Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)
mehr eingehen. Nun ja, diese Probleme hatten sie nicht und konnten in Ruhe weiterfahren.
Er schaute aus dem Fenster, denn bald würden sie in Gretna Green sein. Als sie den kleinen Ort mit seinen strohgedeckten Häuschen, einer Kirche und einem Anger, dem die Siedlung wohl ihren Namen verdankte, erreichten, schaute er neugierig aus dem Fenster. Vor sich sah er ein zweistöckiges Herrenhaus mit einer langen Auffahrt und gepflegten Rasenflächen. Das musste Gretna Hall sein, wo die meisten Ehen geschlossen wurden – so zumindest war es ihm bei ihrer letzten Rast in Carlisle geschildert worden. Daneben gab es viele Örtlichkeiten, wo man heiraten konnte, aber Leo wollte unter den gegebenen Umständen den feierlichsten Rahmen, der zu haben war.
Im Haus angekommen wurden sie in einen Salon geführt, wo ihnen Erfrischungen angeboten wurden. Bald darauf erschien der Hausherr, ein Mr Linton, und schlug vor, sogleich nach dem Priester zu schicken. Allerdings handelte es sich nicht um einen echten Geistlichen, sondern um ein Mitglied der Gemeinde, das die Zeremonie durchführen durfte. Ein Amt, das in seiner Familie seit Generationen vom Vater auf den Sohn weitergegeben wurde.
»Ich würde mich gerne vorher ein bisschen frisch machen«, sagte Susanna leise zu Leo, während sie ihre Handschuhe abstreifte.
Er schüttelte den Kopf. Er war nicht bereit, sie aus den Augen zu lassen und ihr die Möglichkeit zu geben, sich vor der Trauung aus dem Staub zu machen. Sie funkelte ihn wütend an, bestand jedoch nicht auf ihrer Bitte.
Kurz darauf wurde es ernst, und sie standen vor dem Mann, der sie per Gesetz als Mann und Frau zusammengeben sollte. Leo wünschte nur noch, die Zeremonie möge schnell vorüber sein, denn bei Susanna konnte man schließlich nie wissen, was ihr so alles einfallen mochte. Doch leise und mit einem Anflug von trauriger Resignation in der Stimme antwortete sie schließlich Ja. Sie schien lediglich ein wenig verblüfft, als er einen Ring aus der Tasche zog. Woher er ihn hatte, fragte sie nicht. Der »Priester« steckte ihn ihr an den Finger, und Leo sah befriedigt, dass er genau passte.
Als Letztes mussten sie eine Heiratsurkunde ausfüllen und Namen und Wohnort eintragen. Susanna erledigte es als Erste, reichte ihm dann das Blatt. Nachdem auch die Trauzeugen, der Kutscher und der Besitzer von Gretna Hall, unterschrieben hatten, wurden sie zu Mann und Frau erklärt. Die schlichte Zeremonie war vorbei.
Susanna sah überrascht von einem zum anderen. »Und gar nichts über Gott?«, fragte sie leicht sarkastisch.
Linton und Bradley tauschten einen unsicheren Blick.
Der Priester lächelte. »Wenn Sie es möchten, Mädchen, dann will ich es gerne nachholen, damit Sie beruhigt sind … Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.«
Susanna nickte und sah Leo an. »Nun ist es vollbracht.«
Er wünschte, ihm wären ein paar beruhigende Worte eingefallen, aber er fand sie nicht einmal für sich selbst. Er nickte nur stumm und nahm ihre Hände, die sie ihm überraschend für ihn nicht entzog, beugte sich vor und küsste sie auf die Wange. »Mrs Wade.«
In den braunen Augen, die in den letzten zwei Tagen so kalt und unnahbar geschaut hatten, glomm kurz ein goldener Funke auf, und er nahm es als Zeichen der Hoffnung. Während Linton und Bradley noch klatschten, hob Leo lächelnd ein Glas mit Champagner. »Auf meine Frau«, sagte er.
Der Priester und die Trauzeugen prosteten ihr ebenfalls zu, und Susanna beugte anmutig den Kopf, ehe sie selbst einen Schluck trank.
»Du bist bestimmt müde nach der langen Reise«, meinte Leo.
»Ihr Zimmer steht für Sie bereit, Sir.« Linton rieb sich die Hände. »Werden Sie das Abendessen im Salon zu sich nehmen?«
»Nein, schicken Sie es uns bitte aufs Zimmer.«
Er bemerkte, dass niemand anzüglich grinste, und war dankbar dafür. Nicht zuletzt wegen Susanna. Er reichte dem Priester dreißig Pfund für die Heiratsurkunde, der sich daraufhin empfahl. »Ich werde die Ehe ins Heiratsregister eintragen, Mr Wade. Machen Sie sich keine Sorgen, es geht alles seinen geordneten Gang.«
Leo nickte, legte eine Hand auf Susannas Rücken und führte sie zurück in die Eingangshalle, wo Linton sie bereits erwartete, um ihnen ihr Zimmer zu zeigen. Einen großen hellen Raum im ersten Stock mit einem Himmelbett. Ihre Reisetruhen standen bereits neben einem Tisch mit zwei Sesseln.
Susanna blieb neben dem Bett stehen, sah es kurz an und drehte sich dann mit
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