Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
ebenfalls für einen Halunken halten, der sie aus diesem Grund auch nicht verabscheut. Vielleicht denken sie, ich wäre so etwas wie ein Weggenosse.«
»Unsinn. Deine wilde Vergangenheit teilen die meisten jungen Männer mit dir. Du hast niemals etwas wirklich Unehrenhaftes getan. Nicht so wie er.«
Sebastian würde bestimmt nicht über seinen Charakter diskutieren und versuchen, Morgan davon zu überzeugen, dass er weitaus mehr Fehler hatte, als sein Bruder wusste. In Wahrheit sah der Herzog von Castleford in ihm tatsächlich so etwas wie einen Gleichgesinnten, weil sie früher die wilden Pfade Seite an Seite gegangen waren.
Trotz allem äußeren Schein und der Nützlichkeit ihrer Verbindung, erinnerten sie heute eher an zwei Kämpfer, die sich umkreisten und nach Schwachstellen des anderen suchten. Castleford fand es überaus lästig, wie Sebastian Morgans Platz im öffentlichen Leben ersetzt hatte. Wenn sein Bruder einem politischen Streit ausgesetzt gewesen war, hatte er sich zurückgezogen.
»Kennington und Symes-Wilvert kommen sowieso nachher vorbei, also wirst du nicht fehlen«, meinte Morgan. »Mein Vormittag wird sehr geschäftig werden.«
»Dann will ich mal los.«
Vor Morgans Gemächern hielt Sebastians Diener Hut und Handschuhe bereit. Ausgestattet für den Tag brach Sebastian in Richtung Straße auf.
Percival Kennington und Bernard Symes-Wilvert betraten das Haus, gerade als Sebastian es verließ. Bei beiden handelte es sich um die zweiten Söhne von Baronen und sie waren seit den frühesten Schultagen mit Morgan befreundet. Sie kamen mindestens einmal pro Woche vorbei, meistens morgens, da Morgan am Nachmittag häufig zu erschöpft war. Beide waren blond, rotwangig und korpulent. Trotz ihrer unterschiedlichen Größe hätten sie Brüder sein können. Sie glichen einander wie ein Ei dem anderen – mit dem Unterschied, dass Kennington die größere und Symes-Wilverts die kleinere Version dieses Paares war.
Sebastian hatte keinen der beiden Männer jemals besonders interessant gefunden, aber im letzten Jahr waren sie ihm wegen ihrer Ergebenheit gegenüber seinem Bruder, ihrem alten Freund, ans Herz gewachsen.
»Gehst du schon, Summerhays?«, fragte Kennington. »Wir hatten gehofft, dich zu einem Kartenspiel überreden zu können.«
»Leider muss ich heute ablehnen.« In seine Erleichterung mischte sich ein Schuldgefühl. Diese Whist-Runden waren für gewöhnlich sterbenslangweilig. Kennington und Symes-Wilvert kauten jedes Mal alten Tratsch durch oder löcherten Sebastian über seine parlamentarischen Geschäfte. Er versuchte immer, ihre Fragen abzuwehren, denn seine Regierungsangelegenheiten gingen sie wirklich nichts an. Doch Morgan genoss das seltene Vergnügen, Freunde um sich zu haben.
»Dann gehen wir mal hoch«, sagte Kennington. »Vielleicht sind wir ja noch da, wenn du zurückkommst.«
»Ich werde nach euch sehen. Ja, geht doch bitte hoch. Er wartet schon auf euch.«
Morgans Besucher machten sich in Richtung Treppe auf, Sebastian hingegen ging zu seinem Pferd. Sein Treffen mit Castleford würde erst in einer Stunde beginnen, und er hatte vorher noch etwas zu erledigen.
»Wenn wir noch viel länger hierbleiben, werden alle Gäste dieses Hotels unsere Gründe dafür missverstehen«, klagte Celia.
»Was meinst du damit?«, fragte Audrianna.
Celia rollte mit den Augen. »Zwei junge Frauen, die sich jedem Reisenden zeigen, der aus einem dieser Fenster sieht? Denk mal darüber nach.«
Sie brauchte nur einen Moment, um dahinterzukommen. »Das wäre ein abscheuliches Vorurteil ihrerseits.«
Andererseits standen sie erst seit zehn Minuten auf der Jermyn Street vor dem Miller’s Hotel , doch sie kam sich bereits selbst sehr verdächtig vor.
»Warum wolltest du überhaupt herkommen?«, fragte Celia. »Wenn ich gewusst hätte, dass du vorhast, eine Wache vor einem Hotel abzuhalten, hätte ich dich gar nicht erst in die Stadt begleitet.«
»Ich hatte gehofft, den Mann zu sehen, der im Gasthof in mein Zimmer eingedrungen ist.« Audrianna hatte ihren Mitbewohnerinnen eine Kurzfassung der Ereignisse im Two Swords geliefert. Es gab keine andere Möglichkeit, um Lord Sebastians Besuch zu erklären oder Daphne die Wahrheit über die Pistole zu sagen. »Ich glaube, der Domino war ein Ausländer. Mir wurde gesagt, dass diese Leute oft in diesem Hotel übernachten. Ich hatte gehofft … « Was hatte sie gehofft? Dass der Domino auftauchen würde, wenn sie nur lange genug auf die Fassade des
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