Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)
erwachtes Interesse an ihm in eine völlig falsche Richtung lenken? Die geplante Verführung lief nicht wie gewünscht und erwartet. Es frustrierte ihn, dass sie sich ganz und gar nicht als leichte Beute entpuppte, sondern als gleichwertiger Gegner erwies.
Aber stellte das nicht zugleich eine Herausforderung dar? Er musste völlig umdenken, wenn er etwas bei ihr erreichen wollte.
Als man sich später im großen Salon zusammenfand, waren dort die Teppiche zusammengerollt worden, um eine Tanzfläche zu schaffen. Ein Quartett stand bereit, um für die Gäste aufzuspielen. Insbesondere die jungen Mädchen schwirrten ganz aufgeregt umher. Sämtliche Leuchter an Decken und Wänden waren mit Kerzen bestückt worden und tauchten den Raum in ein warmes Licht. Durch die geöffneten Glastüren drang frische, milde Sommerluft herein.
Er sah Susanna neben Lady Caroline stehen und erkannte, dass sie der Tanzabend weniger euphorisch stimmte als die anderen. Leo hatte beschlossen, sie erst einmal warten zu lassen, bevor er zu ihr ging. Doch dann stellte er fest, dass keiner der Herren sie aufforderte und sie am Ende als Einzige alleine am Rand der Tanzfläche stand. Sogleich war er bei ihr und verbeugte sich. »Miss Leland, würden Sie wohl mit mir tanzen?«
Mit einer schnellen Bewegung klappte sie ihren Fächer auf und musterte ihn über dessen Rand hinweg. »Der Walzer hat schon angefangen.«
»Dann gesellen wir uns einfach verspätet hinzu.«
Er nahm ihre Hand, sodass der Fächer ihr entglitt und an einem Bändchen baumelte, das um ihr Handgelenk geschlungen war. Er zog sie in seine Arme, keine zwei Schritte später trat sie ihm auf den Fuß.
»Ich weiß, dass Sie besser tanzen können«, erklärte er.
»Nicht wenn ich nervös bin.« Sie wich seinem Blick aus.
»Warum sollten Sie nervös sein? Ich bin es schließlich nur.«
»Eben.«
»Was meinen Sie damit?« Er wirbelte sie in eine enge Wende und führte sie geschickt zwischen zwei langsameren Paaren hindurch.
»Wir verbringen zu viel Zeit miteinander, Mr Wade. Die Leute fangen an, aufmerksam zu werden.«
»Sie meinen bestimmte Männer?«
»Nein, alle«, erwiderte sie ruhig. »Was Sie auch mit mir vorhaben mögen, es wird nicht klappen. Sie sind auf dem besten Weg, mich ernstlich zu verärgern. Weil Sie mich in eine möglicherweise kompromittierende Situation bringen. Warum sollte ich Ihnen da noch irgendetwas erzählen wollen?«
»Und wie soll ich Sie dazu bringen, mir irgendetwas zu erzählen, ohne Sie zu verärgern?«
Ihr Lachen klang fast wie ein Stöhnen. »Können Sie nicht einfach zum Kartenspielen gehen wie ein paar der anderen Männer?«
»Ich werde mich den anderen später anschließen. Denken Sie einfach daran, dass Sie bei einem Walzer Ihre Figur hervorragend präsentieren können. Es ist die einzige Gelegenheit für interessierte Herren, Sie anzuschauen, ohne unhöflich zu erscheinen.«
Sie warf ihm einen verwirrten Blick zu. Er schwieg, vertraute einfach darauf, dass der Tanz ihre Bedenken zerstreuen würde. Tatsächlich entspannte sie sich allmählich, und ihre Bewegungen wurden harmonischer. Verwundert stellte er fest, dass sie sich genau zum Takt der Musik bewegte. War das normal für ein blaustrümpfiges weibliches Wesen? Er hatte immer gedacht, nein, doch Susanna strafte diese Annahme Lügen und korrigierte erneut ein Vorurteil.
»Ich bin entzückt, dass Sie mir zumindest beim Tanz die Führung überlassen«, meinte er schließlich.
Irritiert musterte sie ihn aus goldbraunen Augen. »Das erwartet man schließlich von mir.«
»Trotzdem hatte ich nicht damit gerechnet.«
»Es ist ein Tanz, keine Insurrektion. Soll ich Ihnen das Wort erklären?«
Er grinste. »Ich meine mich zu erinnern, dass ich Sie in jener Nacht im Club bat, mir ein Wort zu buchstabieren …«
»Sie haben mich in einer schwierigen Situation provoziert. Das habe ich nicht gut aufgenommen.«
Als die Musik verklang, machte sie einen Knicks vor ihm. »Mehr Ehrerbietung werde ich Ihnen nicht erweisen, Mr Wade«, erklärte sie leise, ehe sie davonging.
Er lachte unterdrückt, bevor er sich anschickte, pflichtgemäß weitere Damen auf die Tanzfläche zu führen. So etwas empfand er normalerweise nie als lästig oder unzumutbar, selbst wenn es sich um ein Mauerblümchen oder eine Matrone handelte. Nur heute stand ihm der Sinn nach anderem. Er dachte an Julian und Peter und fragte sich, wie weit die beiden mit ihrer Wahrheitsfindung inzwischen gekommen sein mochten und welche
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