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Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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das?«
    »Ich glaube, das soll ein römischer Tempel sein, wie du ihn dir damals vorgestellt hast«, meinte sie mit einem schiefen Lächeln. Dann zog sie eine Leinwand hervor. »Und hier ist ein Vogel, den du gemalt hast. Nicht schlecht für ein kleines Kind. Dein Lehrer muss es genossen haben, deine Talente zu fördern. Erinnerst du dich, ob du dich ihm verbunden fühltest?«
    Er betrachtete das Bild und merkte, dass er plötzlich wie aus weiter Ferne Stimmen in seinem Kopf vernahm: ein anderer Junge – Simon? – und ein Mann, der lachte. Er klammerte sich an die Erinnerung und rieb sich die Stirn, als wolle er den Schmerz wegwischen.
    Gute Arbeit, Leo.
    Danke, Mr Boorde.
    Wenn Simon zur Schule geht, werden wir beide, du und ich, Ägyptenforscher.
    Die fehlenden Stücke seiner Erinnerung schienen plötzlich zurückzukommen und die Lücken in seinem Kopf zu schließen. Unbeschreibliche Furcht stieg in ihm auf. Seine ganze Welt, sein Bild von sich waren … fort. »Verbunden mit Mr Boorde? Ja, wir standen uns wohl nahe.«
    Susanna packte ihn am Ärmel. »Leo, was ist los? Du klingst … ich weiß nicht wie.« Sie redete nicht weiter, sondern sah ihn nur mit großen Augen und wachsender Angst an.
    Er wollte sie anlügen, so tun, als könne er sich an nichts erinnern. Das würde alles so viel einfacher machen, und vielleicht vergaß er irgendwann wirklich alles wieder.
    Doch Susanna stand vor ihm, und er sah die Sorge in ihren Augen. Er musste ihr die Wahrheit sagen, zumindest das war er ihr schuldig.
    Leo räusperte sich, und trotzdem klang seine Stimme heiser. »Er verriet mir ein Geheimnis, nachdem wir in die Höhle gestürzt waren.«
    Sie sah ihn verwirrt an. »Ein Geheimnis?«
    »Er sagte, er sei mein Vater«, entfuhr es Leo bitter. »Und dann starb er.«

Kapitel 22
    Susanna brachte keinen Ton hervor – ihre Kehle schien wie zugeschnürt, während sie in Leos leere Augen starrte. Er sah das Kinderbild an und ließ die Finger abwesend darübergleiten.
    »Ich bin kein Wade«, sagte er.
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?«, flüsterte sie.
    »Warum hätte er lügen sollen, als er im Sterben lag? Ich erinnere mich jetzt wieder an ihn: Er hatte die gleichen grünen Augen wie ich.«
    »Das muss nichts heißen.«
    »Er nahm mich überall mit hin. Meine eigenen Eltern waren froh, wenn ich ihnen nicht mit meiner ständigen Fragerei zur Last fiel. Außerdem frage ich mich inzwischen, ob ich der Grund für ihr Zerwürfnis war. Glaubst du, dass sie meinetwegen gestritten haben? Wegen des Fehltritts meiner Mutter?«
    »Ich weiß es nicht, Leo. Aber vielleicht verstehst du jetzt, warum du nie ein gutes Verhältnis zu ihr hattest. In einem Winkel deines Herzens hast du dich wohl daran erinnert.« Sie wollte ihn trösten, doch diese Erkenntnis musste erst verarbeitet werden, und das konnte dauern. Der Mann, den er für seinen Vater gehalten hatte, war vermutlich nicht einmal verwandt mit ihm. Leo fehlte die Hälfte seiner Identität.
    Er legte das Bild zurück in den Schrank und schloss die Tür. Sie sah, dass er nicht mehr so aufgewühlt wirkte. »Es ist trotzdem eine Erleichterung für mich, die Wahrheit zu kennen – zumal sie letztlich ohnehin keine Konsequenzen hat.«
    »Was willst du damit sagen?«
    Er legte eine Hand an ihren Hals und schenkte ihr ein müdes Lächeln. »Schau, dieser alte Skandal ist nicht mehr wichtig. Keiner weiß davon außer uns beiden und meiner Mutter natürlich. Und ich werde darüber hinwegkommen. Nachdem ich die Wahrheit kenne, kann sie mich wenigstens nicht mehr verfolgen. Ich freue mich schon darauf, endlich wieder durchzuschlafen.« Er ging zur Tür, drehte sich um und hielt ihr die Hand hin. »Kommst du mit?«
    Schweigend griff sie nach seiner Hand und folgte ihm, aber ihre Sorge wollte nicht weichen. Einerseits hoffte sie, dass die Enthüllungen ihm halfen, andererseits war es bestimmt nicht so einfach, plötzlich zur Hälfte ein anderer zu sein.
    Als Leo am Nachmittag alleine in seinem Arbeitszimmer saß, fiel es ihm wieder ein, wie er sich als Kind gefühlt hatte. Die ganze Welt schien damals voller Abenteuer zu sein, und Mr Boorde hatte ein Buch nach dem anderen über römische Altertümer herbeigeschafft, denn dieses Thema lag ihm selbst sehr am Herzen. Leo stand plötzlich ganz deutlich vor Augen, wie sie zusammengesessen hatten und Mr Boorde geduldig seine nicht enden wollenden Fragen beantwortete. Und dann waren sie gemeinsam nach St Albans gefahren, und Leo hatte bei ihrer

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