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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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Blitz an meiner Seite. «Hier. Setz dich. Setz dich!» Er führt mich zu einem ausgeblichenen goldenen Plüschsofa, das eher in ein altmodisches viktorianisches Herrenhaus gepasst hätte.
    «Schon gut, alles in Ordnung. Ich hab’s nur eine Sekunde lang vergessen.»
    Er grinst. «Na ja. Nur eine Sekunde ist aber stark untertrieben.»
    Ich brauche kurz, um zu kapieren, was er damit meint.
    «Der Punkt geht an dich!» Ich lächle.
    «Es ist gut, dass du es vergessen konntest.»
    Keiner von uns sagt ein Wort.
    «Das ist alles so eigenartig», breche ich schließlich das Schweigen.
    Er fängt an zu lachen, fast hysterisch, und winzige Bröckchen Nüsse verteilen sich auf unserem goldenen Sofa.
    «Entschuldigung!» Er schlägt sich die Hand vor den Mund. «Ich bin so nervös … Keine Ahnung, weshalb.»
    «Ich auch», sage ich, obwohl das nicht stimmt, aber es scheint ihn zu beruhigen. Er hat mir erzählt, dass ihm bewusst ist, welches Risiko ich damit eingehe, ihm eine neue Chance zu geben, und ich habe ihm für dieses Eingeständnis gedankt. Dafür, dass ihm klar ist, wie viel Arbeit vor uns beiden liegt, harte Arbeit . Dass ich trotz meiner Amnesie nicht so tun kann, als wäre sein Betrug nie passiert. Auch wenn ich mich nicht erinnere.
    «Das Bild da.» Ich deute auf das Bild über dem Kamin. Ein abstraktes Gemälde, riesig und ungestüm, mit konzentrischen Kreisen in Rot und Gold, gleichzeitig aber auch trostlos und düster, wo kahle, schwarze Flächen wie Splitter die Leinwand durchschneiden. Vielleicht sieht so die Sonne an ihrem letzten Tag aus, unmittelbar bevor sie explodiert und die Erde mit all ihren Bewohnern vernichtet. «Von meinem Vater?»
    «Das ist dein Lieblingsbild gewesen. Das einzige, das wir besitzen.»
    «Nur eines?»
    «Nur dieses eine.»
    «Aha», sage ich schließlich und wende mich ab. Ich sehe mich um. Die übrigen Wände sind entweder nackt oder mit Schwarz-Weiß-Fotografien geschmückt. An einer Notizwand direkt neben der Küchendurchreiche hängen Post-its, Kassenzettel, Belege, aber es ist ein organisiertes Durcheinander, akribisch, fast pingelig. Wo ist die leuchtend blaue Wand aus Friends ? Wo ist die Freude? Wo die Farbe? Wo die gemütliche Couchgarnitur, in die wir uns alle nach einem Scheißtag im Büro sinken lassen, um unseren billigen Wein zu genießen?
    Ich lasse mich auf das Sofa sinken und streiche behutsam über den verblassten Stoff. «Bitte sag mir, dass dieses Sofa auch ein Erbstück meiner Mutter ist.»
    Er lacht. «Nein, das bist ganz und gar du. Ich fand es schrecklich. Du hast es auf dem Flohmarkt entdeckt und darauf bestanden.»
    «Es ist ziemlich scheußlich.» Ich stehe mühsam auf, und er stützt mich. Wir drehen uns um und betrachten das Ungetüm. «Ich kann nicht fassen, dass ich auf so was bestanden habe.»
    «Wir waren gerade zusammengezogen, und du wolltest dich auch mal was trauen, oder so. Keine Ahnung. Du hattest dir in den Kopf gesetzt, unbedingt auf ‹funky-chic› oder so was zu machen. Ich glaube, es war die unmittelbare Reaktion auf irgendeinen Streit zwischen dir und Rory.»
    «Worüber?»
    «Gott, keine Ahnung, aber im Grunde ging es bei euren Streitereien eigentlich immer darum, dass du ihr Verantwortungslosigkeit vorgeworfen hast und sie dir Engstirnigkeit. Du warst also fürchterlich sauer auf sie, wolltest ihr das Gegenteil beweisen, und das war dann schließlich das Ergebnis.» Er hebt die Augenbrauen.
    «Und das?» In der Ecke neben dem Fernseher steht ein altes, schwarzes Klavier. «Für deine Arbeit, vermutlich?»
    «Das gehört uns beiden gemeinsam. Also, eigentlich ist es deins.» Er räuspert sich. «Ich habe es dir zur Hochzeit geschenkt. In der Hoffnung, du würdest wieder mehr spielen. Mit mir. Alleine. Beides.»
    «Und? Habe ich gespielt?»
    Das Telefon klingelt und überrascht uns beide, ehe er antworten kann. Er geht in die Küche und hebt ab.
    «Ja. Ja. Nein. Ja. Können Sie morgen noch mal anrufen? Wir sind gerade erst zurückgekommen.» Er legt auf und wirft das Telefon auf die Anrichte. «Die Presse. Das geht die ganze Zeit schon so.»
    Ich seufze und lasse mich – sanft – auf die Sofakissen plumpsen.
    «Kann ich dir irgendwas Gutes tun? Soll ich losgehen und uns was zu essen besorgen? Einkaufen? Eine Schale Müsli vielleicht?» Er wedelt mit der Hand. «Tut mir leid. Seit ich zurück bin, hatte ich noch keine Zeit, einkaufen zu gehen. Entweder habe ich gearbeitet oder geschlafen. Und dann musste ich auch schon wieder nach

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