Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)
Sie sich für dieses Thema interessieren.«
Leo Wade zuckte die Achseln. »Ich interessiere mich nicht speziell dafür. Aber ich habe mitbekommen, wie in meinem Club über das Thema gesprochen wurde.«
Bramfield runzelte kurz die Stirn, ehe er sich wieder der Allgemeinheit zuwandte. »Die Wissenschaftler aus St Albans erklärten mir, dass es sich bei unserer römischen Mauer hier um den Teil eines Außenpostens gehandelt haben könnte, der zwischen Verulamium und Londinium lag. Wenn Sie näher treten, können Sie noch ein paar Überreste des Mosaikbodens erkennen.«
Während alle nach vorne drängten, um das Mosaik zu bestaunen, blieb Susanna zurück und betrachtete die Mauerreste, in die eine Inschrift eingehauen war. Sie versuchte die verwitterten lateinischen Buchstaben zu entziffern.
Hilfe suchend drehte sie sich zu ihrem Begleiter um, doch der hatte den Blick in die Ferne gerichtet. »Mr Wade, haben Sie plötzlich das Interesse verloren? Die Römer waren hier, als unsere Vorfahren noch nicht einmal eine eigene Schrift besaßen.«
Er sah sie mit einem charmanten Lächeln an. »Die Gegenwart ist wichtiger: das eigene Leben zu leben und sich zu amüsieren.«
»Jetzt klingen Sie so, als würde es nur um Sie gehen.«
»Glauben Sie mir«, erwiderte er, »ich weiß, wie ich einer Frau das Gefühl geben kann, dass es nur um sie geht.«
Jetzt wo keiner sie mehr beobachtete, ließ er seinen heißen Blick langsam über ihren Körper gleiten.
»Aber die Vergangenheit beeinflusst die Gegenwart«, beharrte sie, ohne auf seine Anspielung einzugehen. »Vor einem Moment dachte ich noch, Sie hätten das verstanden.« Sie spürte, dass er sie aus irgendeinem Grund bewusst in die Irre führte.
»Was kümmert mich das? Sollen sich die verstaubten Wissenschaftler damit befassen. Ich konzentriere mich lieber auf die Gegenwart, genau wie es die Römer bestimmt getan haben.«
»Und dann ist ihr Reich untergegangen.«
»Wollen Sie das etwa mit unserem wunderbaren britischen Empire vergleichen?«, fragte er und breitete die Arme aus.
»Interessiert es Sie wirklich nicht, wie man damals gelebt und gedacht hat? Ich lese hier ein ›Für den Herrscher Titus Cae‹ – das muss wohl ›Caesar‹ bedeuten –, dann ›Vesp‹, Vespasian vermutlich und ›Sohn von‹…«
Er zuckte die Achseln. »Simon hat fast immer die Hausaufgaben für mich gemacht.«
Enttäuschung überkam sie. Sie war so dumm gewesen, auch nur für einen Moment anzunehmen, dass er anders sein könnte, als er sich gab.
Leo Wade verbeugte sich vor ihr und gesellte sich zur Freude von Miss Randolph zu ihrer Gruppe, die neben der Mauer stand. Ihre Mutter schien ebenfalls erfreut, bis Lady Greenwich ihr etwas zuflüsterte. Bestimmt irgendeine Klatschgeschichte, die Mr Wade ja angeblich so liebte. Vielleicht sogar über ihn selbst. Jedenfalls verdüsterte sich die Miene der Mutter schlagartig.
Kapitel 5
Beim Abendessen musterte er Susanna vom anderen Ende des Tisches aus. Lady Bramfield hatte ihn demonstrativ zwischen Mrs Norton und Lady Greenwich statt zu den jungen Damen gesetzt, was ihn jedoch nicht störte. Seine beiden Tischdamen unterhielten sich ohnehin mit den Gentlemen auf ihrer anderen Seite, sodass er Susanna ungehindert und völlig ungeniert beobachten konnte. Sehr zu ihrem Ärger offenbar, denn sie schaute kein einziges Mal in seine Richtung.
Er jedoch konnte den Blick nicht von ihr wenden. Ihre Zofe hatte ihr heute das Haar anders frisiert. Hoch am Hinterkopf zusammengebunden, aber nicht streng, sondern mit einer Reihe von Löckchen, die aussahen, als hätten sie sich zufällig gelöst. Entzückend. Dadurch wirkte ihr Hals elegant, lang und anmutig, und ohne die Brille, die sie sonst bisweilen demonstrativ aufsetzte, wirkten ihre Augen noch funkelnder.
Auch das Kleid stellte eine gewaltige Verbesserung dar. Zwar war es nicht aus glänzendem, raschelndem Taft oder aus bestickter Seide, doch der Schnitt des tiefgrünen Satin brachte ihre Figur hervorragend zur Geltung. Der eckige Ausschnitt war mit Stoffblumen gesäumt, kein gewagtes Dekolleté, das nicht, doch was sie zeigte, sah durchaus vielversprechend aus. Wieder musste er an das Gemälde denken, auf dem sie auf dem Rücken liegend ihre Rundungen deutlich präsentierte. Falls sie es wirklich war … Er hatte da seine Zweifel.
Leo ärgerte sich über sich selbst. Zum Teufel, warum musste er sich mit Bramfield ausgerechnet über römische Altertümer unterhalten? Und damit Susannas neu
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