Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)
Wade? Solltest du dich nicht allmählich anziehen? Oder willst du den ganzen Tag in diesem Zimmer verbringen und auf meine Rückkehr warten?«
»Ich werde nach Bess schicken, damit sie mir hilft. Du kannst ja schon gehen und schauen, ob du eine amüsantere Begleitung findest.«
Er lachte. »Ich kann dir versichern, dass ich dergleichen nicht im Sinn habe. Aber ich werde gehen, damit du das Zimmer für dich alleine hast.«
Susanna fühlte sich beschämt, weil sie ihn so schäbig behandelte. Und das trotz seiner Großzügigkeit. Als er weg war, fühlte sie sich zu ihrer Verwunderung keineswegs erleichtert. Das Zimmer wirkte plötzlich so kalt und leer ohne ihn. Sie vergrub das Gesicht in den Händen, doch ihre Augen blieben trocken. Zum Glück kam Bess kurz darauf und lenkte sie von ihren Zweifeln und Selbstvorwürfen ab.
Von Mr Linton hatte Susanna erfahren, dass es in Gretna Green einen Buchladen gab, und so setzte sie ihre Brille auf, griff nach Malkasten und Skizzenblock und verließ das Zimmer. In der Eingangshalle blieb sie kurz stehen, weil sie Leos Lachen hörte. Sie folgte dem Klang bis zum Salon, verharrte dort und lauschte. Er war nicht alleine, wie eine mädchenhafte Stimme verriet. Vermutlich eine junge Frau. Verbittert sagte sie sich, dass er es trotz aller Beteuerungen nicht lassen konnte, dieses Flirten und Herumschäkern. Und einmal mehr sah sie sich bestätigt in ihren Vorurteilen, dass die Aussichten für ihr Leben an seiner Seite äußerst düster waren. Ein notorischer Schürzenjäger wie er würde sich nie ändern.
Obwohl sie es ja wissen sollte, versetzte ihr die Beobachtung einen Stich.
Sie verließ Gretna Hall und ging hinunter ins Dorf, um den Buchladen zu suchen. Nach längerer Zeit dachte sie wieder einmal an Rebecca und Elizabeth und hoffte bloß, dass es ihnen besser erging als ihr. Was mochten die Männer anstellen, die sich an ihre Fersen geheftet hatten? Lord Parkhurst und Peter Derby? Würde diese überstürzte, leichtsinnige Eheschließung irgendwelche schlimmen Folgen für die beiden Mädchen haben?
Erneut schalt sie sich für ihre Dummheit. Sie war eine Närrin gewesen, und zwar in jeder Hinsicht. Weil sie geglaubt hatte, wie ihr Bruder nach vielen Umwegen und unter großen Opfern ein echtes Glück finden zu können – und weil sie vor allem so vermessen gewesen war, sich auf ein Kräftespiel mit Leo Wade einzulassen. Nicht jedes Risiko zahlte sich aus – sie hatte hoch gepokert und verloren.
Susanna schaute zum wolkenverhangenen Himmel hinauf, der zu ihrer Stimmung passte. Nachdem ihr Vorsatz, sich zu ändern, kläglich gescheitert war, wollte sie sich künftig nie mehr für andere verbiegen. Schon gar nicht für Leo. Er sollte ruhig sehen, was er sich mit einer Frau wie ihr eingefangen hatte.
Befreit atmete sie auf und betrat den Buchladen. Bücher! Wie sie diese Atmosphäre liebte! Schon bald war sie in ein angeregtes Gespräch mit dem graubärtigen Besitzer vertieft und glücklich, eine verwandte Seele gefunden zu haben. Gemeinsam gingen sie die staubigen Regale entlang, und Mr Stanfield zog ein Buch nach dem anderen für sie hervor.
Sie wählte einen ganzen Stoß aus, den er für sie verpackte und mit einer Kordel zusammenband. Fröhlich verabschiedete sie sich von ihm und verließ den Laden, um abrupt stehen zu bleiben. Ihre gute Laune verflog schlagartig, als sie Leo erblickte, der lässig am Haus lehnte und sie mit einem trägen, wissenden Lächeln ansah. Sie drückte ihm kommentarlos ihr Paket in die Arme. »Geh schon zurück«, sagte sie. »Ich will noch bei der Kirche malen. Für Mr Tyler. Er wird sich bestimmt freuen.«
Wenn ihn die Vorstellung beunruhigte, dass sie etwas für einen anderen Mann tat, so ließ er sich das nicht anmerken. »Ich erlaube es dir«, erklärte er entspannt.
»Du erlaubst es mir?«, wiederholte sie und schaute über die Schulter zurück. »Ich habe dich nicht um deine Erlaubnis gebeten. Und das muss ich angeblich auch nicht, wie du selbst erst heute Morgen verkündet hast. Ich denke, das ist ein weiser Entschluss. In Zukunft werde ich tun, was ich will, und niemandem mehr zu gefallen suchen außer mir selbst.«
Sie sah, dass er die Augenbrauen hochzog, ignorierte es aber. »Wenn du in Erwägung ziehst, mich daran zu hindern«, fuhr sie fort, »werde ich dafür sorgen, dass deine Familie erfährt, wie es zu unserer Heirat gekommen ist – und was du getan hast.«
»Bei dir klingt es so, als könnte man so etwas ansonsten geheim
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