«
    Seine Freude erhielt einen Dämpfer. »Ein Pferd, Sir?«
    »Gewiss. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass eine Postkutsche denselben Weg nimmt wie Sir Colin. Nein, ein Pferd ist unerlässlich. Sie können doch reiten, Bailiwick, oder?«
    »Äh… Ja, ein bisschen.«
    »Ausgezeichnet. Packen Sie eine kleine Tasche und brechen Sie sofort auf.« Er machte Anstalten, Bailiwick den Brief zu überreichen, zog jedoch die Hand noch einmal zurück. »Es ist absolut unerlässlich, dass Sie Sir Colin finden, mein Junge. Vielleicht kann er zudem Ihre Hilfe gebrauchen– ich habe so das Gefühl, dass er sich mit dieser Reise zu viel zugemutet hat.«
    Bailiwick nickte verständnisvoll. »Aye, Sir. Die junge Dame kann manchmal ganz schön anstrengend sein.«

Achtes Kapitel
    A ls Käpt’n Jack den Feind besiegt (es war ein langes und blutiges Gefecht mit entsetzlich hohen Verlusten), die Meuterei niedergeschlagen und sein Widersacher sich ergeben hatte, war Colin so weit, selbst über Bord zu gehen. Auf Melody hingegen schien die blutrünstige Geschichte äußerst beruhigend gewirkt zu haben, denn sie war auf seinem Schoß fest eingeschlafen, wie die regelmäßigen Atemzüge und die leicht vorgeschobene Unterlippe verrieten.
    Sie saßen im Schatten einer Hecke am Straßenrand, neben ihnen der ruinierte Einspänner, an den Colin das Pferd angebunden hatte, das jetzt zufrieden graste.
    »Wir sehen aus wie Zigeuner«, murmelte Colin. Im Moment wäre er sogar für diese Form der Begleitung dankbar, denn inzwischen war eine Stunde vergangen, ohne dass jemand vorbeigekommen war. Bald würden sie den Einspänner stehen lassen und losmarschieren müssen.
    Plötzlich hob Hector den Kopf und blickte die Straße hinunter. Seine Ohren zuckten, und er schnaubte leise. Einen Moment später hörte auch Colin Hufschlag und Stimmengewirr, und dann tauchte auch schon eine Prozession bestehend aus drei großen Planwagen und mehreren kleineren Karren auf der Hügelkuppe auf.
    Colin kniff die Augen zusammen. Auf den ersten Blick sahen sie aus wie Zigeuner, doch sie waren wie ganz normale Leute gekleidet– mit Ausnahme eines riesigen Mannes, der die Gruppe auf einem stattlichen, wenngleich bereits ein wenig älteren Braunen anführte. Er sah aus wie eine Mischung aus einem englischen Höfling des letzten Jahrhunderts und einem grell geschminkten Pfau.
    Als Erstes fiel sein leuchtend purpurfarbener Gehrock aus Samt ins Auge, unter dem er ein Rüschenhemd trug, wie es vor zwei Jahrzehnten in Mode gewesen war, und dazu ein Paar papageiengrüne Hosen. Das alles mochte noch hingehen, aber der Gipfel war ein Dreispitz von einem grellen Orange mit weißen Federn, der auf einer altmodischen Perücke saß.
    »Ich hatte gar nicht gewusst, dass es Hüte in dieser Farbe gibt«, sagte Colin verwundert, doch Melody war noch nicht wirklich wach. Erst als der merkwürdige Anführer sein Pferd zum Stehen brachte und den anderen ein entsprechendes Handzeichen gab, vermochte das Schnauben der Pferde im Verein mit dem Quietschen der Räder und den Stimmen der Menschen sie endgültig

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