Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
Laura treffend.
„Du hast recht, aber er hat mich noch nie in Motorradkleidung gesehen.“
Die beiden ahnen in diesem Moment nicht, dass Manfred zur gleichen Zeit im Flugzeug von Stockholm nach München gerade dabei ist, die Tageszeitung aufzuschlagen, wo eine unangenehme Begegnung in Form eines Badespaßfotos auf ihn wartet, mit der er nie im Leben gerechnet hätte.
Manfred putzt extra seine Brille, um das Foto in der Zeitung besser unter die Lupe nehmen zu können. Kann es sich bei der feschen Badenixe im knappen Einteiler mit dem jüngeren, attraktiven Mann tatsächlich um seine Laura handeln? Die abgebildete Frau sieht ihr jedenfalls erstaunlich ähnlich.
Ach was, das ist doch ausgemachter Blödsinn, redet sich Manfred selbst aus, Laura hat seit Jahrzehnten keinen Badeanzug mehr angezogen. Besitzt sie überhaupt einen? Manfred kann sich nicht mehr erinnern, wann sie zuletzt gemeinsam schwimmen waren. Das muss mit Max gewesen sein, als er noch klein war. Er liest den Text unter dem Bild:
Ist der heiß begehrteste Sixpackboy Joe dabei, sein Herz zu verlieren? Wie werden seine weiblichen Fans darauf reagieren?
Jetzt ist Manfred endgültig überzeugt, dass es sich bei der Schönen um eine Doppelgängerin handelt. Was hätte Laura mit einem scheinbar prominenten Mann zu tun, dazu mit einem jüngeren? Zugegeben, der Kerl sieht echt gut aus, das muss der Neid ihm lassen. Selbst Manfred muss Joe alias Sven dieses Privileg zugestehen. Niemals würde so ein Mann jedoch eine Frau wie Laura anbaggern, da ist er sich sicher. Zwar sieht sie ansprechend aus, aber an Sex-Appeal hat sie in den letzten Jahren eingebüßt oder liegt das daran, dass ihre Ehe so eingeschliffen ist?
Manfred kommt zu keinen weiteren Überlegungen, denn eine Stewardess serviert gerade einen Snack. Sie nimmt Manfred die hingehaltene Zeitung ab und wünscht ihm guten Appetit.
Bereits beim kurz darauf eingeleiteten Landeanflug auf München hat Manfred das Foto vergessen. Bald hat ihn der ganz normale Wahnsinn in Bad Hollerbach wieder. Laura wird mit einer Festtagsplatte von Wurst und Käse mit deftigem Brot aufwarten, auf die er sich richtig freut, denn in Stockholm auf der Tagung gab es fast ausschließlich Fisch. Helene wird wieder unentwegt schnattern und jede Einzelheit wissen wollen, was ihr Fredi alles erlebt hat. Wie gut, dass sie keine hellseherischen Fähigkeiten besitzt und Manfred schon immer gut schauspielern konnte. Schließlich mimt er vor Gericht beinahe täglich Theater. So wird hoffentlich niemand merken, dass es keine gewöhnliche Tagung war. Er hat allerdings einen groben Fehler begangen und sich seit Samstag weder bei Laura noch in Bad Hollerbach gemeldet. Er wird einfach behaupten, niemanden erreicht zu haben, und auf den Anrufbeantworter spricht er bekanntlich ungern. Außerdem kann er sich gut herausreden, denn Laura ist diejenige, die ihm eine Erklärung schuldig ist, warum sie Hals über Kopf mit Kerstin nach Köln aufgebrochen ist. Ablenkungstaktik ist der halb gewonnene Prozess.
Laura und Sven brausen mit der Harley auf der Rheinuferstraße in Richtung Innenstadt. Nach einiger Zeit tippt Sven, der wieder hinter ihr sitzt, auf Lauras Schulter und fragt: „Wollen wir auf unser Abenteuer anstoßen?“
Laura kann nur nicken, da sie sich auf den Verkehr konzentrieren muss, um dann wieder in der Hoteltiefgarage zu parken. „Aber lass mich bitte diesen entsetzlichen Anzug loswerden. Was ist mit dir? Willst du dich nicht auch erst umziehen? Wo wohnst du überhaupt?“
„Ziemlich viele Fragen auf einmal“, lacht Sven sie an und fährt fort, „ich warte in der Lobby auf dich, und dann zeige ich dir mein Reich. Unser Hotel liegt wenige Gehminuten von hier entfernt. Ich lasse uns dann etwas Leckeres in die Suite kommen.“
Lauras Bedenken kehren zurück. Sie soll Sven ins Hotel folgen? Das, was sie gestern Nacht extra nicht gemacht hat, um der Versuchung, doch mit ihm zu schlafen, zu widerstehen?
Sven ahnt, was in Lauras Kopf vorgeht und nimmt ihr die Sorge. „Ich werde mich an unsere Abmachung halten, aber wenn du nicht möchtest, kannst du genauso in der Lobby meines Hotels auf mich warten, während ich mich umkleide, und wir gehen woanders hin.“
„Bei dem herrlichen Wetter sollten wir draußen sein und nicht in einem stickigen Hotelzimmer!“, schlägt Laura vor, die natürlich nicht weiß, dass Sven nicht in einem gewöhnlichen Zimmer wie sie selbst residiert, sondern in einer kompletten Etage.
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